Gundula Gause - eine Liebeserklärung

Essay zum Thema Entfremdung

von  toltec-head

Gundula Gause ist noch so ein bischen alte BRD. Sie hält die Mitte zwischen den nordkoreanischen Nachrichtenansagesprecherinnen und Marietta Slomka. Oder anders gesagt: Wenn Marietta Slomka die Mitte zwischen der Hure und der Mutter hält, als Avatar des globalisierten Boygirls zu uns spricht, so merkt man bei der Gause, dass sie zwar redlich bemüht ist, sich eben jenem Jetztzeit Ideal anzupassen. Allein: es will ihr nicht ganz gelingen - ein Hauch Hausfrau, ein Hauch Mutter, ein Hauch Fräulein der 50er liegt bei ihren Ansagen, zumal wenn sie gleich nach denen von Marietta kommen, in der Luft. Dafür aber lieben wir sie. Denn heutzutage zählen nicht die Siege sondern die Verluste. Nicht den Sieger wollen wir preisen sondern den Freak. Und Gundula ist im Vergleich zur Slomka durchaus ein Freak. Jemand, der´s halt nicht ganz gepackt hat. So wie wir, die wir hier in einem Internetliteraturforum publizieren. Sie ist eine von uns.

Zu dem Hauch Hausfrau, dem Hauch Mutter, dem Hauch Fräulein passt gut die subalterne Rolle, die sie im Vergleich zur Anchor-Lady zu spielen hat. Sie darf ja immer nur den Nachrichtenblock, das, was es heute außer dem wirklich Wichtigem noch gab, verlesen. Ihre Persönlichkeit ist dabei nicht so sehr gefragt. Sie ist beinah noch wie die alten grauen Männer der 70er, die einfach nur ablasen. Marietta verkörpert auch hier den neuen Stil. Ihre Persönlichkeit als Anchor-Lady ist durchaus gefragt. Sie muss wie alle Sieger des globalisierten Kapitalismus das Kunststück vollbringen, "ihre Persönlichkeit mit ein zu bringen" und zwar dort, wo es an sich gar keiner Persönlichkeit bedarf - bei der Ansage von Nachrichten, die ein anderer spricht. Denn das ist, was der Kapitalismus von uns allen fordert: Nicht bloßes Mitmachen, mechanisches Ablesen, sondern commitment, ein wenig Kreativität. Es sei denn man gehört zu den Losern, den bloßen Arbeitenmüssern, denen, die mit dieser Situation des double binds - Kreativität in Rollen, die keinerlei Kreativität bedürfen - nicht zu Recht gekommen sind und die, wenn überhaupt, dann nur subalterne Rollen spielen dürfen. Wie Gundula. Wie wir.

Man muss das Wort von Flaubert "Emma Bovary, c´est moi" heute daher abwandeln. Die Bovary war ja auch so seine der schlecht Angepassten, eine Romantikerin. 

"Gundula Gause, c´est moi."

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Kommentare zu diesem Text


 Lala (14.03.13)
Gundula Gause ist noch so ein bißchen alte BRD? Wie Du meinst. Du bist ja auch wegen des ganzen Fernsehens schwul geworden. Und genau da frage ich mich gerade, warum ich gemäß dieser Theorie nicht stockschwul geworden bin, denn ich bin mit Dagmar Berghoff, Ulrike von Möllendorff und Angelika Unterlauf aufgewachsen? Ich hatte als West-Berliner fünf Programmtasten bzw. musste meinen Arsch hochheben, um überhaupt umschalten zu können. Wahrscheinlich bin ich auch stockschwul und merks nur nicht.

 toltec-head meinte dazu am 14.03.13:
Du enttäuschst mich schon wieder, lieber Lala. Bist gar nicht schwul? Auch nicht ein bischen? Ist gut für den literarischen Stil so was.

 Lala antwortete darauf am 14.03.13:
Aber deswegen fange ich doch nicht jetzt an, meinen Stecken z. B. bei Opa Hoppenstedt reinzustecken? Dafür nicht. Außerdem bin ich schon Weltliteratur (danke für die Blumen) und seit heute Vater einer ganzen Denkschule geworden. Da muß ich wegen des bißchen Stils nicht auch noch schwul werden. Kussi

Lala


Edit: Looser, toltec? Du schreibst: Looser? Naja, wenn dass die Stil-Konsequenz des Schwulseins ist, dass überall o's sind ...

(Antwort korrigiert am 14.03.2013)
(Antwort korrigiert am 14.03.2013)

 toltec-head schrieb daraufhin am 22.03.13:
Looser ein schwuler Loser? Genau, so wie Polnisch schwules Russisch...

 Dieter_Rotmund (14.03.13)
Hach, und ich schwärmte einst von Christine Westermann und Gabi Bauer...

 Lala äußerte darauf am 14.03.13:
Gabi Bauer ist aber schon die Zeit nach der Erfindung der Fernbedienung, oder? Und Christine Westermann ist wer? Wird man von denen, besonders der mir momentan unbekannten Westermann, auch so schwul?

Wenn ja, würde ich Norbert "tertium non datur" Geiss vierzwanzigstunden Bauer-Westermann aussetzen. Eigentlich fehlte in meiner Reihe noch Barbara Dickmann. Naja, das waren eben noch Zeiten wo außer Praunheim und Faßbender keiner schwul sein durfte, wo Friedrich Nawattnu und Herr Lüg (hihi) Herrn Wöhner (doppeltes hihi) stundenlang anschwulen durften ohne schwul zu sein. Wilhelm Wieben, den gabs ja schon damals, der durfte damals aber nicht schwul sein - wenigstens nicht öffentlich.Was kaum einer weiß: Adenauer war ja auch schwul. Gernhardt hat das mal in seiner mach aus einem männlichen Genital eine Adenauer Karikatur zu offenbaren versucht. Conny aus Köln, soll ja in der Kaiserzeit eine Mörderschwullette gewesen sein. Weiß heite keiner mehr. Aber damals, gabs keine Nachrichtensprecherinnen und auch nicht Wilhelm Wieben - also wie konnte der schwul werden, Dieter_momentmalwieheißtdu?rotmund?achdukriegstdietürnichtzu-daswarwiedergernhardtadenauerschwulouterundseinpeterpuddinggedicht. Es hängt alles mit allem zusammen und meistens da wo es schlecht passt - total schwul.
(Antwort korrigiert am 14.03.2013)

 toltec-head ergänzte dazu am 22.03.13:
Bleib mal sachlich. Ich hab streng wissenschaftlich argumentiert: Ein bestimmter moderner Frauentypus lässt die Männer schwul werden! Nix: alles hängt mit allem zusammen. Behauptung eines ganz konkreten Kausalzusammenhangs.
parkfüralteprofs (57)
(14.03.13)
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