Der Brandung Hunger

Parodie zum Thema Horror

von  Matthias_B

Bei Postalcod, welches direkt neben dem verschlafenen Nest Apostelcod lag, kehrten nachts auf See wilde Stürme ein und aus, weswegen es mehr als notwendig erschien, da man auf die Unversehrtheit der Devisen in diese Stadt bringen sollenden Touristen achten wollte, die Betreuung des Leuchtturmlichtes einem mit Bedacht und enormer Sorgfalt, ach, eigentlich grundlegender Perfektion agierenden Gemeindemitglied anzuvertrauen, woraufhin die Wahl auf Theobald Driftmaier, einen verlässlichen, aber ebengleich bärbeißigen Konservativen mit limitiertem Herz für die Bedürfnisse der Jugend fiel. Puh, jetzt habe ich selbst den Faden verloren.

Am Abend - wir befinden uns im 18. Jahrhundert - machte der vorgestellte Protagonist die riesige Glühbirne des Leuchtturms an und setzte zufrieden den Kopfhörer seines mp3-Players auf.

Ein markerschütterndes Geräusch ließ das, äh, Knochenmark erbeben. Oder besser sprudeln, nein geradezu köcheln. Nein, lieber doch erbeben; eine Klimax wird halt irgendwo anders eingebaut werden. Etwas musste irgendwo angestoßen und vielleicht schon auf Grund gelaufen sein. Aber dies erschien unmöglich, denn das gleißende Licht, das wie eine Nebelfaust der Brandung Hunger stillte, war nicht zu übersehen gewesen.

Theo schnappte nach Luft und einer Laterne mit Signalfarbe, um etwaige Schiffbrüchige sicher an Land zu lotsen. Dazu musste er zunächst die gußeiserne Wendeltreppe hinunterlaufen.

Heda, ihr Seebären! Habt ihr keine Augen im rumgefluteten Schädel?, posaunte er mit Verärgerung, dass der Sinn des leitenden Lichtes Postalcods augenscheinlich missachtet worden war, heraus, auf eine kluge Antwort der hörbar Gestrandeten wartend.

Während Driftmaier die Laterne hin- und herschwenkte, lauschte er den aufpeitschenden Wellen, deren Kämme weiße Kristallflocken im Nachthimmel aufspritzen ließen.

Wo seid ihr denn? Hier ist das Ufer, das Leben bedeutet. Schwimmt her!, rief er lauter in das düstere Panorama hinein. Sollten alle bei diesem Unterfangen umgekommen sein? Sicherlich wäre dieser Vorfall doch besser gleich dem Rathaus telegraphiert worden - diese Vorausdeutung lässt die sinkende Spannung wieder in die Höhe schnellen.

Wieder zum Leuchtturm hastend, erschrak er, als er eine mit noch warmem Blute geschriebene Nachricht an seiner unerklärlicherweise verschlossenen Türe las: Du hast uns ins lustige Leben geführt, indem du-! Der Rest war schon nicht mehr zu entziffern.

Eisige Kühle stach ins Beamtenherz.

Theo, der Kühne, fasste sich wieder: Aus eurem Versteck ´raus, ihr Scherzbolde! Donnerkeil, was soll das hier?

Eine gurgelnde Stimme in der Dunkelheit kroch an seiner Schulter hoch, als wenn die Worte messerscharfe Spinnenbeine wären: Du hast uns ins Reich der Sterblichen geführt.

Einen Schrei ausstoßend, drehte sich unser Held um. Niemand war zu erkennen.
Nanu? Im Leuchtturm flackerte Licht auf, aber was für eines. Nicht das übliche, sondern ein grünliches Leuchten, das im nächsten Moment wieder verschwand. Und nun loderte es erneut für einen Augenblick auf!

Theobald zog die Pistole aus seinem Wams.
Vorsicht! Treibt euere Spielchen nicht zu weit, sonst schieße ich scharf, gellte es die Wand hinauf. Keine Antwort.
Ich werde-

Die Hand nur einen Fuß von der unmodernen Klinke entfernt, wich er einen Schritt zurück, weil in der Vorwärtsbewegung fast über etwas gestolpert wurde.

Das Mündel lag noch warm auf der Fußmatte. Das Kind Marthas, der Frau des Bürgermeisters. Luftröhre, Gedärme und sonstige Innereien quollen effekthascherisch aus dem Körperchen.
Wahnsinnige! Das waren Verrückte, die in Postalcod eingetroffen waren. Ermordeten einfach das Kind der angesehensten Dame dieser sozialen Gruppe! Wie konnte das geschehen; wo nur hielten sich Bürgermeister und Gattin auf, wenn nicht-

Es zischelte aus dem Leuchtturm. Spiel uns das Blätterlied-
Stimmengewirr zwecks Korrektur der Forderung.
Äh, ich meine das Splatterlied auf den frischen Darmsaiten des Zöglings, dann darfst du unbeschadet gehen.

Driftmaier röchelte, dass derjenige, der dies geäußert habe, nur warten solle. Da kenne ich einen besseren Song, du Mistkerl! Ich trommle solange auf dein krankes Hirn ein, bis es aus deinem Schä-
Dröhnendes Gelächter im Turm.
Dann wollen wir dir doch zur Hilfe ´mal eine Hand reichen.

Die Tür ließ sich öffnen, aber der Griff fühlte sich wärmer an als sonst. Auf der anderen Seite des Knaufes klebte eine abgetrennte Hand. Anhand des Eheringes, der von vollendeter Goldschmiedekunst gekenngezeichnet war, konnte flugs gefolgert werden, dass jener nur einer Bürgerin gehören konnte. Martha. Es war ihre zarte Hand, aus der die Sehnen mehlig tanzten.

Das Lied zum Gräurovision Contest! Wir werden ungeduldig. Du hast doch keine Konkurrenz - also los, die Chancen stehen super.
Auch hinter seinem Rücken zischelte es. Wieviele waren es? Würden sie ihn zugleich umringen? Und umbringen? Naja, wahrscheinlich beides.

War es die Angst, die ihn antrieb, die Treppe hochzurasen, weil außerhalb des Turms noch eine größere Gefahr warten sollte? Er schlug hart auf dem Boden auf. Stille schwelte im tiefschwarzen Raume.

Es dauerte Minuten, bis sich seine geweiteten Pupillen an die spärlichen Einsprengsel des eh sehr schwachen Himmelslichts gewöhnt hatten, sodass er die Silhouette des Bürgermeisters erkannte. Sofort sprang er auf und packte ihn an den Schultern.
Bürgermeister Hannes Grimm! Hört Ihr, was stehet Ihr so untätig herum? Eure Frau! Euer Nachwuchs! Hört Ihr! Man hat ihnen Furchtbares angetan.
Der Umriss erwiderte nichts, bewegte sich nicht.
Bürgermeister! Habt Ihr nicht verstanden? Es geht um Martha, sie haben sie verletzt und euer Kind-
Ein leises Wimmern.
Theobald dachte zunächst, eine Sprachlosigkeit vor Schmerzen würde sein Gegenüber lähmen, stutzte jedoch, als die Laute zu einem unbändigen Kichern anwuchsen.
Wisst Ihr nicht, mir etwas Neues zu erzählen, verehrter Driftmaier? Natürlich mussten sie geopfert werden.
Mit einem Aufschrei kippte Driftmaier auf den Rücken, wild mit den Armen rudernd.
Das Stadtoberhaupt herrschte ihn an. Das Lied, du Wurm! Die Herrschaften werden ungeduldig. Ein tannengrüner Blitz peitschte ihm aus den Augen.

Stammelnd versuchte Theobald, ihn zu beschwichtigen: Wer sind diese Fremden? Warum gebt Ihr für jene eure Familie - und dies zudem auf eine derart bestialische Weise - auf?

Grimm schob die rechte Hand unter seinen Maßanzug. Strahlen flammten auf.
Der Herr benötigt Überredung, mit dem Singen anzufangen.
Eine kristallene Mamba, die ihm aus dem Bauch zu wachsen schien, schlängelte sich aus der Falte.

Tretet alle ein! Er sitzt ausweglos in der Falle.

Dumpfe Schritte hallten, immer stärker, von unten, von oben, von rechts, von links......

obligatorische Ankündigung:
Fortsetzung folgt!


Anmerkung von Matthias_B:

06.03.2010, bearbeitet

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram