Professor Z, oder eine Reise durch die Zeit

Satire zum Thema Zeitreise

von  kirchheimrunner

Einleitung:

Mission Vergangenheit (das Experiment des Professor Z.)
– eine kleine Reise durch die Zeit.

***
ein kleines, theoretisches Gedankeneinmaleins

Das Gestern, das Heute, oder auch Morgen. Ich behaupte, das sind doch nur alles Fiktionen eurer begrenzten Wahrnehmung. Ihr kommt damit nicht klar, - stimmt doch, oder?

Ich sage euch: Zeitbestimmtheiten sind nichts anderes als subjektive unkonstante und nichtlineare Wahrnehmungen unseres Bewussteins.

Nun müsste es eigentlich allen klar sein! Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – das sind nichts als Empfindungsphänomene. Die Zeit ist nicht so stetig glatt, so regelmäßig linear bestimmbar, wie wir denken. Die Zeit ist chaotisch, sie ist in sich verdreht, sie zieht Schleifen, - manches mal bewegt sie sich im Kreis, lockt uns in eine Spirale hinein; - zum Ende hin; oder ist es der Anfang? Oftmals erscheint es uns, dass uns die Zeit in einem Labyrinth gefangen hält. 
Gefangen für immer.

Was die Zeit genau ist; - wer kann das schon wissen?
Wir brauchen uns aber nicht zu beunruhigen.
Die Uhr gibt uns den Takt an; - keiner braucht also ins Stolpern kommen.
Sie zerhackt das Gestern, Heute und Morgen in leicht verdauliche Portionen; - in Stunden, Minuten und Sekunden.

Und damit nicht genug. Damit wir auch schön brav in unserem Gedankenkäfig bleiben, haben die Wissenschaftler die Naturgesetze erforscht. Nun setzten sie uns Grenzen, die wir niemals überschreiten können.

Wollt ihr euch nicht mehr bevormunden lassen?
Wollt ihr heraus aus der Gefangenschaft der Zeitfalle. Wollt ihr ein wenig mehr, als durch die Gitterstäbe der festgelegten, wissenschaftlichen Normenwelt schauen?
Wollt ihr auch den Naturgesetzen ein Schnippchen schlagen?

Dann seid ihr bei mir richtig!
Wie wäre es mit einer Reise durch die Zeit?
Gebt es zu und seid ehrlich: Ihr habt im Geheimen schon einmal damit kokettiert!
Unglaubliche Möglichkeiten tun sich für jemanden auf, der nicht nur an die Gegenwart gebunden ist. Alles steht einem Mutigen offen, der die Vergangenheit erobern will, damit er die Zukunft gestalten kann.
Alles nach seinem Gusto.

Wo ist das Problem?
Eine Reise durch die Zeit ist möglich.
Ich unternehme sie täglich. Du auch.
Es ist gar nichts Besonderes daran. Wirklich nicht!
Jeden Augenblick unseres Lebens machen wir eine Reise durch die Zeit; -
einen Schritt durchs Raum-Zeit Kontinuum.

Was wir tun, ist in die zu Zukunft schreiten; - jede Sekunde einen Schritt; - unsausweichlich und immerfort.
Doch damit sind wir immer an den stetigen Fluss der Zeit gebunden, und die fließt beständig abwärts. Sie fließt unaufhörlich fort aus unserer Gegenwart.
Weg von ihr. Unaufhörlich in die Zukunft hinaus.
Wir können nicht zurück.
Auch nicht schneller vorwärts.
Wir sind Gefangene unserer eigenen Gegenwart.

Die Naturgesetzte lassen es nicht zu.
Besonders das zweite thermodynamische Gesetz:
Dort wo die Entropie, - das Maß der Unordnung in einem System - ständig zunimmt, dort wo alles auseinanderstrebt; - genauso wie unser Weltall, das sich immerzu ausdehnt; immer schneller wächst, bis in alle Ewigkeit hinein.
Um dann in Kälte zu erstarren.
Fürchterlich und Angst erregend ist dieser Gedanke.
Die einmal erzeugte Unordnung kann nicht wieder umgekehrt werden.
Die berühmten Glassplitter der zersprungenen Vase finden also nicht wieder zueinander, sie verbinden sich niemals mehr zu einer neuen Vase, zum alten unversehrten Schmuckstück.

Und vergesst mir nicht das Prinzip der Kausalität: Immer ist vor einer Wirkung eine Ursache. Man kann das nicht umkehren.

Die Naturgesetze verhindern also, dass du in die Vergangenheit reist, deinen Vater killst, bevor er deine Mutter kennen gelernt hat. Der Liebeskummer bleibt dir also nicht erspart. Deine Probleme musst du im Heute, im Jetzt lösen. Du kannst deine Existenz nicht im Gestern auslöschen; - so verführerisch das auch manchmal wäre.

***
1. Teil: Die Technik der Russen und die Temponauten


Für Reisen durch die Zeit gibt es viele Theorien, noch viel mehr Lösungsansätze, - von Scharlatanen ganz zu schweigen.

Aber ich verrate euch etwas, erzählt es bitte nicht weiter:
Vor kurzem traf ich in der Vergangenheit einen Typ, der es wirklich draufhatte:
Er hatte das Problem im Griff.
Er flog in Überlichtgeschwindigkeit.
Er flog einfach zurück, reiste in die Vergangenheit; - wie es ihm beliebte!
Die Technologie hatte er von den Russen geklaut.

Schon zu Chruschow´s Zeiten waren sie theoretisch in der Lage, durch die Zeit zu reisen. Sie wollten Kennedy als kleines Kind vom seinem Spielplatz kidnappen und ihn bis nach der Kubakrise, in den Kerkern der Moskauer Lubljanka verstecken.
Das Projekt scheiterte.  Es lag am Material.
Die Russen bekamen das Legierungsproblem für die Leitungen nicht in den Griff. Viele ihrer Temponauten haben sie irgendwo im Irgendwann verloren.
Die meisten kamen niemals zurück zur Gegenwart.
Wer weiß, was für einen Unsinn diese Leute in der Vergangenheit anrichten?
Von der Zukunft ganz zu schweigen.
Nicht auszudenken!

Aber wenn man sich über diese Möglichkeit im Klaren ist, dann wird so manches tagespolitische Dilemma verständlich:
Die Russen sind schuld!

***
2. Teil: Januar 1492, Portugal


Zurück zu diesem skurrilen Typen, den ich vor kurzem in Lisabon traf und zwar genau am 2 Januar 1492. Er stellte mich einem gewissen Christoph Kolumbus vor. Der Wahnsinnige wollte doch tatsächlich im Namen der portugiesischen Krone eine Entdeckungsreise in Richtung Westen antreten, um die Gewürzinseln, die östlich von Portugal lagen, zu erreichen.
Was für ein Irrsinn!
Es sei denn, die Erde wäre eine Kugel, und man würde auf der anderen Seite nicht herunterfallen.
Wie dem auch sei, dieser Zeitvagabund und ich, wir setzten alles auf eine Karte und verwetteten unser ganzes Vermögen darauf, dass der zwielichtige Kolumbus spätestens nach 2 Jahren wieder nach Portugal zurückkommen würde.
Pech gehabt mein lieber! Wir verloren all unsere Habe!
Kolumbus kam zurück, aber nicht nach Portugal, sondern nach Spanien!
Denn Christoph Kolumbus war nichts anderes als ein gestrandeter Temponaut, den die Russen 1957 nach Portugal geschickt hatten.
Er nahm die Identität eines Genueser Kartographen an und spielte seine Rolle eigentlich ganz gut.
Er hatte eine geheime Mission:
Er sollte die Entdeckung Amerikas verhindern.
Zuerst sollte er nach Südwesten segeln, - so lautete die KGB-Order. Aber kurz vor den Kapverden sollte er nach Süden abdrehen und die Schiffe vor der Afrikanischen Küste auf Grund setzten.
Dieser gemeine Plan misslang!
Ein Doppelagent, den die CIA in das Vorhaben eingeschleust hatte, deckte das Vorhaben auf, schnitt dem angeblichen Kolumbus die Gurgel durch und nahm seinen Platz ein. Aber wegen der nicht zu unterschätzenden Gefahr der Sabotage und Meuterei, kehrte der CIA- Spion in Nacht und Nebel nach Lisabon zurück, floh über die grüne Grenze nach Spanien und bot der spanischen Krone seine Dienste an.
Den Rest der Geschichte kennt ihr: Irgendwann im Spätsommer des Jahres 1492 erreichte er San Salvador. Und ein paar Jahre später den Nordamerikanischen Kontinent. Die Kommunisten hatten das Nachsehen.
Wieder einmal!

***
3. Teil: Der Unfall


Ich glaube, der Typ den ich in der Vergangenheit getroffen habe, treibt sich immer noch im 1492 herum. Er kann weder vorwärts noch zurück. Seine Zeitmaschine funktionierte nicht richtig. Irgendetwas hatte er falsch berechnet.
Jedenfalls flog er am 01. April 2005 in Überlichtgeschwindigkeit los, um im Jahr 1966 das 3. Wembley – Tor zu Gunsten des Deutschen Fußball Bundes zu manipulieren. Leider kam er zu schnell in der Vergangenheit an und rammte sich selber, bevor er gestartet war. Die Energietanks barsten und liefen leck! Die Aufprallenergie allerdings reichte aus, um genügend Zeitumkehrung zu produzieren und schleuderte ihn ins ausgehende Mittelalter.
Pech gehabt.

Nun sammelt er vermutlich Bruchstücke der wachsenden Entropie zusammen und versucht Stück für Stück aneinanderzufügen.
Vermutlich umsonst.
So ein Trottel!
Ich wünsche ihm „viel Spaß im Jahre 1492!“

***
4. Teil: Die Bauanleitung


Hätte er doch meine Technologie eingesetzt. Sie ist genial, braucht wenig Energie und ist in sich absolut widerspruchsfrei.

Seid ihr neugierig, dann lasse ich euch an meiner Erfindung teilhaben.
Ich verrate euch alle Details; aber nur aus einem Grund:
Ich mache keinen Hehl daraus:
Ich will berühmt werden.
Stephen Hawkins, Einstein und Erwin Schrödinger widerlege ich auf einen Streich!

Passt auf!
Was ihr braucht, könnt ihr in jedem gut sortierten Elektrohandel kaufen:

Ihr besorgt euch 28 symmetrische, geometrisch einwandfreie Minitableaus, mit einer durchschnittlichern Leistungsversorgung von 230 V. Eine Spannung von 18 Ampere genügt für den Anfang vollkommen. Aber 3 frei programmierbare Alarm-LEDs, und 6 asynchrone Tasten, zum Anzeigen und Bedienen von nicht-diskreten Zeit - Funktionen, sollten sie schon haben. Sonst wird die Synoptik paradox.
Für das Treibermodul empfehle ich euch ein analog-vertikales RGB – Lasergerät mit zusätzlich 30 digitalen Ein- und Ausgängen. Die Ansteuerung von Glühlampen und Relais versorgt ihr mit einer Ausgangsspannung von knapp 24 Volt. Damit habt ihr eine anständige, für einen Amateur durchaus leistungsfähige, maximale Ausgangsleistung von 3000 Jahren plus/minus.

Ich bin schon weiter.
Ich bastle gerade an einem leistungsfähigeren Gerät mit zusätzlicher turbodynamischer Beschleunigung. Das bringt zusätzlich 125 Jahre/Sekunde.

„Wenn ich nun die Funk- Management Controller mit der Steuerbuchse verbinde und dann die Anode mit dem Pluspol und dann die Kathode mit dem Minuspol verlöte, dann…

„oder verflixt noch mal, war es vielleicht umgekehrt?“

Um Gottes Willen, ein Schaltkreisfehler! Wo bin ich?
Ich bin gar nicht mehr da, ich bin schon weg, aber wo, aber wann?
So ein Mist!

***
Epilog – Cast away


Ich bin mir sicher, der Kosmos, das Weltall und meine Leser werden mir keine Träne nachweinen. Aber freut euch nicht zu früh:
… wir sehen uns bestimmt einmal!
Im Gestern, im Morgen oder war es schon Heute?

Ach ja! Wollt ihr eigentlich gar nicht wissen, was mit dem wirklichen Christoph Kolumbus passiert ist? Hat er als Irrer in einem feuchten Kerkerloch eines spanischen Gefängnisses geendet? Du liebe Zeit, seid ihr naiv! Habt ihr es nicht gemerkt?

Ich, bin in Wahrheit Christoph Kolumbus; - und meine Rache wird furchtbar sein.

01. April 2005
© Hans Feil

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram