Liebe Mutter (Meditation am Morgen)

Brief zum Thema Beziehung

von  klausmaletz

Liebe Mutter (Meditation am Morgen)

Jetzt bin ich 59 Jahre alt und schreibe Dir, angeregt durch die Morgenmeditation, diesen Brief.
Schon als kleines Kind habe ich Deine Nähe stets als wohltuend empfunden. Bei Dir fand ich, neben Dir liegend, eine Hand an Deiner kühlen Wange, Geborgenheit, Sicherheit und Glück.
Dabei wurde mir die Zeit nie lang. Auch wenn wir selten gesprochen haben, glaube ich, haben wir uns gut getan.
Du hast mich immer angenommen, auch als die Begeisterung für Dein elftes Kind bei anderen nicht besonders ausgeprägt gewesen sein mag.
Wenn meine warme Hand Deine kühle Wange gewärmt hatte, wechselten wir einvernehmlich
zur anderen Wange und genossen beide diese Nähe neu.
´Schmuser` nannten mich manche Geschwister, andere später auch ´Grinser`.
Im Laufe der Zeit bekam ich, älter werdend, manchen Streit zwischen Vater und Dir mit.
Meistens hatte er dann vorher getrunken. Geblieben ist mir aber vor allem Deine ruhige, besänftigende Art, die, zumindest auf Zeit, ein friedvolles Miteinander möglich machte.
  Was Du geleistet hast, weit über das menschlich möglich Scheinende hinaus, war
                              Dein Kreuz anzunehmen und zu tragen,
in dem festen Glauben, dass Gott Dich hält.
Das Gebet „Immer, wenn Du meinst“,  an unserer Küchenwand,
scheint mir heute,
wie für Dich damals
geschrieben.
Kam ich mit zunehmendem Alter auf Abwege mit Lügen oder Stehlen, hast Du mich behutsam, sicher, verständnis- und liebevoll auf den richtigen Weg gebracht.
Du zeigtest  mir den Weg zum Gebet, zu den Gräbern der Verstorbenen, zum Gottesdienst,
zum Dienst am Mitmenschen, zur Nachsicht gegen Überheblichkeit, zur Hilfe für die Bedürftigen, zur Freude an den kleinen Dingen, zur Mitfreude am Glück anderer, zur Trauer, zur Angst und zur Bitte um Hilfe in diesen Situationen.
Deine erzählten Witze machten mir Lachen bis zum Tränenfluss.
Deine Zurückhaltung und Sensibilität in der Bewertung anderer Personen verstehe ich heute besser als damals und finde Deine Art gut.
Große Güter hattest Du nicht zu verteilen.
Zeit für Dich bekamst Du erst in meinem jetzigen Alter.
Gebildet warst Du nach geltenden Maßstäben nicht.
Lehrerin zu werden, war Dein Ziel als Mädchen.
Stattdessen hast Du mit zwölf Jahren die Schule verlassen, um Deine verstorbene Mutter zu ersetzen.
Trotzdem:
Du hast mir alles gezeigt, was für das Leben wichtig ist. Durch Deine Wegweisung in Weisheit, Mut, Glaube und Liebe konnte ich meine Überzeugungen finden, meine Pläne reifen lassen, „Ich“ werden.
Mögen alle prahlen mit ihren Leistungen und Bildungsabschlüssen, mit ihren Erlebnissen on Tour:
Du warst mein fester Boden, gabst alles, was ich brauchte, mir von Herzen.
Du warst mir Mutter und Lehrerin,
nicht nur Gebärerin,
Du vermitteltest mir den Glauben,
diese Gewissheit lass` ich mir nicht rauben.
Du lebst bei Gott
Du lebst in mir.
Ich denk` an Dich
Und danke Dir.

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Kommentare zu diesem Text

Anne (56)
(15.05.13)
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 klausmaletz meinte dazu am 30.12.19:
Liebe Anne,

mit Herz und Sinn hast Du meine Würdigung meiner Mutter aufgenommen: Ein großes Dankeschön!

Liebe Grüße

Klaus

 Dieter_Rotmund (20.12.19)
Naiver Schreibstil, der dann auch passend in eine etwas tumbe Frömmigkeit mündet. Das ist doch hoffentlich nicht autobiographisch?

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 23.01.21:
Finde ich auch. Bei manchen Texten hofft man inständig, dass sie nicht autobio sind.
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