Baumherz

Sonett zum Thema Erinnerung

von  IngeWrobel

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Sind das dieselben Bäume und die Bänke,
bei denen wir uns einst ganz heimlich trafen?
Und blickte auch der Mond schon so verschlafen,
als billige er, wissend, unsre Ränke?

Wir fühlten uns in unsren Kleinstadtmauern
geborgen und geschützt mit unsrer Liebe.
Wir glaubten, dass es so für immer bliebe –
es sollte alle Zeiten überdauern.

Heut gehe ich allein die alten Wege
und hier und da seh’ ich: Die Zeit blieb stehn.
Nur unsre Liebe musste lang schon gehn.

Ich leg die Finger in das Herz am Baume;
gestatte mir, dass ich nicht mal im Traume
geringsten Zweifel an der Liebe hege.


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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (24.07.13)
Bei vielen verwandelt sich nach/bei einer Trennung Liebe in blinde Wut. Und sie begreifen noch nicht einmal, dass sie sich selbst damit diskreditieren. Es ist schwer - ich weiß, wovon ich spreche - aber man sollte seine Augen nicht verschließen, weder vor der schmerzenden Wahrheit noch vor der ergreifenden Erinnerung. Denn es war gestern ergreifend, da gibt es keinen Zweifel.

Dein Sonett hat fast schon ein weises Ende, und: Ja, es ist mir klar, Weisheit funktioniert nicht so (einfach)...

 Jorge meinte dazu am 24.07.13:
Der Text und der Kommentar beides gefällt mir.
Eine zarte und romantische Erinnerung.

 IngeWrobel antwortete darauf am 24.07.13:
Welch feiner Kommentar!
Tatsächlich kommt hier in meinem Gedicht eine Erkenntnis zum Vorschein, die ich im Rückblick auf meine 70 Lebensjahre gewonnen habe: Es ist das Gefühl der Liebe, das mich glücklich macht - nicht der Mensch, der dieses Gefühl in mir zu wecken vermag. Das erklärt auch, warum man mehrere Menschen parallel und ganz individuell lieben kann. Die eine große Liebe ist die Liebe zur Liebe als Gefühl ... so meine Erkenntnis, die freilich keine Allgemeingültigkeit hat oder haben muss.
Danke für Worte + Stern
und liebe Grüße!
Inge

 IngeWrobel schrieb daraufhin am 24.07.13:
Guten Morgen, lieber Jorge!
... und mir gefallen Deine Worte dazu ...
LG, Inge

 irakulani äußerte darauf am 24.07.13:
Ein wunderbares Gedicht, liebe Inge, getragen und erfüllt von der weisen Erkenntnis, die du in deinem Kommentar nochmal ausführlich erläuterst. Aber auch ohne diese Erklärung spricht das Gedicht für sich.

L.G.
Ira

 IngeWrobel ergänzte dazu am 25.07.13:
Danke, liebe Ira, für Deine lobenden Worte!
Liebe Grüße
von der Inge

 franky (24.07.13)
Einfach großartig, liebe Inge!
Habe dein Sonett scheibchenweise inhaliert, tiefsinnig und fein verdichtet, macht es Spaß länger zu verweilen.

Liebe Grüße

Von Franky

 IngeWrobel meinte dazu am 25.07.13:
Lieber Franky,
ich freue mich über den sog. Doppelklick ... besonders aber über Deine Worte!
Liebe Grüße zu Dir
von der Inge

 Dieter Wal (24.07.13)
Jetzt kein sprachlich über die Maßen innovatives, aber ein solid gearbeitetes Sonett, das eine nahezu jedem auch selbst begegnete Geschichte erzählt, die Form wahrt und Leser in seiner Tonalität und unprätentiösen Sprache ergreifen kann. Der optimistische Schlussvers tut gut.Schöner und gelungener Ausklang.
(Kommentar korrigiert am 24.07.2013)

 IngeWrobel meinte dazu am 25.07.13:
Na, da freut mich aber, dass mein Gedicht Deinem hohen Anspruch genügt!
Liebe Grüße
Inge
Anne (56)
(25.07.13)
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 IngeWrobel meinte dazu am 25.07.13:
Liebe Anne,
Deine Worte sind, wie immer, sehr einfühlsam - und freuen mich deswegen besonders!
Ich habe dieses nicht ganz aktuelle Gedicht aus meinem Bestand geholt, um es hier jemanden lesen / finden zu lassen. Nun freue ich mich, dass es auch andere Leser anspricht.
Ich sende Dir viele liebe Grüße in den Sommerabend!
Inge

 FloravonBistram (28.07.13)
Liebe Inge,
Erinnerungen in uns sollten so sanft wie Deine Worte sein, dann schwingen die Zeiten nach.
Liebe Grüße
Flo

 IngeWrobel meinte dazu am 28.07.13:
Hallo Flo,
ja, ist schön, wenn sie es sind. Aber es gibt auch andere Erinnerungen, nicht wahr?
Liebe Grüße zurück
von der Inge
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