Voll der Zwang

Ich wische die Tische, die Schränke, die Bank,
ich putze, entschmutze und säuber
den Boden, die Decken, die Ecken ... entlang
jeder Wand geht die Hand, samt Entstäuber.

Der Dreck muss halt weg, nur hinfort mit dem Schmutz!
Ich acker, auf dass er nicht bliebe.
Mein Therapeut scheut nicht zusagen: "Ich nutz
den Putzzwang zum Kampf gegen Triebe -

denn Triebe sind widerlich, liederlich, dumm ..."
Dies kann ich sofort unterschreiben!
Verleibt treibt der Mensch sich im Unrat herum,
ihn sollte doch Reinlichkeit treiben!

Erst neulich, hab ich höchsterfreulich geträumt:
Mit "Dash", voll im Engelsgewimmel,
bewaffnet stand ich, hab vor Ehrgeiz geschäumt -
mein Motto hieß: Reinheit dem Himmel!

Von zwanzig Kanistern mit Lauge umstellt,
entschmutzte ich gründlich den Äther.
Und Gott? Floh ans andere Ende der Welt.
"Bis später!" rief er - der Verräter!

Es war wie ein Rausch und ich bebte und schwoll
vor Stolz, "Sagrotan" in den Händen.
Da schrillte mein Wecker auf einmal wie toll -
mein Höhepunkt sollte hier enden.

Es gab viel zu tun, also packte ich an,
ohne Einsatz droht mir stets Malesche.
Ich wusch meine Wohnung, die Kinder, den Mann,
die Oma, den Opa, die Wäsche,

dann wusch ich mich selber, vom Fuß hin zum Zopf
und wäre ganz sicher zufrieden,
doch spukte die Frage im reinlichen Kopf:
Was wird, bin ich einmal verschieden?

Ich gab dem Bestatter vorausschauend Geld
- auch wenn dies den Geldbeutel räubert -
für den reinlichsten Grabstein der westlichen Welt.
Und verscheid ich, wird der stets gesäubert!