An P. - Du warst wie eine Mutter für mich

Brief

von  Unbegabt




Wir haben uns lange nicht gesehen. Wie lange es her ist, kann ich nicht einmal auf den Tag genau bestimmen. Zwei Jahre vielleicht. Es gibt viele "vielleichts" in meinem Kopf.

Ob ich deine Tochter zerstört habe? Vielleicht.
Ob das, woran du mir die Schuld gibst auch ohne mein Zutun passiert wäre? Vielleicht.
Diese Sache an dem Wort "vielleicht" ist, dass man sich nicht sicher sein kann. Es ist zermürbend.
Ob du mir jemals verzeihen wirst? Vielleicht.

Ich sagte: Ich habe Angst davor dich zu sehen.
Und dachte: Ich habe Angst davor vielleicht den Hass in deinen Augen zu sehen.
In diesem Fall würde ich die Zeit gerne einige Stunden zurückdrehen können. Nur um mir selber die Hoffnung - dieses "vielleicht" - zu nehmen, welches sich so unverschämt in meine Gedanken schlich.
Denn ich sah den Hass in deinen Augen und spürte ihn meinen Arm hinaufkriechen, als du mir widerwillig die Hand gabst. Die Endgültigkeit die aus deinem Blick sprach, gräbt noch immer seine Krallen in mein Herz.
Und ja, in diesem Fall würde ich das zermürbende Unwissen definitiv der Absolutheit deines Blickes vorziehen.
Ich weiß, das ist schwach.
Doch ich frage mich auch, ob ich deinen Hass wirklich verdient habe.
Meine Antwort lautet: Vielleicht.

Ich hoffe du weißt, ich liebe deine Tochter. Habe, trotz allem was war, was ist und was immer sein wird, nie damit aufgehört.

Und du, du warst ab dem Moment, wo ich das erste Mal bei euch zu Besuch war und noch liebevolle Zuneigung aus deinem Blick sprach, meine Mutter weit weg von zu Hause. Ich erinnere mich an dein offenes Lächeln und deine Umarmung jedes Mal wenn ich euch wieder verlassen habe. "Komm bald wieder.", sagtest du und meintest es auch.

Ein Jahr, vier Monate. Ist das nicht genug Zeit um zu verzeihen oder wenigstens damit anzufangen? Vielleicht.
Ich selber habe vier Monate gebraucht um dem Menschen, den wir beide lieben, zu verzeihen und sie selber hat mir doch auch verziehen.
Dass dir das nicht reicht, weiß ich jetzt. Da ist kein vielleicht, und anscheinend gab es das auch einfach nicht für dich.

Die Poesie sagt, dass Liebe und Hass nah beieinander liegen können. Und vielleicht kann man auch nur den leiblichen Kindern fast alles vergeben, aber wünschte mir, du würdest bei mir eine Ausnahme machen.
Ob das nicht zuviel verlangt ist? Vielleicht.

Du weißt, dass es uns beiden immer besser ging, wenn wir zusammen waren.
Und alleine dafür müsstest du mich doch noch immer lieben, oder? Vielleicht.
Aber wieder einmal trägt mich ein Zug mehrere hundert Kilometer weit weg und ich weiss nicht, wann ich deine Tochter das nächste mal in den Arm nehmen kann.


Es tut mir leid. Es tut mir so schrecklich leid.

Ich weiß, dass du das noch nicht aus meinem Mund gehört hast aber irgendwann liest du diesen Brief ja

vielleicht...


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Kommentare zu diesem Text


 SunnySchwanbeck (20.08.13)
Ich liebe dich. Und werde es immer tun.
Niemand kann uns je trennen.
Niemand.
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