Ein 42,195 km-Lauf manch eines Autors auf einer Literaturplattform

Bild zum Thema Abschied

von  Fuchsiberlin

Die Zukunft läuft beim Marathon ganz vorn mit, während die Vergangenheit mit jedem gelaufenen Kilometer immer mehr aus dem Sichtfeld verschwindet. Bergauf durch die Stadt der Worte, Bergab zum Friedhof verblasster Zeilen. Geschriebenes erlebt seine Beerdigung.

Sein Lauf der Worte fing mit einer Wanderung in Sätzen an. Die Zeit bis zu einem 42,195 km-Lauf erschien fern. Nach schon kurzer Zeit fühlte er sich daheim an dem Ort der unzähligen Satzdesigner, Zeilenstraßen-Architekten, Buchstabenwürger, ABC-Hausbauer, Wortfresser und Zauberer der emotionalen Gedanken. Trotzdem blieb er diesem Ort auch gern fern. Manchmal tage-, dann auch wochen- und einige Male auch monatelang.

Stumm überquerte er schlafende Wortstraßen, die ein jeder Leser wecken konnte. Sah glühende Asphaltadern, aber auch Zubringer ins nichts. Er blickte in leere Vorgärten der Trauer, und spazierte durch Parks, die seinen Lungen Atem einhauchten. Nachts fehlten ihm die Kreuzungen der Gedanken, sie waren im Schatten der Nacht einfach verschollen. An Baustellen, in denen die Schreie schon die Schächte verlassen hatten, ging er nachdenklich vorbei. In manch einem Haus lagen Leichen des Erlebten. Verwesende Erinnerungen, und daneben stand ein halbvolles (oder manchmal auch ein halbleeres) Glas. Auf der Freilichtbühne erblickte er versteinerte Schauspieler, nicht einmal der letzte unsichtbare Gast konnte den Zerfall der Bühne aufhalten.

Die Stadt existiert weiterhin, manch ein Bewohner zieht eventuell nach dem Erreichen der Ziellinie von dannen, oder gibt vorher schon entkräftet auf. Er hinterließ vielleicht tiefe Spuren, flache Spuren, und in mehr oder weniger Texten gar keine Spuren. Durchaus wäre eine Mischung aus gut, Mittelmaß und schlecht denkbar. Vielleicht war manch ein sogenannter Autor kein guter Handwerker, vielleicht fehlte ihm das Talent, doch eines brachten sehr viele ehemalige Schreibende mit: Die Freude am Schreiben.

Manch ein ehemaliger Bewohner schrieb und schreibt an diesem Ort der tausenden Texthäuser, so wie er als Mensch durchs Leben schreitet: Nicht perfekt.  Von einem A, wie Anfang bis Z wie Zenit. Andere nehmen so Abschied von dieser Stadt, wie sie mitunter ihre Texte verfassten: Aus dem Bauchgefühl heraus.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Du, sie, er oder/und ich? Das Wort "unmöglich" verliert in diesem Sinn seine Existenz.

Mein erstes Gedicht am 25.09.2009 auf keinverlag: Lebenswanderer

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Kommentare zu diesem Text

Zweifler (62)
(18.08.13)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 18.08.13:
Dich nicht? Oh, vergaß ich doch den einen Weg, also den durch den Berg der Fledermausgedanken?

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
chichi† (80)
(18.08.13)
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 Fuchsiberlin antwortete darauf am 18.08.13:
Ick hoffe viele können sich in dem Text wiederfinden...

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
MissBluePiano (32)
(18.08.13)
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 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 18.08.13:
Uiiii, ein größeres Lob kann ich kaum bekommen, als jenes, welches Du mir gibst.

Ich danke Dir sehr.

Liebe Grüße
Jörg
Pocahontas (54)
(18.08.13)
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 Fuchsiberlin äußerte darauf am 18.08.13:
Liebe Sigrun,

uii was für Worte, die mich fast verlegen-sprachlos machen.

Ich als Autor lese z.B. auch sehr gerne Texte, die nicht auf Perfektion gestylt sind, und die Emotionen dabei "vergessen" wurden...Als Leser von Texten kommt es mir auch nicht auf die Perfektion, sondern auf eine Botschaft, auf Emotionen, Bilder an, die bei mir beim Lesen entstehen. Und auf dieser Hobbyschreiberplattform gibt es viel zu lesen, für jeden ist etwas dabei.

Ich schreibe wie ich als Mensch agiere, reagiere und einfach bin: Nicht perfekt.

Ich danke Dir sehr!

Ganz liebe Grüße
Jörg
Steyk (61) ergänzte dazu am 20.08.13:
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Schrybyr† (67)
(19.08.13)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 19.08.13:
Erst einmal danke ich Dir für den ausführlichen Kommentar, auf den ich natürlich nicht nur mit ein paar Sätzen antworten werde. Ich schätze solche Kommentare sehr.

Eine angestrebte Perfektion sollte nie der Widersacher des Bauchgefühls/der Emotionen sein. Beide sollten sich in einer gewissen Balance befinden. Meine Ansicht ist die, dass ich denke, dass ein zu (!) viel an angestrebter Perfektion die Gefahr in sich birgt, dass die emotionale Ebene mehr oder weniger auf der Strecke bleibt. Im Umkehrschluß könnte dies heißen, dass ein zu viel an Bauchgefühl gefährlich werden könnte, bezüglich einer angestrebten Perfektion. Doch da gibts einen Einspruch von mir: Ein Bauchgefühlsschreiber sollte nach dem Schreiben seinen Text gründlich Probe lesen, ein Rechtschreibprogramm als Hilfsmittel verwenden, eher er den Text veröffentlicht.

Gerade weil kein Text ein strenges Lektorat durchläuft, steht der Autor gegenüber dem Leser um so mehr in der Verantwortung. Aus diesem Grund sollte er das Hilfsmittel eines Rechtschreibprogramms verwenden, desweiteren den Text Probe lesen, um Sprachholpler, Ausdruckschwachpunkte, Zeichensetzungsfehler etc. zu erkennen, und diese dann ggfs. korrigieren. In der Zeichensetzung liegt zum Teil meine Schwäche, diese korrigiert leider kein RS. Da bin ich dann auf die Hilfe des Lesers angewiesen. Ein Autor sollte eine sachliche Kritik, mit Hinweis auf Fehlern, ernst nehmen, ansonsten müsste er sich hinterfragen, warum er Texte einer Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, wie viel Wertschätzung er dem Leser gegen über bringt, was sein persönlicher Ehrgeiz beim Schreiben bedeutet. Der Zeitfaktor sollte hierbei nicht als Ausrede gelten, denn der Autor besaß schliesslich auch die Zeit, seinen Text zu verfassen...Ohne Respekt gegenüber dem Leser, begriff ein Autor nicht, was es bedeutet Autor zu sein.

Zu den KV-Freundeskreisen:
Diese existieren druchaus. Ich habe nichts dagegen, wenn ein mir nahestehender Autor meinen Text mit "Dies kann ich nachempfinden" kommentiert, sofern es ehrlich gemeint ist. Einfach aus dem Grund, weil ich in der Regel Emotionen zum Leser transportieren will. Auch ich verwende als Leser diesen Satz mitunter, wenn ich den Inhalt als solches empfinde, Natürlich sollte dann auf Fehler im Text aufmerksam gemacht werden, dies aber in einem Wortlaut der sachlich bleibt. Ich schrieb einer Autorin dies letztens privat, da ich es leider verrsäumte sie im Kommentar auf Rechtschreibfehler hin zu weisen.
Auch in diesen sog. Freundeskreisen sollte nich nur gelobhudelt werden, sondern auch Kritik geäußert werden (können). Konstruktive Kritik zeichnet sich durch eine entsprechende Wortwahl als auch durch eine Hilfestellung bis zu einem bestimmten Rahmen aus. Ein Autor sollte Kritik des Lesers ernst nehmen, denn sonst ist die Chance sich weiter zu entwickeln gleich Null. Und ein Autor, der dies nicht tut, wird auf Dauer gesehen auch Leser verlieren, glaube ich. Und sollte sich hinterfragen, was Autor-sein bedeutet. Denn einen Text zu veröffentlichen dient nicht dem Selbstzweck, sollte es nicht, sondern um den Leser zu unterhalten. Diese Unterhaltung kann der Autor nur gewährleisten, wenn er sorgfältig seinen Text vor Veröffentlichung überprüft und konstruktive Kritik des Lesers annimmt.

Warum manche Autoren reimen, obwohl diese dafür nur Kritik ernten, könnte vielleicht daran liegen, dass bei diesen Autoren immer noch der altertümliche Gedanke vorherrscht, dass Gedichte zwangsläufig aus Reimen bestehen müssen. Ich fing einst auch mit Reim-Gedichten an, doch merkte dabei schnell, dass mir hierzu das Handwerk und das Talent fehlen, und gab diese Form der Lyrik schnell wieder auf.

Die Kunst besteht wahrlich darin, dass die Erqwartungshaltungen des Lesers als auch des Autors im Miteinander und nicht in einem Gegeneinander aufeinander treffen. Denn: Der Autor kann vom Leser mehr oder weniger lernen, und manchmal kann auch der Leser vom Autor etwas lernen.

Liebe Grüße
Jörg
Schrybyr† (67) meinte dazu am 20.08.13:
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 20.08.13:
Ich fands auch schade, dass nicht tiefergehend in Deinem Thread darüber diskutiert wurde, und teilweise polemisiert wurde. Dies ist leider jeder Diskussion abträglich. Ich kann Dir versichern, es existieren noch Autoren mehr auf KV, die so wie wir beide denken.
UInd ich freue mich über Kollegen wie Dich, die sich tiefergehende Gedanken machen.

Liebe Grüße
Jörg
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