Das erhabene Recht

Erörterung zum Thema Recht und Gesetz

von  loslosch

Executio iuris non habet iniuriam (Digesta; eine spätantike Zusammenfassung des römischen Rechts aus dem 6. Jh.). Die Vollstreckung eines Rechts ist kein Unrecht.

So naiv (oder gewollt treuherzig) dachte auch Hans Filbinger (1913 bis 2007). Der Mann mit den Erinnerungslücken (bezüglich seiner Beteiligung an Todesurteilen als Marinerichter, vor allem 1945) musste 1978 als Ministerpräsident von Baden-Württemberg seinen Hut nehmen, nachdem er sich zuvor noch erfolglos als innerer Widerstandskämpfer im Dritten Reich glorifiziert hatte. Unvergessen sein Satz "Was damals Rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein" (1978). Später dementierte Filbinger dieses Zitat. Er habe sich auf das seit 1872 gültige Militärstrafgesetz bezogen: Todesstrafe bei Fahnenflucht. Ach so. Filbinger ging in die Geschichte ein als "furchtbarer Jurist" (Ausspruch des Dramatikers Rolf Hochhuth, geb. 1931).

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (21.08.13)
'Furchtbare Juristen'? Ganz ehrlich, das sollte nicht wirklich überraschen...

Frage: Was sind 2.000 Juristen auf dem Grund des Meeres?
Antwort: Ein guter Anfang...

(Liebe(r) besorgte KV-LeuteInnen, das ist kein Aufruf zur Gewalt, sondern ein Witz.)

 loslosch meinte dazu am 21.08.13:
den spruch "furchtbarer jurist" empfanden damals viele als treffend. - fahnenflucht kann viele motive haben. nicht alle sind unedel.
(Antwort korrigiert am 21.08.2013)

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 21.08.13:
Und wenn du es erlaubst, möchte ich (ganz uneitel) an diesem Punkt mich selbst zitieren:  Clausewitz Erbe VIII

 ViktorVanHynthersin (21.08.13)
Unvergessen, der Klassiker von Otto Waalkes Englischkurs: "Hello, Mr. Filbinger - Heil Hitler, Herr Filbinger."
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch schrieb daraufhin am 21.08.13:
kannte ich nicht. im interview 2006 erwähnt er es:  hier.

danke für den "literatur"-tipp, grüße auch robertarupp. lo

 EkkehartMittelberg (21.08.13)
Verdienstvoll, dass du dieses (von mir und sicher auch von sehr vielen anderen vergessene) Desaster deutscher Unrechtsgeschichte wieder ins Bewusstsein gerufen hast.
t.t.
Ekki

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 21.08.13:
Weltkrieg II: Wehrmachtsjustiz fällt ca. 30.000 Todesurteile, von denen ca. 20.000 vollstreckt werden.

Weltkrieg I: Deutsche Armeejustiz fällt ca. 180 Todesurteile, von denen ca. 80 vollstreckt werden.

 loslosch ergänzte dazu am 21.08.13:
interessantes detail, dass sich filbinger mit dem hinweis aufs militärstrafgesetz 1872 retten wollte. das war mir neu. aus heutiger sicht: filbinger war verlogen und schlitzohrig. als MP folgte ihm der 41-jährige späth nach, an schlitzohrigkeit ihm ebenbürtig.

das zahlenverhältnis hatte ich vermutet. aber nur 180 todesurteile im 1. weltkrieg überrascht mich. andererseits erklärlich, weil der 1. krieg als verteidigungskrieg empfunden wurde. großes hurrah und jubelgeschrei in berlin mitte 1914 bei ausrufung des krieges.
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