Der alte Stuhl

Erzählung

von  sensibelchen13

An der Wand des Nebengebäudes, das Papa vor einiger Zeit weiß gestrichen, stand ein alter Stuhl.
Mama hatte ihn angeschleppt. „Was willst du mit dem alten Ding?“ fragte Papa. „Das wirst Du schon sehen,“  gab sie ihm zur Antwort.
Er winkte ab und ging.  „ Immer dieser alte Plunder, “ murmelte er verstimmt vor sich hin.
Während der heißen Sommertage kümmerte sich niemand um den alten Stuhl.
Langsam aber neigte sich der Sommer seinem Ende zu und der Stuhl stand noch immer da. Papa nahm ihn und brachte ihn in das
Nebengegbäude.
„ Stell ihn wieder raus,“ rief Mama aus der Küche, „ich brauche ihn dieser Tage.“ Jetzt auf einmal, dachte er. Gutmütig wie er ist, holte er ihn wieder und stellte ihn an seinen alten Platz.
Als ich nun am Freitag aus der Schule kam, war der Stuhl auf einmal blau.
Ein schönes Blau, so gefiel er mir auch. Mit den drei gedrechselten Stäben in der Lehne und dem ebenfalls blau gestrichenen Peddigrohrsitz,  hatte er echt etwas.
„Nicht anfassen!“ kam Mamas Stimme aus dem Garten.  „Ist ja schon gut,“ sagte ich und nahm die Hände nach oben.
„Weshalb hast du ihn jetzt blau angemalt?“ fragte ich sie. „Ich werde ihn herbstlich schmücken.“ „Herbstlich schmücken, wie kommst du denn auf diese Idee?“
Sie tippte mit dem Zeigefinger an ihre Stirn. Da war mir klar, dass das mal wieder einer ihrer seltsamen Einfälle war. Widerspruch zwecklos.
„Am Samstag gehen wir zwei in den Wald,“ sagte sie zu mir „und sammeln einige Maronen und etwas buntes Laub. Danach basteln wir ihm ein wunderschön herbstliches Kleid.“
Am nächsten Morgen gingen wir also in den nahen Wald, der sich inzwischen schon rot, gelb und braun gefärbt hatte und sammelten einige Esskastanien und ein Körbchen bunten Laubes.
Aus unserem Garten nahmen wir noch verschieden große Kürbisse sowie
einige Äpfel, Birnen und Nüsse dazu.
Der Stuhl war zu einer Zierde unseres Hofes geworden, denn nicht wenige Spaziergänger blieben stehen und bewunderten Mamas ideenreiche Herbstkreation.


Anmerkung von sensibelchen13:

Oktober 2013

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Kommentare zu diesem Text


 Jorge (01.10.13)
Eine schöne und zeitgerechte Erinnerung an die Kindheit.
Herbstliche Grüße
Jorge

 sensibelchen13 meinte dazu am 02.10.13:
Danke, lieber Jorge. hier hat sich bereits herbstliche Kühle breitgemacht.

Lieben Gruß
Helga

 franky (01.10.13)
Hi liebe Gerda,

Eine schöne, farbenreiche Herbstgeschichte. Lässt in mir Bilder aus der Kindheit aufsteigen.

Liebe Grüße

Von Franky

 sensibelchen13 antwortete darauf am 02.10.13:
Hallo, Franky, meine Mutter wäre gestern 102 Jahre alt geworden. Da fallen einem schon solche alte Geschichten
ein. Danke, für Deine Zeilen.

Einen lieben Gruß
Helga

 EkkehartMittelberg (01.10.13)
Liebe Helga,
dein Text zeigt mir, dass man auch heute noch schlicht und einfach erzählen kann und darf, ohne viel stilistisches Brimborium und hergeholte Symbolik.
LG
Ekki

 sensibelchen13 schrieb daraufhin am 02.10.13:
Danke, Ekki, ich freue mich, dass es Dir gefallen hat und wünsche Dir einen wunderschönen Tag.

Helga
ichbinelvis1951 (64)
(01.10.13)
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 sensibelchen13 äußerte darauf am 02.10.13:
Das mag ja sein, lieber Klaus, aber Mamas Stuhl war
ein ganz altes Ding. Sie hatte diese Idee schon so etwa 1946, damals war man ehr auf "NEU" gebürstet.
Danke für Deine Zeilen.

Lieben Gruß
Helga

 AZU20 (01.10.13)
Gefällt mir. Ich schreibe gerade auch über meine Kindheit,lG

 sensibelchen13 ergänzte dazu am 02.10.13:
Freut mich, dass es Dir gefällt. Danke!
Wünsche Dir viel Spaß im Garten der Erinnerungen.

Lieben Gruß
Helga

 TassoTuwas (02.10.13)
Eine kleine Geschichte, liebevoll erzählt.
Sind es nicht die seltsamen Einfälle, die das Leben bunt machen wie diesen Stuhl?
Liebe Grüße TT

 sensibelchen13 meinte dazu am 02.10.13:
Ja, Mamas Ideenreichtum gestaltete meine Kindheit schon
sehr abwechslungsreich. Ihr gestriger Geburtstag hat mich mal wieder daran erinnert.
Danke für Deine Zeilen.

Lieben Gruß
Helga
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