Ode auf die Stille

Gedicht zum Thema Stille

von  EkkehartMittelberg

Stille, du sanfte Freundin der Nacht.
Wenn du dich hernieder senkst
und die schrillen Geräusche des Tages verschluckst,
tauche ich in dich ein.
Mein Puls und mein Herz schlagen langsamer,
ich sammle mich und gewinne Kraft
in deiner Hülle.

Wenn die ersten Morgengeräusche ertönen
und dich vertreiben,
bin ich nicht traurig, denn
ich weiß, dass du zuverlässig wiederkehrst
und mich aufs Neue umfängst.

Noch lebe ich gern und kämpfe mich
durch den lärmenden Tag,
aber ich weiß: Die Stunde wird kommen,
in der du bei mir bleibst,
die Rufe aller Begierden und Wünsche
zum Verstummen bringst
und es ganz still wird,
einfach nur
still.

© Ekkehart Mittelberg, Oktober 2013

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (25.10.13)
Vielleicht bin ich ein wenig zu jung dafür, aber ich finde das Ende ein wenig bedrückend. Da erinnere ich mich doch lieber an den Rat eines Professors während meinem Studium, der zum Thema Lektüre immer meinte."Nutzen sie die Stillen Stunden zwischen ein und vier Uhr!" Und er meinte nicht den Nachmittag...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Lieber Trekan,
gemessen an den schauerlichen Darstellungen des Hades in der Antike und der späteren deprimierenden Schilderung desselben im Inferno der Göttlichen Komödie Dantes ist Stille vielleicht gar nicht so bedrückend. Aber es sei fern von mir, dir dein Gefühl vorschreiben zu wollen. Ich kann nur von meinem reden.
LG
Ekki
(Antwort korrigiert am 25.10.2013)

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 25.10.13:
Verstehe mich nicht falsch, ich habe keine Angst vor dem Tod. Wie soll ich auch Angst vor etwas haben, dass ich nicht kenne. Ich mag ihn halt einfach nicht, was wohl daran liegt, dass ich ein neugieriger Mensch bin und das ich nicht die Zeit haben werde, alles (oder fast alles) kennenzulernen, dass ärgert mich halt. Genauso wie ein schöne Zugfahrt irgendwann vorbei ist.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 25.10.13:
Ich verstehe ich dich sehr gut, Trekan, vor allem auch deshalb, weil ich deine Neugier teile.

 IngeWrobel (25.10.13)
Das gefällt mir ... und hat mich dazu gebracht, ein Uraltwerk vorzukramen und einzustellen.
Deine Ode an die Stille gefällt mir, weil sie für mich jetzt nachvollziehbar ist.
Mein Ruf nach Stille entstand in einer Zeit, als die Hektik mich noch voll im Griff hatte - da war ich noch weit entfernt von der Abgeklärtheit des Alters. *lächel*
Liebe Grüße in die Nacht
von der Inge : )

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 25.10.13:
Merci, Inge. Du hast mich neugierig gemacht. Wo finde ich das
"Uraltwerk"? -------Kurz nach meiner Frage hattest du es gepostet. Jeder wird es finden.
Liebe Grüße zurück
Ekki
(Antwort korrigiert am 25.10.2013)

 susidie (25.10.13)
Sie wird bei dir bleiben, die Stille, wann auch immer du sie hören willst. Ausdrucksstark hast du Zeilen hinbekommen, die so viel sagen über DIE Stille. denn sie bleibt. Stillen Gruß von Su :)

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 25.10.13:
Grazie für diesen feinen Kommentar, Susi.
Damit die Ode nicht als Ausdruck von Traurigkeit gelesen wird, grüße ich fröhlich zurück.
Ekki

 susidie meinte dazu am 25.10.13:
Bin so vermessen zu sagen, ich weiß dich zu lesen in dieser Stille. Su :) - fröhlich - froh - dankbar - xxxx u know :)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Ja, du weißt mich zu lesen. Thx
Ekki
janna (66)
(25.10.13)
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Hasenvogel (43) meinte dazu am 25.10.13:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
@janna: Es freut mich, dass du die letzte Strophe als beruhigend empfindest, Janna. Mit dieser Absicht habe ich sie geschrieben.
@Hasenvogel: Nur mit Empathie kann man die Schönheit empfinden. "Draufhelfen" kann man niemandem.
Ich danke euch beiden.
LG
Ekki

 loslosch meinte dazu am 25.10.13:
ich seh das genauso. aber ohne die letzten drei wörter/ worte wärs - für mich - noch stärker gewesen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Lothar, schaust du bitte mal in deinen Kommentar unten. Dort findest du meine Begründung für die letzten drei Worte.
chichi† (80)
(25.10.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Merci, das freut mich, Gerda. Vielleicht ist die Ansprache bei dir etwas leichter, weil wir der andauernden Stille näher sind.
LG
Ekki

 Dieter Wal (25.10.13)
Eins meiner Lieblingsgedichte:

Alfried Lehner: ORPHEUS

In der Sommerabendstille
steh ich einsam auf dem Feld,
lausche dem Gesang der Grille,
der sich eben eingestellt.

Da hat sacht mit jenen Tönen
Orpheus' Stimme sich vermählt;
will behutsam mich versöhnen
mit der Unruh dieser Welt.



Aus: In bin eine Stufe, Gedichte 1988
(Kommentar korrigiert am 25.10.2013)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Das gefällt auch mir, Dieter. Es gibt Laute, wie zum Beispiel der Gesang einer Grille, welche die sie umgebende Stille durch den Kontrast besonders spürbar werden lassen.
Gracias
Ekki
Fabi (50)
(25.10.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Ja, vielen Dank, Fabi. So möchte ich es verstanden wissen.
Liebe Grüße
Ekki
Fabi (50) meinte dazu am 27.10.13:
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 AZU20 (25.10.13)
Die Stille liebe ich auch, auch wenn ich nicht gern an die letzte Stille denke. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Danke, Armin. Ohne einen besonderen Anlass durch irgendeine Krankheit denke ich in letzter Zeit öfter daran und stelle fest, dass das Beklemmende dieses Gedankens sich allmählich verliert.
LG
Ekki
LancealostDream (49)
(25.10.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
"Am Ende hat die Stille immer den längeren Atem". ---Eine sehr originelle Metapher, Lance. Gracias.
LG
Ekki

 loslosch (25.10.13)
ich habe mental experimentiert und mir vorgestellt, die überschrift hieße "ode an den mond". die ersten beiden strophen würden passen.

wie gesagt, ohne dIe letzten drei wörter fände ich den schluss stärker.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Danke, Lothar. Du kennst mich gut und weißt, dass ich mir bei den letzten drei Worten etwas gedacht habe: Wenn du die letzte Strophe sprichst, wirst du merken, dass mit ihnen der Rhythmus ausläuft, gleichsam in der betonten Stille mündet. Auch inhaltlich ist für mich die variierte Wiederholung wichtig. Ich will damit sagen, dass diese totale Stille ("ganz still") als positives Ende allen irdischen Treibens keiner besonderen Rechtfertigung und weiteren Zugabe bedarf: "einfach nur still".

 loslosch meinte dazu am 25.10.13:
still am schluss ist betont. ohne die letzten 3 wäre der schluss unbetont. als stilmittel wirkt es überbetont, wie laute stille - als wärs ein oxymoron. offenbar bin ich ein einsamer rufer (in die stille).

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Warum soll den "still" am Schluss nicht betont sein? Aus meiner Sicht ist der Vergleich mit dem Oxymoron bisschen hergeholt.
Mit scheint, wir reden über eine Geschmacksache.
De gustibus non est disputandum.

 loslosch meinte dazu am 25.10.13:
sagen wirs anders: der leser hat am schluss nichts mehr zum kauen. wäre da ein stilmittel, etwa eIn oxymoron, wärs ok.

 irakulani (25.10.13)
Ein wunderbares Gedicht, lieber Ekki. Gleichzeitig traurig und tröstlich.
Das allnächtliche (Ver-)Sinken in den Schlaf, und die Paralle zum "ewigen Schlaf", dem Tod, ist vielfach besungen - aber nicht von der Hand zu weisen.
So wie du es beschreibst, lieber Ekki, klingt es dennoch tröstlich. Irgendwann ist der Mensch an einem Punkt, an dem er sich nur noch nach Stille sehnt, an dem der Trubel des (All-)Tages nur noch als Last empfunden wird.
Das beschreibt eine Sehnsucht nach dem Tod, nicht aus Krankheitsgründen heraus, sondern einfach nach einem gelebten Leben. Dieses Loslassen, sich dem Schlaf, der Stille zu überlassen hat etwas ungemein Tröstliches für mich - weil es auch die Bereitschaft dazu signalisiert.

Herzliche Grüße,
Ira

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Diesem Kommentar habe ich nichts hinzuzufügen, Ira, außer "gracie especiale".
Herzliche Grüße
Ekki
Anne (56)
(25.10.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Vielen Dank, Anne. Wie du unten siehst, wird der Tod in der Literaturgeschichte tatsächlich als Freund bezeichnet. Naja, man muss vielleicht ein bisschen Kommunikation mit ihm trainieren, bis man dazu in der Lage ist.
Liebe Grüße
Ekki
http://de.wikipedia.org/wiki/Freund_Hein
(Antwort korrigiert am 25.10.2013)
P. Rofan (44)
(25.10.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.13:
Flaschenpost aus Sibirien. Eingefroren?
MarieM (55)
(26.10.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.10.13:
Grazie für dein nachdenkliches Lesen, Marie.
Weiter oben bei Loslosch habe ich begründet, weshalb ich auf "ganz" und "einfach" nicht verzichten will.
Für "ganz" gibt es noch eine weitere Begründung. Wenn es in einer Großstdt und teilweise auch auf dem Lande um Mitternacht still wird, hörst du in der Ferne immer noch das leise Rauschen des Verkehrs, das nie ganz verschwindet. Die allnächtliche Stille ist also relativ. In der Schlussstrophe ist von der totalen Stille die Rede.
Herzliche Grüße
Ekki
MarieM (55) meinte dazu am 26.10.13:
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 moonlighting (26.10.13)
Lieber Ekki,
danke für deine tiefsinnige Ode auf die Stille.

LG
Moon

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.10.13:
Merci, es freut mich sehr, dass sie dir gefällt, Moonlight.
LG
Ekki
P. Rofan (44) meinte dazu am 26.10.13:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.10.13:
Überschätze mich nicht, Aron.
Pocahontas (54)
(01.11.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.13:
Grazie, Sigrun, das freut mich sehr.
Ein heiteres Wochenende auch für dich.
Herzliche Grüße
Ekki
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