Niederlagen

Kurzgeschichte zum Thema Kinder/ Kindheit

von  WortGewaltig

Niederlagen schmecken bitter. Man kann es drehen und wenden wie man es will. Schönreden um den Schmerz nicht zu spüren. Es bleibt immer das Ergebnis übrig. Soll mir niemand erzählen dass man daraus lernen kann. Das einzige was man daraus lernt ist das man sie nur so lange verdrängt bis man das Ergebnis ändern kann. Das ist weder Bitternis noch Wehmut. Das ist die Wahrheit.

Kinder messen sich immer. Im Rennen, im Spiel. Wer kann höher, schneller, weiter. Sie würden bis in den Himmel fliegen wenn sie es könnten. Ob man da verbrennt, wen interessiert das schon. Wenn man keine Konsequenzen kennt muss man sie auch nicht fürchten. Wir haben uns gemessen, jeden Tag, gar jede Minute. Wir waren Freunde und Gegner zugleich. Wer weiß mehr, wer kann mehr. Aber es gab keine Niederlagen, nur Ansporn es das nächste Mal besser zu machen. Es gab nur Spiel. So vergeht Kinderzeit.

Ich kann nicht mit Gewissheit sagen wann sich dieses Gefühl ändert. Aber es änderte sich. Auf einmal war es verbissener. Die Intensität veränderte sich. Beim Fußballspielen wurde härter gefoult. Beim Rennen waren Tränen das Resultat wenn der andere schneller war. Es begann weh zu tun. Egal, auch damit musste man klar kommen. In der Kinderwelt sind die Regeln grausam und damit ging man auch nicht zu Erwachsenen. Die verstanden eh nichts.

Womit der Streit angefangen hatte weiß ich nicht mehr. Mein bester Freund und ich stritten öfter. Genauso oft wie wir uns wieder vertrugen. War halt so. Wir brauchten auch nicht immer einen Grund, weder fürs streiten noch fürs vertragen. War halt so. Dieses Mal war es aber nicht so. Wir standen uns gegenüber. Beim Spielen und messen war mal der eine, mal der andere der Gewinner. Wir waren gleich alt, wir gingen in dieselbe Grundschule. Wir teilten uns die Zeit und die Orte. Und trotzdem belauerten wir uns in diesem Augenblick wie wir langsam umeinander herum schlichen. Wir waren alleine. Es gab keine Zuschauer. Niemand der uns anfeuerte oder zurück halten konnte. Beide waren siegessicher und mutig. Wir stürzten uns aufeinander und tatsächlich war mal der eine, mal der andere im Vorteil. Bis sich die Waage zu ihm neigte. Ich lag im Schwitzkasten und hatte keine Chance mehr aber… etwas war anders. Ich wollte nicht aufgeben. Wollte und konnte mir die Niederlage nicht eingestehen und bemerkte dass mein Freund den Sieg auskosten wollte. Das gab beiden eine ungeheure, zusätzliche Kraft. Wir zerrten beide, kämpften bis zur Erschöpfung. Und ich hatte zuerst keine Kraft mehr. Irgendwann ließ er mich. Und danach war alles anders. Wir sprachen nicht, wir gingen einfach unserer Wege. Ab diesem Moment jeder für sich alleine. Am nächsten Tag wechselten wir stillschweigend unsere Plätze in der Schule, die lange Zeit nebeneinander waren. Es war kurz  vor den Sommerferien und nach den Sommerferien gingen wir auf unterschiedliche Schulen. Wir haben ab diesem Zeitpunkt nie wieder ein persönliches Wort gewechselt und ich hab ihn später aus den Augen verloren. Nur eins ist geblieben. Das Gefühl zum allerersten Mal eine Niederlage eingesteckt zu haben die haften blieb.

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Kommentare zu diesem Text

Laudalaudabimini (59)
(18.11.13)
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 WortGewaltig meinte dazu am 18.11.13:
öh - ja *g - danke fürs *
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