Eine Party im Hexenhäuschen

Erzählung zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Mike und Uli hatten mir beim Abschied geraten, mich eng ans Jesus-Haus zu halten. "Das sind gute Leute, die dir im Glauben weiterhelfen können", hatte Mike gesagt. Und Uli hatte hinzugefügt: "Du bist noch ein Babychrist um brauchst gute geistliche Nahrung, um im Glauben zu wachsen. Dort bekommst du das!"
  Ich hielt mich an diesen Rat, und und tauchte so oft es ging im Jesus-Haus auf. Wochentags gab es da das ein oder andere zu tun und am Wochenende fanden ja die Gottesdienste statt.
    Ich genoss diese Zeiten, Bibelworte, Predigten, aber auch praktische Glaubenstipps auf wie ein völlig ausgetrockneter Schwamm.

Eines Abends nach einer Veranstaltung im Jesus-Haus kam ich auf dem Heimweg am „Hexenhäuschen“ 1 vorbei und sah, dass dort der ganze Garten voller Menschen war. Musik, lautes Reden und fröhliches Lachen erfüllte die Luft.
    Ich hielt Ausschau nach Michael, dem Esoteriker, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Damit hatte sich die Sache für mich eigentlich schon erledigt. Partys waren noch nie so recht mein Fall gewesen und jetzt als Christ kam so etwas eh nicht mehr für mich in Frage. Obwohl, war Jesus mit seinen Jüngern nicht auch zu den „Sündern“ gegangen und hat an deren Festivitäten teilgenommen, zum Beispiel bei der Hochzeit zu Kanaan? 2
    Einen Moment lang zögerte ich. Dann gab ich mir einen Ruck, schloss mein Fahrrad an einen Laternenpfahl und öffnete die Gartenpforte.

Nachdem ich mir einen Weg durch den Garten gebahnt hatte, sah ich plötzlich Michael auf einer kleinen Bank direkt neben dem Hauseingang sitzen. Er hielt ein Glas Bier in der Hand und hatte die Augen geschlossen. Meditierte er? Ich stupste ihn an und sofort schlug er die Augen auf.       
  „Hallo“, sagte ich. „Big Party heute?“ Michael lächelte und sagte: “Ach, du bist es! Lange nicht gesehen. Komm, setz dich her." Er wies auf den freien Platz neben sich. "Aber hol dir erst einmal ein Bier!“
 
Ich ging rüber zu einem in der Nähe stehenden Bierfass, füllte mir ein Glas voll und setzte mich neben ihn. "Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?“ fragte er. „Beim letzten Mal, als wir uns gesehen haben, hast du mir von dem Tischchenschreiben 3erzählt. Machst du das immer noch?“
  Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das war ein gefährlicher Irrweg! Ich habe damit aufgehört. Ich bin Christ geworden!“
    Einen Moment lang schaute er mich erstaunt an, dann sagte er gedehnt: „Du bist Christ geworden?“         
  „Ja“, entgegnete ich. „Es ist wirklich viel passiert in der Zwischenzeit. Erst einmal hat mich das Tischchenschreiben in des Teufels Küche gebracht, und dann hat Gott mir aus der Patsche geholfen. Und so bin ich Christ geworden.“
    „Halt, halt,“ unterbrach er mich lachend. „Ich zapf mir jetzt noch ein frisches Bier und dann erzählst du mir die Geschichte ganz in Ruhe.“ Er stand auf und ging zu dem Bierfass.

Als er sich wieder neben mich setzte, begann ich zu erzählen. Erst einmal von meinen Erfahrungen mit dem Tischchenschreiben und dann von den wundersamen Ereignissen auf dem Kirchentag4. Am Ende sagte ich: „Trotz der schlimmen Erfahrungen, das war das Beste, was mir jemals passiert ist!“
    Michael hatte aufmerksam zugehört und schwieg nun erst einmal. Dann sagte er plötzlich: „Das ist wirklich eine außergewöhnliche Geschichte. Und du hast viel Glück gehabt.“
    „Glück?“, entgegnete ich. „Das war kein Glück. Jesus hat mir geholfen!“
Michael schwieg einen Moment. Dann erhob sich von der Bank: „Du bist auf jeden Fall heil aus der Geschichte herausgekommen. Vielleicht ist die Sache mit Jesus für dich ja genau das Richtige. Auf jeden Fall besser als die Sache mit dem Spiritismus. Das hatte mir von Anfang an nicht gefallen. So, jetzt komm! Ich möchte dich meiner Nachbarin vorstellen.“
    Ich kannte Michael gut genug um zu wissen, dass das Thema für ihn nun beendet war. So erhob ich mich ebenfalls und folgte ihm ins Haus.

Wir fanden Michaels Nachbarin, eine hübsche, dunkelhaarige Frau, am Küchentisch sitzend. Michael stellte mich  vor: „Claudia, das ist der Heiner! Ich habe dir schon mal von ihm erzählt.“
    „Ah, du bist also  Michaels esoterischer Freund“, sagte sie mich freundlich anlächelnd.  „Hm, das kann man so nicht sagen,“ entgegnete ich vorsichtig. "Ich bin kein Esoteriker mehr!"„
    Er ist nämlich jetzt Christ geworden!“, ergänzte Michael.
  „Ach, wie ist das denn gekommen?“, fragte Claudia neugierig.  Ich zögerte einen Moment. Aber Michael sagte: „Eine wirklich spannende Geschichte. Besonders die Sache mit den Geistern!“
    „Mit den Geistern?“ fragte Claudia gedehnt nach. „Komm setz sich. Das interessiert mich!“ Während ich mich neben sie auf einen Stuhl setzte, sah ich Michael grinsen: „Ich glaube, ich lasse euch beiden besser mal alleine.“

So erzählte ich nun auch Claudia meine Geschichte. Als ich von meinem spiritistischen Kontakt mit den „Verwandten“ via Tischchenschreiben sprach, unterbrach sie mich: „Das kenne ich. Meine verstorbenen Verwandten sind auch immer um mich. Ich unterhalte mich öfters mit ihnen und frage sie um Rat.“
  Ich schaute  sie ernst an. „Oh, das solltest du besser nicht tun! In Wirklichkeit war ich ja gar nicht mit meinen verstorbenen Verwandten Kontakt.“
  Sie  blickte mich irritiert an: „ Aber wieso denn nicht?  Du hast doch gerade erzählt, dass du sie gerufen und sie dir geantwortet haben!“ „Gut“, sagte ich, „ich greife jetzt einmal etwas vor. Ich hatte mit dämonischen Geistern Kontakt, die sich als meine verstorbenen Verwandten ausgegeben haben!“
    Sie blickte mich verblüfft an. Dann sagte sie lachend „Das ist doch Quatsch. Um mich herum sind auf jeden Fall gute Geister. Es sind meine Verwandten oder gute Engel!“
   
Ich spürte, dass ich sie nicht würde überzeugen können. Trotzdem sagte ich: „Du irrst! Auch deine Geister sind Dämonen, die dich täuschen! Es tut mir leid, aber das ist die Wahrheit! Wir sollten zu Gott beten, aber nicht mit Engeln oder Verstorbenen Kontakt aufzunehmen versuchen.“
  Ihr bislang freundliches Gesicht blickte mich nun ernst an. Eine schwarze Katze huschte ins Zimmer und sprang auf ihren Schoß. Claudia begann sie zu streicheln und schüttelte dann den Kopf: „Du magst schlechte Erfahrungen gemacht haben, aber ich habe nur gute Erfahrungen gemacht! Und dabei sollten wir es dann jetzt auch belassen.“
Sie ließ die Katze wieder herunter und stand auf: "Lust zu tanzen?“, fragte sie. "Nimm es mir nicht übel“, entgegnete ich. „Aber es ist schon spät und ich muss morgen früh raus!“ „Na gut“, sagte sie, „dann bis vielleicht auf ein anderes Mal.“
    Ich nahm mir noch ein Mettbrötchen und ging durch den Garten hinaus in die Nacht. So schnell werde ich dieses Haus wohl nicht mehr betreten. dachte ich, froh wieder alleine zu sein.


Anmerkung von Bluebird:

Folge 9 meiner autobiografischen Kurzgeschichten-Sammlung und Fortsetzung von meiner autobiografischen Bekehrungsgeschichte  hier aus dem Jahre 1985

1     Hexenhaus
2  Johannes 2,1-12
3   In regelmäßigem Kontakt
4     Kirchentagsbeginn

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(06.01.14)
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 LotharAtzert meinte dazu am 06.01.14:
Ach das ist aber ein exclusives Treiben - warum gibt es die Zen-Geschichte ausgerechnet nur für einen Christen?
Das ist ja, wie wenn man in einer Gruppe Kinder sagt: "komm mit, Fritzchen, ich hab zuhause was leckeres für uns beide ..."

 Bluebird antwortete darauf am 07.01.14:

(Antwort korrigiert am 07.01.2014)

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 07.01.14:
Ich möchte die Zen-Geschichte gerne an dieser Stelle lesen!
Graeculus (69) äußerte darauf am 07.01.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bluebird ergänzte dazu am 08.01.14:
file:///C:/DOKUME~1/SCHACH~1/LOKALE~1/Temp/sv380m7f.tmp/sv5i1rcf.tmp/Wonhyotex.htm
(Antwort korrigiert am 08.01.2014)

 Dieter Wal meinte dazu am 15.01.14:
Danke, Graeculus. Super Story.
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