Wolkenbruch

Erzählung zum Thema Abschied

von  Nora

Es war jener Tage im Juli, in denen die Luft so trocken ist, dass man die Hitze über den Feldern spürbar sieht. Dieses sanfte flackern und flimmern. Erinnerst Du Dich?

Wir gingen nebeneinander her, nein wenn ich es recht bedenke, ging ich einen Schritt hinter Dir. Wie so oft in letzter Zeit. Lange schon hatten wir uns nichts mehr zu sagen und nur das Summen der Bienen in den wildwachsenden Blumen am Wegesrand und das Fiepen der Grillen im hohen Gras abseits des Weges begleitete unsere kurzen Schritte. Es fiel mir schwer zu atmen, die Luft legte sich wie eine Bleischürze auf meine Brust und die Wärme des Tages umhüllte mich. Heute wehte kein Wind. Kein Luftzug, der die Schweißperlen von meiner Stirn mit sich trug und mit ihnen das Wissen, dass nicht nur dieser Weg, dieser Tag, nein, dass auch Wir heute ein Ende finden würden.

Die einst so schützend wirkenden Birken erschienen mir heute so majestätisch, so ehrerbietungswürdig. Sie machten mir Angst. Doch es gab keine Hand, nach der ich greifen konnte. Da war kein Arm, der sich schützend um mich schlang, der mir Sicherheit gab. Meine Füße schmerzten, seit der Weg uns an dem kleinen Bachlauf vorbei geführt hatte. Dort, im kühlenden Wasser liebten wir uns einst. Erinnerst Du Dich?

Oft gingen wir gemeinsam hier spazieren, Hand in Hand. Ohne Ziel, einfach und spontan aufs gerade Wohl hinaus in diese Welt, die uns gehörte. Wir fühlten, wir spürten, mit all unseren Sinnen waren wir eins. Damals...

Heute gehst Du vor mir und alles was ich sehe ist Dein Rücken. Dein T-Shirt vom Schweiß getränkt. Ich betrachte Dich. Nehme Dich ganz und gar wahr, wie an all jenen Tagen, die uns gehörten; wie an all jenen Tagen, in denen Du zu mir gehörtest.

Ich fühle mich gestrandet in der Zeit. Das Ende der Welt ist ein Feldweg ins Irgendwo! Ein Feldweg ins Nichts! Ins Nirgendwo!
Steinig, staubig... schmutzig.

Roter Klatschmohn, ja es war roter Mohn den Du mir bei unserem ersten Treffen schenktest. Ich erinnere mich genau. Du standest vor mir, zitternd, ein wenig schüchtern. In einer Hand die wunderschöne Mohnblume - ich hab sie später zum trocknen in ein Buch gelegt, dort liegt sie noch heute - in der anderen Hand ein Weidenkorb. Eine rote Decke hattest Du Dir über die linke Schulter gelegt und mich hierher entführt. Stundenlang lagen wir im Gras und redeten über unsere Träume. Lang ist das alles her und doch fühlt es sich an, als wäre es erst gestern gewesen. Gestern, als Du mir in tief Augen schautest, wir uns küssten, liebten und unsere Träume teilten.

Deine Schritte werden schneller und leicht legt sich der Staub auf Deine Schuhe nieder. Ich folge Dir - wie ich Dir immer folgte. Du kennst den Weg. Zumindest dachte ich das.
Hinter der nächsten Biegung wartet die kleine Holzbank auf uns und mit ihr das Ende unseres Weges.

Mit jedem Deiner Schritte schlägt mein Herz schneller und nun kann ich die Bank sehen. Hinter ihr die Kreuzung - zwei Wege - zwei Richtung für zwei Menschen, die sich entliebt haben.

An der Bank angekommen, drehst Du Dich um und schaust mir in die Augen. Doch diesmal ist es nicht wie damals. Wir ringen um Worte. Die Luft wird schwerer und schwerer. Mein Blick senkt sich, fällt hinab in den Staub.

"Es ist besser, wenn...." höre ich Dich sagen, als Deine Worte von einem lauten Knall unterbrochen werden... und so wie mein Herz in diesem Moment bricht, so brechen auch die Wolken auf.. Es regnet! Du schaust mich ein letztes Mal an, spannst Deinen Schirm auf und gehst. Ich bleibe im Regen zurück!

Doch endlich kann ich weinen, den Boden mit Salz nähren auf das etwas Neues erwächst... und mit einem Lächeln im Gesicht beginne ich zu tanzen!

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Kommentare zu diesem Text


 susidie (06.01.14)
Ich mag es, wie du schreibst. Wie du erzählst. Diese, eine Geschichte, die so oder in ähnlicher Art ja immer wieder stattfindet. Du hast ihr eine sanfte Note gegeben.

Ich folge Dir - wie ich Dir immer folgte. Du kennst den Weg. Zumindest dachte ich das.
Da sehe ich oft den "Denkfehler" in Beziehungen. Ich folge dir, mhm, welchen Weg, mein, dein, sein, unser, gibt es DEN Weg?

Der Schluß ist klasse. Ja, voller Mut und ein Ich ist da.

und mit einem Lächeln im Gesicht beginne ich zu tanzen!

Sternchen, ja, absolut. Gruß von Su :)

 Nora meinte dazu am 06.01.14:
Liebe Su,

und erneut freue ich mich wahnsinnig über Deinen Kommentar.. ja, genau so sehe ich das auch mit dem "Denkfehler"... oftmals folgen wir, ohne zu wissen wohin.. es ist so leicht sich in Beziehungen zu verlieren, selbstverständlich folgend zu werden... alltäglich zu sein... Vielen lieben Dank!! :)
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