Wie man sich ins eigene Fleisch schneidet

Anekdote zum Thema Gewalt

von  loslosch

Ipse mihi asciam in crus impegi (Petron, ~14 n. Chr. bis 66 n. Chr.; Cena Trimalchionis - Das Gastmahl des Trimalchio). Ich habe mir selbst mit der Axt ins Bein gehauen.

Modern: Man hat sich ins eigene Fleisch geschnitten. Will sagen, man hat sich verkalkuliert. Im Rosenkrieg greift das Kalkül noch tiefer. Der körperlich schwächere Partner, in aller Regel die Frau, versucht, die Schwäche in Stärke umzumünzen. Und das geht so: Im Szenario der unter einem Dach getrennt Lebenden hantiert der Scheidungskandidat mit dem Küchenmesser, um das Gemüse zuzuschneiden. Die Scheidungskandidatin, "zufällig" ebenfalls im Kücheneinsatz, kippt wie der Deus ex Machina einen Schwall Wasser über die wuselnden Hände. Diese zucken reflexartig, der Beträufelte, Betropfte schüttelt seine Hände, in der einen das verflixte Küchenmesser, Richtung Störquelle. Das Wasser soll dorthin zurück, wo es herkommt.

So weit, so gut. Oder so schlecht. Den Wassergeplagten befällt nach einiger Zeit eine dunkle Ahnung. Soll das alles gewesen sein? Anderntags telefoniert er mit seinem Sohn, stellt überfallartig die Frage: Hat dir deine Mutter von einer Messerattacke berichtet? - Ja, du hättest sie mit dem Messer bedroht. - Und du hast mir das nicht mitgeteilt! - Ich habe dem keine große Bedeutung beigemessen. - Das werde ich jetzt meinem Anwalt melden. (Und so fort. Mit der Bitte um Benachrichtigung der lieben Mutti.)

In späteren Gerichtsterminen kommt diese Episode erwartungsgemäß nicht zum Tragen. Wie reagieren Richter auf Grusel- und Gräuelgeschichten über Gewaltandrohungen, wenn keine Zeugen verfügbar sind? Spricht die physisch größere Kraft der beschuldigten Seite für den Wahrheitsanspruch der körperlich schwächeren Partei?

Wie können Menschen sich derart ins eigene Fleisch schneiden!


Anmerkung von loslosch:

Weiterführendes zur Thematik:

 hier.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (07.01.14)
Dann doch lieber Sauerbraten schneiden...
oder:
Die Axt im Haus erspart vielleicht den Zimmermann, aber nicht den Anwalt. Und wo ich gerade bei Zimmermann bin: Jesus hilf!

 loslosch meinte dazu am 07.01.14:
sein stiefvater soll zimmermann gewesen ein. das verständnis des textes wird vertieft, wenn du den link in der anm. öffnest.

 EkkehartMittelberg (07.01.14)
Tja, warum schneidet man sich ins eigene Fleich? Nehmen wir Idioten und Sadomasochisten aus, warum tun es dann die sogenannten Normalen? Ich finde zwei Erklärungen: Es kann eine reflexartige Reaktion sein (wie von dir beschrieben) oder der psychische Druck ist so stark, dass der Handelnde die Selbstkontrolle verliert.
Dieser Text wird mich noch länger beschäftigen.
t.t.
Ekki

 loslosch antwortete darauf am 07.01.14:
ins eigene fleisch schneiden als metapher!

ich schätze, dass in einschlägigen kaffeerunden modelle von gewaltinszenierungen ausgetüftelt werden. in dem link der anmerkung steht einiges, leider nichts über meine vermutung. t.t. lo

 ViktorVanHynthersin (07.01.14)
Wahlweise: Wer sich ins eigene Fleisch schneidet, gräbt sich selber eine Grube.
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch schrieb daraufhin am 07.01.14:
exactly so. auch sentenz-technisch.

ich hätte ja sooo gern, dass alice schwarzer meinen text lobt ... lo
Karmesin (20)
(07.01.14)
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 loslosch äußerte darauf am 07.01.14:
merkel geht mit krücken. es geht so.
Manon.Moony (38)
(07.01.14)
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 loslosch ergänzte dazu am 07.01.14:
lost time ...
Manon.Moony (38) meinte dazu am 08.01.14:
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Graeculus (69)
(08.01.14)
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 loslosch meinte dazu am 08.01.14:
"Wenn eine Frau ihren Mann schlägt, sagt man: Was muß die Frau unter ihrem Mann gelitten haben!"

bei diesem satz möchte man lachen und weinen. bitte über die wohnungstür von alice schwarzer hängen. es soll ja anwälte geben, die im schriftsatz formulieren: meine mandantin leidet unter dieser scheidungsdebatte. (ob das auch ein anwalt über seinen mandanten schreiben würde?)
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