Die Wiederkehr

Erzählung zum Thema Magie

von  Mehrmeerland

Savitsch war wieder da. Wie immer tauchte er in solchen Situationen auf. Er schien sich an seinem Unglück zu weiden. Doch an ihn gewöhnen wollte Roebruk sich nicht, nicht solange er das Meer riechen konnte. Die Dunkelheit der Nacht verstärkte dessen Rauschen noch. Auch das kraftvolle Krachen erreichte seine Ohren, jenes, wenn die Wellen brachen, auf den Strand aufliefen, für einen kurzen Moment inne hielten und sich dann wieder auf den Weg zurück machten um irgendwann vielleicht wiederzukehren. Sie hinterließen jenes salzige Aroma, das ihn immer ganz gefangen nahm. Und zuweilen brachten sie sogar eine einzelne Golddublone mit sich...

Doch heute Nacht würde das nicht geschehen, denn Savitsch war wieder da. Roebruk war sich auch ziemlich sicher, dass er das Boot fortgeschafft hatte. Das Buch würde er ihm aber nicht überlassen. Natürlich tat er so etwas nur zu seinem Besten. Savitsch selbst hätte behauptet, er sei ein Schutzengel. Schutzengel...? Pah! Zum Teufel mit ihm!

Der Wind heulte bedrohlich zwischen dem Bäumen. Eine kalte Böe wehte herbei und flüsterte Roebruk ins Ohr, dass der Kobold wiederauferstanden sei. Aber das konnte gar nicht sein. Nein, denn sonst wäre ja Savitsch nicht hier gewesen.

Bis Mitternacht hatte keiner von beiden etwas gesagt. Roebruck starrte auf das Meer und tat so, als ob Savitsch nicht da sei und der beobachtete nur. Er beobachtete ihn ständig.
  „Was willst du?“, knurrte Roebruk schließlich, die Stille brechend.
  „Das weißt du ganz genau“, war Savitschs Antwort.
  „Leck mich! Ich komme nicht zurück.“
  „Immer noch auf der Suche nach deinem heiligen Gral?“
  „Es ist nicht mein heiliger Gral. Aber ich erwarte nicht, dass du das verstehst, schließlich bist du kein Ritter, du Wurm!“
  Savitsch seufzte. „Aber war es denn wirklich nötig den Kobold zu erschlagen?“
  „Er war ein Kobold und ein Lügner und er hatte das Buch. Das durfte auf keinen Fall meinen Feinden in die Hände fallen. Schlimm genug, dass er schon darin gelesen hat. So ist meine ganze Fahrt in Gefahr...“
  „Deine Fahrt...“, unterbrach ihn Savitsch belustigt.
  Da sprang Roebruk auf und wandte sich dem Spötter zu. Seines Vatervaters Schwert hielt er in der Hand. Aber natürlich war Savitsch nicht ohne seinen Schild gekommen. Weil ein vereinzelter Strahl des Mondlichts seinen Weg durch die Wolkendecke gefunden hatte, konnte Roebruk das genau erkennen.
  „Ja, meine Fahrt! Denn ich habe eine Aufgabe übernommen. Ich lebe nicht nur stur vor mich hin, benebelt von den Nichtigkeiten. Ich bin ein Ritter, ein Krieger. Ich kämpfe aufrecht für das Wahre. Und nur weil ich mal einen Niederlage einstecken muss, gebe ich nicht gleich auf. Ja, selbst wenn ich nur Niederlagen erleiden müsste und nichts anderes, ich würde wieder aufstehen. Denn ich bin Roebruk! Ich gehe lieber mit dem Schwert in der Hand unter, als mich blöde dem Diktat zu beugen!“
  Nun lachte Savitsch laut auf. „Nur weil ich mal eine Niederlage einstecken muss? Roebruk, dein ganzes Leben ist eine einzige Niederlage. Dass musst du doch einsehen.“
  Das war zu viel. Außerdem war es dumm, schließlich gehörten auch Leiden zu den Prüfungen, denen ein Ritter sich stellen musste. Doch davon verstand Savitsch natürlich nichts.
  „Du Arschnase!“, brüllte Roebruk. „Willst du meine heiligen Aufgaben schmähen? Ist das alles, was du kannst? Spotten, nichts tun und in ermüdender Belanglosigkeit vergehen? Natürlich ist das alles, denn du bist ja, was du bist. Die Arschnase fällt eben nicht weit vom Arschnasenbaum. Ersaufen sollst du in deinem farblosen Glück. Aber ich werde große Taten vollbringen, werde finden, was noch niemand vor mir gefunden hat und wenn ich dafür alle Kobolde der Welt erschlagen muss!“
  Da konnte Savitsch nicht anders. Er musste herzhaft weiterlachen. Und Roebruk erfasste rasende Wut. Er hob sein Schwert, seines Vatervaters Zorn war bei ihm und er schlug auf Savitsch ein.

Bomp. Bomp. Bomp.

Der konnte gerade noch den Schild heben. Er ächzte und stöhnte. Dieses Mal hatte er den Ritter unterschätzt. Roebruk würde siegen. Und Savitsch wäre um eine Hoffnung ärmer.

Bomp. Bomp. Bomp. Bomp.

Doch dann erfüllte ein Blitz den Himmel. Für einen kurzen Moment beschien sein helles Licht alles um sie herum, die Insel, den Inselwald, den Stein, auf dem Roebruk gerade noch gesessen hatte, das Meer, ja, selbst das kleine Holzboot, das wie von Zauberhand wieder da war, wo er es auf den Strand gezogen hatte.

Nur Savitsch, der war fort, fort mitsamt seinem Schild.

Doch Blitz und Licht vergingen und die Dunkelheit eroberte Himmel und Erde zurück. Alles wäre wie in jeder Nacht gewesen, hätte es da nicht diesen kleinen leuchtenden Ball gegeben, der, sonnengleich, weit am Horizont auszumachen war. Roebruk ließ das Schwert sinken und betrachtete ihn. Er legte den Kopf zur Seite und kratzte sich am Kinn, konnte es aber nicht leugnen. Der Ball kam näher!

Schnurstracks flog er auf die Insel zu, wurde größer und größer und heller und heller, doch die Dunkelheit wehrte sich noch standhaft gegen ihn, was aber nicht wichtig war. Einem Feuerball wurde er immer ähnlicher und war schließlich einer, heiß, lodernd, gefährlich und vertraut zugleich.

So sehr hatte Roebruk den Himmel betrachtet, dass er nicht sah, was um ihn herum geschah. Ein Dutzend Kobolde hatten ihn umringt. Es waren grimmige kleine Kerle mit schweren Panzerhemden und Krummschwertern in den kampferprobten Händen. Der Durst nach Rache zeichnete ihre Gesichter und ihre langen grauen Ohren zitterten vor Wut auf Roebruk.

Es waren zu viele Feinde für ihn, doch er würde nicht als Feigling gehen. Einige der Kobolde würden ihn begleiten. Nur das seine Fahrt hier ein Ende finden sollte, war bedauerlich.

Diese oder ähnliche Gedanken gingen durch Roebruks Kopf, als der Feuerball über ihm mit einen ohrenbetäubenden Krachen auseinanderbrach. Eine Kaskade von Licht erfüllte den Himmel, blendete Ritter und Kobolde, so dass sie innehalten mussten. Viele kleine Flammen aus heißem Feuer verteilten sich über der Insel, nur um dann über dem Strand wieder aufeinanderzutreffen. Und als sich ihre Kräfte vereinten, gebaren sie den Drachen. Er breitete die Flügel aus. Von einer Spitze zur anderen maßen sie fast 100 Ellen. Stolz wölbte er seine Brust und seine blauen Augen funkelten. Seine Schuppenhaut schützte ihn, denn sie war hart und verwachsen und sein Antlitz war furchtbar zu schauen. Doch hatte er es nicht auf Roebruk abgesehen. Mit seinem heißen Atem und den messerscharfen Klauen erlegte er einen Kriegerkobold nach dem anderen, bis sie alle tot auf dem Strand lagen. Danach ließ er sich auf dem Felsen nieder, auf dem Roebruk die halbe Nacht lang gesessen hatte und fasste den Ritter ins Auge. Der hatte keine Angst, doch irgendetwas war anders als sonst, auch wenn er es nicht hätte benennen können.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (11.01.14)
Immer mehr sieht man Meeerland. Jezt kommt Leben in die Aventüre, voller Wunder und Spannung.
LG
Ekki
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