5. Kapitel ... so schön war die Zeit .

Erzählung zum Thema Heimat

von  kirchheimrunner

Nicht viel anders war es Ende August, Anfang September 1956 in Attenkirchen.
                             
Auch der Küblböck Lenz hatte sich als Tagelöhner beim Weinzierl verdingt. Warum auch nicht?
Seine paar Hopfenstöck hatten sein Vater und seine Mutter schon abgebrockt. Jetzt konnte er sich drüben in Willertshausen ein paar Mark verdienen.

Weil es am Abend nach der Vesperspeise sowieso zu spät war, um die paar Kilometer heimzulaufen, blieb der Lorenz lieber da und schlief wie die anderen Tagelöhner, im Heustadel der Weinzierls.

Nach Sonnenuntergang traf sich dann Jung und Alt, Bauern und Kleinhäusler, die Einheimischen und die Fremden vor der Scheune des Hopfenkönigs.

Da war immer was los. Besonders heuer! Der Mirko war wieder da! Ein schwarzhaariger Zigeuner aus Lublijana.
Der Schwarm aller Mädchen im Dorf.

„Ausschauen tut der, wie der Freddy Quinn„, flüsterte die Kreuzhofer Resi zur schüchternen Marie hinüber.  „… und ein Busserl kriegt er auch noch von mir, … heut Nacht noch, da wett ich mit dir!

„… und du, Marie, gefallt dir denn keiner?

Die Wangen der Weinzierlmarie wurden rot. „Weißt Resi, gefallen tät mir da schon einer, aber…der traut sich nicht her zu mir!

Unter dem Stenehhimmel spielte Mirko Gitarre und der alte Bogdan holte sein Schifferklavier heraus. Da zuog auch der
Lorenz zog seine Mundharmonika aus der Hosentasche. Der milde Spätsommerwind trug die Schlagermusik der Bauernkapelle war Kilometer weit fort.

Die Sonne ging rotglühend unter. Das war die Stunde der Verliebten.

Caprifischer, und Junge komm bald wieder…

Vom Staub halbblinde Stallaternen ersetzten die Lampions.
Und die Sterne über Attenkirchen funkelten genau so hell wie über der Bucht von Neapel. Es blinzelte das Firmament als wenn die Nacht tausende von Sommersprossen hätte; kleine, bezaubernde Glühwürmchen am Himmel, die alle Traurigkeit für ein paar Stunden verblassen lassen.

Das wusste auch die Marie. Sie kannte sich aus mit dem Zauber der Nacht. 20 Jahre war sie alt, bildhübsch, wohl erzogen und eine gute Partie.

Ihr könnt mir glauben, dass der Weinzierl Jackl mindestens fünfmal am Abend seinem Sohn eingeschärft hat:

„Pass auf deine Schwester auf! „Das mir da nix passiert, Schorsch. Der Mirko schaut unter seinen Schmalzlocken heraus, als wie ein halbverdursteter Ziegenbock. Und die Marie hängt an seinen Lippen und zirpt durch die Nacht wie ein unschuldiges Zeiserl. Spätestens um Zehne ist Schluss mit der Vorstellung!

Daran konnte sich aber auch der alte Weinzierl nicht halten.
Zu gut schmeckte das Bier und zu schön war die Musik,
... zu warm die Nacht; - es war für ihn fast wie früher, bei der Fahnenweihe in Sillertshausen, als er und die Küblböck Vroni…

Aber lassen wir das!

Als dann so gegen halb elf die Venus über den brandloher Hügel aufging, tanzten schon ein einige Pärchen eng umschlungen verbotenen Abenteuern entgegen. Besonders die Söhne der Großbauern waren auf der Pirsch: Der Weinzierl Schorsch, der Kopfhammer Franz und der Stangassinger Hans.

Für die Kleinhäusler war da nichts zu machen; - Gibt ja doch gleich einen Ärger, wenn ich mit der Marie tanzen tät, .. so dachte der Lorenz und ging nach draußen, da war es kühler.
Da konnte er die Sterne, die heut Nacht vom Himmel fallen würden, auffangen und in seinen Träumen von der großen weiten Welt aufbewahren.

Langsamer und noch stimmungsvoller wurde die Musik:

…so schön,  so schön war die Zeit...
Brennend heißer Wüstensand
…so schön, schön war die Zeit …
Fern, so fern dem Heimatland,
…so schön, schön war die Zeit…

alle summten mit, auch der alte Weinzierl.

Der Lorenz war ganz sprachlos, als die Marie plötzlich neben ihm stand, im Mondlicht. SSie lächelte ihn an. Das Lachen begann an ihren Mundwinkeln schlich sich dann hoch bis zu ihren rehbraunen Augen. Dann sprach sie ihn an, machte ihm ein bisschen Mut:

„Magst tanzen Lorenz? Komm, trau dich… ..ist ja bloß mit mir!„

„…so schön, so schön war die Zeit„,

sang der Mirko…und seine Gitarre weinte traurig dazu:

„Kein Gruß, kein Herz,
kein Kuss, kein Schmerz„

flüsterte dann die schüchterne Marie dem glückseligen Lorenz in Ohr. Ja sie berührte ihn fast an den Wangen, mit ihren kirschroten Lippen. Da war es um den Lenz geschehen!

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Kommentare zu diesem Text

Abulie (45)
(11.01.14)
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gaby.merci (61)
(11.01.14)
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