6. Kapitel .Das Marien - Bildstöckl von Sillertshausen.

Erzählung zum Thema Heimat

von  kirchheimrunner

Nur ein paar Minuten später zogen Gewitterwolken herauf. Donner polterten über die Hügel und rollten auf die Hopfengärten zu. Grelle Blitze zuckten durch den schwarzgelben Himmel über der Halledau. Der Wind schüttelte die Eichen und Kastanienbäume, die den Feldweg von Sillertshausen bis zur Landstrasse säumten. Blätter, Laub und losgerissene Äste flogen durch die Luft. Wenn es hageln würde, könnten die Bauern die Mais- und Kartoffelernte abschreiben.

Links, kurz vor der Kreuzung, dort stand eine alte Gnadenkapelle ; geweiht war sie der „heiligen Mutter Gottes mit den sieben Schmerzen.„

Und weil die Hopfenbauern die Unwetter fürchteten, wie der Teufel das Weihwasser, erbaten sie sich von der heiligen katholischen Kirche und ihren Pfarrern, auch den gedeihlichen Wettersegen.

„Der Herr gebe euch gedeihliches Wetter,
er segne die Felder, Wälder, die Wiesen, die Gärten und die Auen, er halte Regen, Hagel und Unwetter von euch fern!„
Amen!

„Der Segen wirkt nur vor Ort.
Wie die Medizin auch, die du schlucken musst!
Darum sage ich dir, mein lieber Kreitmayr, es nutzt nix, wenn du mir fünf Markstückel für die Armen in die Hand drückst, damit es dir den Futtermais nicht verhagelt. Da musst du schon selber mitgehen beim Feldumgang zur Schmerzenskapelle, heut Nachmittag.„

Der geistliche Rat von Pfettrach war ein gestrenger Pfarrherr.
Und darum hat sich der Kreitmayr Matthias breitschlagen lassen bei der Prozession mit zu pilgern. Wenn es auch nichts nutzt, schaden tut es auf keinen Fall!

Jetzt, als die ersten schweren Regentropfen auf den Feldweg klatschen, mussten sich die Wallfahrer beeilen, wenn sie oben trocken ankommen wollten. Sogar der Herr Pfarrer lies alle Würde fahren und rannte schnaufend zur Kapelle hoch. Knapp hinter ihm die alte Kreitmayerin.

„Jesus- Maria„! Herr Hochwürden, schauen Sie doch, dort hinten am Bildstock, da liegt  im Rosenbusch. Ein Toter!„

Wirklich! Der Lorenz Küblböck war samt seiner gestohlenen 250er DKW den Hang hinabgerutscht, und hatte sich zwei- dreimal überschlagen nachdem er knapp an den mahlenden Rädern des Fuhrwerks vorbeigeschlittert war.

Im Rosenbusch an der Kapelle war er hängen geblieben.
Das Motorrad war an die Ziegelmauer der Friedhofsumfriedung geprallt. Es war nur noch Schrott, - mehr nicht.

Der Lenz war blutig, er lag auf dem Rücken, den Kopf seltsam verdreht, seine Hände hatte er vors Gesicht geschlagen, die Kleidung war verdreckt und vom Regen ganz durchgeweicht.

Die frommen Pfettracher Landwirte stellten sich im Halbkreis um den Lorenz herum. Keiner kam auf die Idee ihm einen trockenen Mantel umzulegen, und ihn zuzudecken; - der war ja eh schon hinüber.

„Herr Pfarrer, so tun sie doch was,„ jammerte eine alte Austragsbäuerin. „Da muss man doch etwas tun können?„

Der Kreitmayr war der erste, der sich wieder fasste! „Richtig, Hufnaglin, da hast du ganz recht. Wir können die arme Seele doch nicht einfach so im Regen liegen lassen; - ich lauf zurück und hol den Knecht, der soll den Landauer anspannen und herauf fahren.

Als eine halbe Stunde später der Kreitmayr zur Kapelle hochkutschierte, waren der Pfarrer und die alten Frauen schon mit dem Rosenkranzbeten fertig. Jetzt brauchten sie das Bündel Mensch nur noch auf den Wagen zu hieven.
„Packt’s  ihn aber vorsichtig an: zwei Weiberleut an den Haxen und .. der Herr Hochwürden und ich tragen ihn an den Armen.

Als sie dann das arme, zerschundene Bündel Mensch aufhoben, ... da hätten sie ihn vor Schreck fast wieder fallengelassen. Denn im Lenz regten sich die Lebensgeister!
Er schlug die Augen hoch und stöhnte unter Schmerzen:

„Marie? Bist du es?„

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