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Lolei 

Das Adressbuch

Experimenteller Text zum Thema Fiktion

von  blauefrau

Edmont saß an seinem Küchentisch vor einer Tasse Kaffee. Der Kaffee, den Priscilla vor ihn hingestellt hatte[unhöflich, wie er fand: ,,Und was ist mit meiner Gehaltserhöhung?", hatte sie ihn angeraunzt, ohne ein ,,Guten Morgen!", ohne das übliche: ,,Wie geht es Ihnen heute? Wie geht es Ihrer verehrten Frau Mutter?"], war heute wässrig. Er konnte das Emblem seiner Familie auf dem Tassenboden erkennen. Nach einer Stunde - der Kaffee war kalt geworden- traf er eine Entscheidung: Er erhob sich, stakste zu seinem Sekretär, zog einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und öffnete die obere Klappe.  Seinem Geheimfach entnahm er ein kleines Buch. Das Adressbuch war ihm heilig. Er öffnete es selten, und wenn, dannn nur für die wichtigen Entscheidungen in seinem Leben. Ihn verdrießte heute die Staubschicht auf dem Deckel des Notizbuches. Außerdem fand sich etwas Fadenförmiges auf dem Deckel, das beim letzten Mal noch nicht da gewesen war. Aus einer weiteren Lade nahm er eine Lupe und betrachtete den Faden. Es schien ein einzelnes Haar zu sein oder etwas Haarähnliches. Die Lamellen waren aber nicht eindeutig. Er würde es einschicken müssen. Der schreckliche Verdacht, der kurz in ihm hochstieg, es könne sich um Jossip, Draculas Enkelsohn handeln, der seine Geheimnisse in Erfahrung bringen wollte, legte sich wieder. Bei der letzten Überprüfung seiner sämtlichen Drohnenbilder hatte er tatsächlich feststellen können, dass Jossip sich im Jahrhundertschlaf befand. Er würde erst ab dem 01.01. 2114 wieder aufwachen. Edmont tütete das Haar ein. Dann schlug er das Adressbuch auf. Er würde Gemma anrufen, die Schwester seiner ersten Frau, und sie bitten, ihm eine neue Putzfrau zu besorgen. In solchen Dingen war immer Verlass auf sie gewesen. Da war der Name: Gemma von Selteren. Er schrieb die Nummer ab, legte das Notizbuch in sein Geheimfach zurück und schloss den Sekretär ab.  Auf dem Weg zur Küche hörte er, dass Priscilla gerade mit dem Staubsauger gegen sein teures Biedermeier - Sofa stieß. Er stöpselte das Staubsaugerkabel aus und rief ihr zu: ,,Sie sind gekündigt!"

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (19.01.14)
Das salopp-jugendliche "Check" passt so gar nicht zum Rest des Textes, finde ich. Ansonsten gerne gelesen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 26.02.21:
"hatte[unhöflich" ?

 AZU20 (20.01.14)
Interessanter Text. LG
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