Kopfzwinge

Gedicht

von  Nachtpoet

Brich Spannen von Zeit
aus der Tagesmaschine.
Doch mit Luft
in Berührung gekommen,
sterben sie sofort ab.

Versuche Gitterstäbe
zu sprengen,
die zu den nächsten führen.

Zieh in die Nebelschlacht
gegen das Ungedachte,
das dir sogar deine eigenen
Sinne versklavt.

Sag dann:"Ich bin frei",
glaube wie ein Kind,
damit der Tod nicht für dich
zur schönen Frau reift.

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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (04.02.14)
Schade, Ralf, dass hier noch gar nicht kmmentiert wurde. Dann will ich mich mal trauen und den Anfang machen.

Den Titel 'Kopfzwinge' finde genial! Da hab ich sofort eine sehr klare Vorstellung davon, ob es die selbe wie deine ist? Daran zweifle ich, je mehr ich mich in deinen Text hineinlese, vieles verstehe ich gar nicht, z.B. warum die Zeitspannen an der Luft sterben? Was es bedeutet, dass sie vorher gelebt haben - und wodurch?
Nicht dadurch, dass sie aus der 'Tagesmaschine' gebrochen werden, erst durch die Berührung mit der Luft kommen sie zu Tode?
Dabei meine ich, mir unter den umschriebenen Spannen durchaus etwas vorstellen zu können, ich denke an kleine Atempausen, die den Alltagstrott unterbrechen: vielleicht ein flüchtiger Tagtraum, ein Moment der Stille ...
Dieses Bild gefällt mir ausgesprochen gut !

Versuche, Gitterstäbe zu sprengen, befürworte ich immer gern. Mit der Formulierung 'die zu den nächsten führen' bin ich nicht ganz glücklich. Die Gitterstäbe (auch wenn sie gesprengt sind) führen doch nirgendwo hin, du meinst, denke ich, dass hinter den Gitterstäben wieder Giterstäbe und dahinter wieder ... liegen, oder?

Die Nebelschlachtstrophe finde ich großartig, würde allerdings auf das 'sogar' verzichten, weil man sich unwillkürlich fragt, was wird noch versklavt - das aber unwesentlich ist und vom Kern der Aussage (so wie ich das verstehe) wegführt.

Und mit der Letzte Strophe hinterlässt du mich ratlos und verwirrt.
Wenn der Tod zur schönen Frau reift, sehe ich darin ein Bild dafür, dass man sich nach dem Tod sehnt, er über erotische Anziehungskraft verfügt. Inwiefern kann der Kinderglaube das verhindern? Und bezieht sich der Kinderglaube darauf 'frei zu sein?

Ich glaube, dass du hier ganz starke Bilder gefunden hast, die aber insgesamt vielleicht noch nicht ganz rund sind? Oder, ich hab mal wieder überhaupt nicht erfasst, worum es dir ging. Dann wärs interessant, obs nur mir so ergeht?

Jedenfalls habe ich mich ausgesprochen gern mit dieser Kopfzwinge beschäftigt, mir sie geradezu von dir anlegen lassen, um ein bisschen dahinter zu kommen, was du damit ausdrücken willst

Liebe Grüße,
mona

 Nachtpoet meinte dazu am 04.02.14:
Liebe Mona,
danke für das Interesse an meinem Gedicht und die vielen Fragen.
Also, wenn Zeitspannen an der Luft sterben, dann waren sie vorher wo? Im Vakuum. Da, wo nichts atmen kann. An der Luft sterben sie weil es nicht ihre Umgebung ist, will sagen: Die Tagesmaschine, also das Vorgegebene in unserem Leben füllt die Zeit aus, Luft steht für durchatmen, Luftholen, Zeit stünde dann zur Verfügung, aber man fühlt sich schlapp, betrübt, die Motivation stirbt, die Zeit lässt sich nicht positiv nutzen, weil es im Ganzen manchmal sinnlos erscheint.

Bei den Gitterstäben führen ja die gebrochenen zu neuen, (wieder symbolisch) für den sinnlosen Ausbruchsversuch des Selbst. Meinst du es fehlt hier noch der Weg von Käfig zu Käfig? Hmm.. ich glaube es passt schon.

"weil man sich unwillkürlich fragt, was wird noch versklavt" Man kann ja versklavt werden, aber die Gedanken sind frei (kennst das ja) Ich verneine das. Nicht nur man selbst ist versklavt, sondern auch das Denken, das Sehen, das Hören, u.s.w. das heißt, die Gedanken sind nicht frei wenn einem eine Welt vorgegaukelt wird, die keine Alternative durchblicken lässt. Man kennt keine andere Welt. Deswegen das "sogar".

"Und mit der Letzte Strophe hinterlässt du mich ratlos und verwirrt. Wenn der Tod zur schönen Frau reift, sehe ich darin ein Bild dafür, dass man sich nach dem Tod sehnt, er über erotische Anziehungskraft verfügt."
Stimmt! Erotik würde ich aber nicht unbedingt damit assoziieren. Es benennt die Aussichtslosigkeit des Lebens. Der Kinderglaube hat keine Beziehung zu dieser Symbolik, sondern meint nur den Glauben an den "Weihnachtsmann" sozusagen, der hier erträglicher erscheint als die "Wahrheit".

Noch hinzuzufügen ist hier, dass das Ganze absichtlich überspitzt ausgedrückt ist, ich wollte nichts lauwarmes, kein Halb-Happy-End. Ich weiß genau, dass der Text dann für die Katz ist, denn er hätte keine Wirkung. Nur Ausweglosigkeit rüttelt wach. Nur dass du weißt, wie meine Intension allgemein für das Gedicht ist und du es mit einbeziehst, solltest du Verbesserungsvorschlägen machen

Aber ich freue mich, dass du dir die Zeit genommen hast meinen Text zu erforschen, das haben wohl nur wenige hier gemacht. Ich frage mich aber woran das liegt? Entweder ist der Text zu schlecht oder er ist zu unangenehm. Ich bin für jeden Tipp wie immer sehr dankbar!

Herzlichst Ralf

 EkkehartMittelberg (12.04.15)
Ein hermetisches Gedicht, das mir durch die Selbstinterpretation des Autors (siehe Thread) klar wurde.

LG
Ekki

 Nachtpoet antwortete darauf am 12.04.15:
Na? Ich hätte gerne deine Sicht auf den Text ohne den Thread erfahren.

Danke und LG
Ralf
(Antwort korrigiert am 12.04.2015)
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