Häschen in der Grube

Fabel zum Thema Sterben

von  EkkehartMittelberg

Ein übermütiger Hase hatte einen Sprung falsch berechnet und war in einer tiefen Grube gelandet, aus der es keinen Ausweg gab.
Ein Fuchs saß nun an deren Rande und lockte: „ Meister Lampe, ich verschaffe Euch eine Strickleiter, wenn ihr mir nach Eurer Rettung die Hälfte von Eurem Kohl überlasst.“
Darauf entgegnete der Hase: „Reineke, wann habt ihr je Kohl gefressen? Doch danke ich Euch, weil Ihr mir eine Alternative des Sterbens zeigt. Lieber verende ich in diesem Loch, als von Euch gefressen zu werden.“

© Ekkehart Mittelberg, Februar 2014

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Kommentare zu diesem Text


 SapphoSonne (03.02.14)
Es gibt immer eine Alternative, nicht wahr?
Man muss sie nur sehen. Entweder ist sie besser als die aktuelle Situation, oder man begreift, dass es auch noch schlimmer sein könnte.
LG Sappho
(Kommentar korrigiert am 03.02.2014)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Vielen Dank, Sappho. Manchmal tröstet die Erkenntnis ein wenig, dass es noch schlimmer sein könnte.
LG
Ekki

 TrekanBelluvitsh (03.02.14)
Bei vielen Dingen im Leben hat man die Wahl zwischen zumindest zwei Alternativen - darauf beruht auch unser ganzes Konzept von Verantwortung, aber das nur nebenbei - und man sollte die wählen, die besser zu einem passt.

Interessieren würde mich bei deiner Fabel noch, ob Reineke Fuchs die Grube womöglich selbst gegraben hat?

Wenn ja: So viel Übermut, so viel Anstrengung und was ist das Ergebnis? Ein dem Tode geweihter Hase und ein hungriger Fuchs! Das nennt man dann wohl Verschwendung...

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 03.02.14:
Merci, Trekan. Es ist im Sinne der Fabel, dass Reineke die Grube selbst gegraben hat.
Den Hinweis auf Verschwendung finde ich witzig. Das Leben ist so verschwenderisch mit der Kreation tragischer Alternativen.

 TrekanBelluvitsh schrieb daraufhin am 03.02.14:
"Kreation tragischer Alternativen"

Die Formulierung gefällt mir. Habe sie mir notiert zur späteren Verwendung, wenn du nichts dagegen hast.

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 03.02.14:
bitte, gerne!

 susidie (03.02.14)
Deine Fabel hat soviel traurige Wahrheit, dass ich sie gerade jetzt nicht kommentieren kann. Alles, was ich sage, wären verschwendete Buchstaben, die nie das wiedergeben würden, was ich meine. Geht einfach nicht. Liebe Grüße von Su :)

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 03.02.14:
Grazie, Su. Ja, die Wahrheit ist traurig, und nur selten kann man die Traurigkeit wegkommentieren. Doch ein Lächeln unter Tränen macht traurige Menschen schön.
Liebe Grüße
Ekki
MelodieDesWindes (36)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Danke, MedeWi. Ich bin sicher, dass sich die Füchse beliebig inszenieren können. Du wirst sie erkennen.
VG
Ekki
MelodieDesWindes (36) meinte dazu am 03.02.14:
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 sensibelchen13 (03.02.14)
Ich bin da ganz bei ShappoSonne, lieber Ekki!

Herzlichen Gruß
Helga

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Merci, Helga. Solange der Mensch eine Alternative erkennt, lebt er nicht sinnlos.
Herzliche Grüße
Ekki

 AZU20 (03.02.14)
Das ist aber die Wahl zwischen Pest und Cholera oder hält der Fuchs sich an den berühmten Tag, den die Grünen einführen wollten? LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Vielen Dank, Armin. Für den Hasen ist es mehr als die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er hat die Wahl, seinem Todfeind einen Triumph zu versagen.
LG
Ekki

 TassoTuwas (03.02.14)
Lieber Ekki,
nix Häschen in der Pfanne!
Ein gefundenes Fressen für Vegetarier.
Herzliche Grüße TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Grazie, Tasso, du siehst, ich versuche auch hier mit der Zeit zu gehen.
Herzliche Grüße
Ekki

 Fuchsiberlin (03.02.14)
Eine gute Fabel, die zum Nachdenken bewegt. Wie so oft schaut der augenscheinliche "schlaue" Fuchs am Ende dumm aus.

Doch: Gibt es wirklich immer eine Alternative beim Sterben? Vielleicht ist diese Frage nur mit einem "Jein" beantwortbar.
Man könnte an dieser Stelle auch über die Thematik der Sterbehilfe diskutieren.

LG
Jörg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Vielen Dank, Jörg, du bist up to date. Der Leitartikel des heutigen Spiegels thematisiert Sterbehilfe.

LG
Ekki
Anne (56)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Vielen Dank, Anne, die Alternative des Hasen besteht darin, die Art seines Todes bestimmen zu können. Das ist doch mehr als nichts.
Liebe Grüße
Ekki
LottaManguetti (59)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Grazie, Lotta, "das einzige Privileg" ist aber der Stoff, aus dem griechische Tragödien gemacht worden sind: die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, die beide den Tod bedeuten. Wenn du so willst, wertet der Fuchs den Hasen am Ende zu einem tragischen Helden auf.^^
LG
Ekki
Graeculus (69) meinte dazu am 03.02.14:
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 Didi.Costaire (03.02.14)
Hallo Ekki,
dein Hase denkt ziemlich fatalistisch. Das Angebot anzunehmen, ergäbe immerhin die (geringe) Chance, flüchten und überleben zu können. Und ein Fuchs, der mit Strickleitern hantiert, könnte ja auch einem Veggie-Day aufgeschlossen gegenüber stehen...
Liebe Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Merci, Didi. Fatalistisch? Ich weiß nicht. Vergiss nicht, welcher Triumph es für den Hasen ist, seinem Todfeind am Ende ein Schnippchen zu schlagen.
Fuchs-Strickleiter-Veggie-Day: Man müsste mal untersuchen, wie viele Vegetarier sich unter technologisch Aufgeschlossenen befinden.^^
Liebe Grüße
Ekki
chichi† (80)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Grazie, Gerda, äwwer mer losse uns nich.
LG
Ekki
wa Bash (47)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Vielen Dank für diese feine Interpretation, wa Bash.
MarieM (55)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Merci, Marie, ethisch betrachtet sollte es einem zu allerletzt nicht um einen Triumph gehen. Aber, wie du richtig sagst, muss der Hase so oder so qualvoll sterben. Der Triumph ist das Einzige, was ihm bleibt. (Mir fällt jetzt auf, dass mein Hase keiner Religion angehört, die ihm Heilskapital im Jenseits verspricht. Dann wäre ihm der schnöde Triumph-Gedanke wohl nicht gekommen.;-) )
Liebe Grüße
Ekki
Pocahontas (54)
(03.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Grazie, Sigi, ich stelle mir den Hasen sehr menschlich vor, und deshalb sei ihm der erhobene rechte Mittelfinger verziehen. )
Liebe Grüße
Ekki

 irakulani (03.02.14)
Wenn das Häschen gewitzt ist, lieber Ekki, lädt es den Fuchs ein, die Strickleiter herunterzusteigen um den halben Kohlkopf zuerst zu verspeisen, ... und türmt dann während der Fuchs sich noch der Belohnung zuwendet...

Aber so ist das Leben nicht, ...oder nur ganz selten:-))

L.G.
Ira

(P.S. Unter den Stadtkaninchen geht das Gerücht, man habe schon mal einen Fuchs einen Kohlkopf fressen sehen...:-))

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.14:
Merci, Ira, eine schöne Idee. Es gibt bestimmt gewitzte Hasen, aber Füchse sind bekanntlich auch nicht naiv.
Die Stadtkaninchen könnten freilich Recht haben, denn in der äußersten Not fressen Wölfe Kreide und Füchse Kohl.
LG
Ekki

 Dieter Wal (04.02.14)
Seit ich begeistert "Unten am Fluss" von Richard Adams las, weiß ich, dass es schlaue Hasen gibt. Kein besonders philosophischer Hase. Armer Fuchs. Nun muss er neue Nahrung suchen. Und der Hase wird möglicherweise lange leiden.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.02.14:
Danke, Dieter. So sehe ich den Hasen auch. Er ist schlau und nur insoweit philosophisch, als er sich die letzte Würde nicht nehmen lässt.

 ViktorVanHynthersin (04.02.14)
Ein Notar, der des Weges kam, schlug vor einen Vertrag aufzusetzen. Fuchs und Hase willigten ein und unterschrieben. Dann fraß der Fuchs den Hasen und bezahlte mit dem Erlös der Kohlköpfe seine Geldstrafe... und die Moral von der Geschicht, glaube Notaren und Füchsen nicht )
Herzliche Grüße
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.02.14:
Grazie, Viktor. Was kan man sich Besseres wünschen als eine fantasievolle Fortsetzung der von uns eingestellten Texte.
Herzliche Grüße
Ekki
Apollonia (31)
(05.02.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.02.14:
Vielen Dank, Apollonia. Lieber die Schwierigkeit der Entscheidung als nur eine Möglichkeit.
LG
Ekki

 Ganna (07.02.14)
...ich denke mal, der Hase bleibt einfach Optimist und wartet darauf, dass ein Tierfreund und Wanderer des Weges kommt...als erstes in einer prekären Situation gilt es, Zeit zu gewinnen...aber das verrät er dem Fuchs natürlich nicht...er ist also doppelt schlau...

LG Ganna

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.02.14:
Vielen Dank für diese optimistische Interpretation, Ganna, die der Text durchaus zulässt.
Eine heitere neue Woche für dich.
Liebe Grüße
Ekki
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