Zyklusschwankungen

Sonett zum Thema Optimismus/ Pessimismus

von  Irma

Das Wollen ist schon früh in ihr gereift,
das Wagen aber schob sie lange vor sich her.
Jetzt ist sie runde vierzig und begreift:
Womöglich bleibt die Wiege leer.

Der wogende Busen scheint schier wie Verschwendung,
man sollte ihr glattweg das Ding amputieren!
Die ‚always‘ im Vorratspack wird sich rentieren.

Sie zählt die Tage. Auf der Straße streift
ihr Blick die Kugelbäuche, umso mehr
sie sich auf eine Schwangerschaft versteift,
wiegt die Leere in ihr kiloschwer.

Doch Monat für Monat glaubt sie an die Wendung.
In froher Erwartung keimt wieder im Schoß
ein Pünktchen von Hoffnung. Das wächst und wird groß.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Anne (56)
(21.02.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Jorge meinte dazu am 21.02.14:
Vielleicht kann den Text eine Frau in gebärfähiger Situation besser verstehen als ein alter Rentner.
Mit der Zuordnung gebe ich Anne Recht.
Herzliche Grüße
Jorge

 BrigitteG antwortete darauf am 21.02.14:
Die erste Zeile hört sich wunderbar sonettig an! Ich habe viele gelesen (nie eins eingestellt), und ein Sonett hat für mich im Klang immer so ein wunderbares melodisches Fließen, ganz sanft von einem Ufer zum anderen.
Ah, es hilft die Definition:
 Hier steht sie!

Danach ist die erste Zeile perfekt, aber die zweite zwei Silben zu lang - wobei für mich die zweite Zeile auch melodisch gut klingt, selbst wenn sie nicht der offiziellen Definition entspricht.
Die vierte Zeile ist mir bei der ersten und dritten Strophe zu kurz.
Die beiden Dreizeiler sind mir zu untypisch für ein Sonett.

Ich vermute, dass es für die Autorin sicher nicht allzuschwer wäre, einige Zeilen noch zu verändern, denn ich finde den sonettigen Klang in manchen Zeilen wirklich schön!

 Irma schrieb daraufhin am 26.02.14:
Vielen Dank Ihr Lieben für eure Einschätzung. Ich gebe euch Recht, dass dieses Sonett von der klassischen "Urform" des Sonetts relativ weit entfernt ist. Nichtsdestotrotz möchte ich es als ein solches bezeichnen.

Es wäre tatsächlich nicht allzuschwer, Brigitte, die abweichenden Zeilen zu verändern. In Z.2 ließe sich das "aber" entfernen und in Z.4 noch ein "immer" o. ä. einfügen. Aber ich habe diese Änderungen ja nicht versehentlich oder willkürlich vorgenommen, sondern sie sind inhaltlich (stilistisch) begründet. Die Zeilenüberlänge veranschaulicht das Lange-vor-sich-Herschieben und die fehlende fünfte Hebung die möglicherweise am Ende bleibende Leerstelle (leere Wiege). Beim zweiten Quartett fehlt im vierten Vers gar keine Hebung, sondern lediglich ein Auftakt. Dadurch wird das "wiegt" tatsächlich sehr schwerwiegend.

Dass die beiden Terzette "untypisch" für ein Sonett erscheinen, wundert mich. Sie sind sind fließend vierhebig und regelgerecht daktylisch geschrieben. Ein Sonett muss nicht zwangsweise im Jambus stehen, es gibt (auch bei Rilke usw.) unzählige wunderschöne im Daktylus. Auch die Folge von Quartetten und Terzetten ist variabel und hat bei mir inhaltliche Gründe.

Frevelhaft dürfte allerdings meine Mischung aus jambischen Quartetten und daktylischen Terzetten sein, die das Lesen erschwert, weil man sich immer wieder neu in den Rhythmus hineinfinden muss. Insofern kann ich eure Kritik am "Lesefluss" durchaus verstehen. Vielleicht habe ich in meiner Experimentierfreudigkeit dem Leser dieses Mal doch ein bisschen zu viel zugemutet? Ich danke Euch in jedem Fall herzlich für eure Rückmeldungen, die für mich immer sehr aufschlussreich sind. LG Irma
(Antwort korrigiert am 26.02.2014)
LottaManguetti (59)
(21.02.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Irma äußerte darauf am 26.02.14:
Danke schön, liebe Lotta! Ich freue mich, dass du meinem experimentellen Sonett etwas abgewinnen konntest. Viele liebe Grüße, Irma

 irakulani (25.02.14)
Ich finde, du hast das Auf-und Ab, das Hoffen und Bangen, welches die Hoffende begleitet, in der Form deines Gedichtes sehr schön unterstrichen, liebe Irma.

L.G.
Ira

 Irma ergänzte dazu am 26.02.14:
Das freut mich sehr, liebe Ira, dass du das so empfindest. Mit dem steten Wechsel aus nüchtern jambischen Quartetten und sehr emotionalen daktylischen Terzetten wollte ich genau diese Schwankungen zum Ausdruck bringen. LG Irma
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram