Von Heckenschützen und Brandbeschleuniger, sowie über den Spruch "Der Krieg ist der Vater aller Dinge"

Essay zum Thema Krieg/Krieger

von  LotharAtzert

"Grundsätzlich angemerkt, bin ich aber nicht der Meinung, dass der Krieg "der Vater aller Dinge" ist. (womit in der Regel ja ein technischer Fortschritt gemeint ist)"
T. B. in einem Kommentar

- In welcher Regel? Wer meint? Zunächst einmal stammt der Spruch vom Einsiedler-Philosophen Heraklit, der, 520 v. Chr. die Geister der nachfolgenden Generationen wie kein Zweiter beeinflusste, nicht nur Platon und Aristoteles. Auch Heidegger schrieb, wenn ich mich recht erinnere, über diesen Satz, der korrekter übersetzt "Der Streit ist der Vater aller Dinge" lautet, eine vielzitierte Abhandlung. 

520 v. Chr. - am Ende des mythischen Zeitalters und zu Beginn jenes ordnenden Denkens, das man heute den Logos nennt - da soll einer der weitblickendsten Philosophen seiner Zeit "bloß" an die Albernheit technischen Fortschreitens gedacht haben? - Das ist, so meine ich, ein unentschuldbare Verkleinerung des eigenen Bewußtseinshohrizontes im Sinne von: naja früher konnten die sich noch nicht besser ausdrücken, es war ja noch nichts erforscht, aber heute wissen WIR NEUZEITLICHEN es natürlich besser ... etc pp.

Heraklit sinnierte über die universale Kugelgestalt des Raumes und wie alles in ihm von einer Gegenkraft angeregt zu dieser vollkommenen Gestalt hin strebt, die nur an einem Punkt einen Grund berührt, wobei dieser Seher den Sog nach Innen als APHRODITE und das Streben nach der Peripherie hin als ARES benannte.

Ares, das sei für diejenigen angemerkt, die vom Mythos nichts mehr wissen, war für die Griechen die Kraft des Austreibens, wie er sich im Frühling beispielsweise offenbart: spitzig, feurig, ohne Hemmung alles zur Seite schiebend und Verschlossenes aufsprengend, hinauf und fort mit allem, was den Wuchs zum Licht zu hindern droht. Daß bei solchem Aus-Treiben nach der Kälte des Winters wenig Rücksicht auf Nachbarn genommen werden kann, ist nicht schwer zu begreifen.

Technischer Fortschritt - ja wohin denn? Auf andere Globen? In Wurstpellen gezwängt in den Kos-Mos?
Was ist jetzt unter Streit zu verstehen? - Nunja, darüber mag die moderne Universitätselite streiten.
Nicht so der Archetyp Ares! Er treibt aus, was an vorhandenen Samen in der Kugel am Ruhen ist und er treibt das Leben zum Licht, er treibt mich an, diese Worte genau so zu schreiben, ob es jemand will, oder nicht, ob Nutzen oder Kosten, spielt keine Rolle. Er treibt es so lange, bis seine Kraft in den Armen der Aphrodite ihren zeitigen Ruhe- bzw. Kraftpunkt findet.
Auch ist zu bedenken, daß ohne diese Kraft ein Leben in den Körpern nicht möglich wäre.
Nun behauptet T.: "Grundsätzlich angemerkt, bin ich aber nicht der Meinung, dass der Krieg "der Vater aller Dinge" ist."  Er sagt richtigerweise "Meinung", denn mehr ist es nicht - ein bloßes Meinen und Dafürhalten - Gentleman E. lobt ihn dafür.

Den Ares als streitsamen Kriegs-Archetyp betrifft das nicht im Mindesten. Meinungen - was soll das sein? Er macht seinen  Job des Austreiben aus allen Verstecken, solange es die Jahreszeiten gibt. Und er macht ihn besser, als jeder selbsternannte, anmaßende Warlord dieser Erde. Die haben nichts mit Frühling und nichts mit ritterlichem Streiten für das Lichte zu tun, das Klarheit und Eigenständigkeit in die Schicksale bringt, sobald das Schicksal nicht verweigert wird.
Alles Austreibende treibt durch Ares aus. Bei den Römern heißt er Mars, woraus der März abgeleitet ist. Es ist nur logisch, daß sein Symbol dem männlichen Geschlecht entspricht, dem Drängen ins oder aus dem Verdrängen. Diesem Burschen zollte Heraklit Respekt mit seinen Worten.

Vielleicht wußte er noch nicht einmal davon, daß selbst unsere Erde eine Kugel ist - das ist auch gänzlich ohne Belang bei solchem Klarblick, denn er sah das Kugelhafte von Innen- und Außenwelt, erkannte ihr rundes Prinzip in seinem Fokus - er war ein frommer Mann, kein "fortschrittlicher" - wie Platon, der hundert Jahre später seine himmlische Ideenlehre daraus entwickelte. Oder Aristoteles die 4 Kausalitäten.

Sollte diese Denkweise auf Schulen je gelehrt werden, so ließ vor kurzem die keineLeserin L.M. wissen, würde sie ihren Sohn von der Schule nehmen und auswandern. Ich darf den "Spieß" an dieser Stelle umdrehen und entgegnen: Sollte man mir jemals anbieten, auf einer offiziellen Schule lehren zu dürfen, würde ich mit dem Hinweis auf die Verderbtheit der öffentlichen Wissens-Anmaßung entschieden ablehnen. Niemand steigt zweimal in denselben Fluß. Punkt.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (22.02.14)
Interessanter Essay. Nur kommt der Krieg darin nur am Rande vor. Was schon etwas seltsam ist. Und was eine Meinung ist? Nun, ich hätte unter den entsprechenden Kommentar natürlich einen Essay schreiben können, warum der Krieg nicht der Vater alles Dinge ist. Denn meine Meinung ist eine "begründete" Meinung.

Zunächst einmal ist es heute tatsächlich unerheblich, warum und mit welcher Intention dieser Spruch geprägt wurde. Denn wie eine gute Geschichte macht das Publikum ihn sich zu eigen und deutet ihn in seinem Verständnis. Man braucht kein Wahrsager zu sein, um zu begreifen, dass schon Themistokles eine andere Auffassung davon gehabt hat. Und Octavian. Und Karl der Große. Und Wallenstein. Und Napoleon.

Wie sehr sich solche Aussagen wandeln kann man an dem einfach Ausdruck, etwas sei "08/15" feststellen. Wer weiß schon, dass 08/15 ein deutsches Maschinengewehr im Ersten Weltkrieg war? Und selbst von denen, die das wissen, können wohl nur wenige ohne Internet die Entwicklung der Bedeutung nachvollziehen.

Und warum ist, der Krieg nicht der Vater aller Dinge? Diese Aussage suggeriert, dass im Krieg schöpferische Kraft liegen würde. Das ist jedoch aus den ureigenen Krieg Faktoren nicht möglich. Der Krieg sucht immer auch nach Möglichkeiten der Ökonominierung.[/i] In Zeiten von Distanzwaffen (Langbogen, Armbrust, Arkebusen) war es nun einmal unökonomisch Ritter ins Feld zu schicken, deren Ausrüstung teuer und Ausbildung viel Zeit in Anspruch nahm, während der Bogenschütze billig eingekleidet und schnell auszubilden ist.

Dies geschieht aber immer nur entlang bereits vorhandene Entwicklungen, ganz gleich ob diese technischer oder gedanklicher Natur sind[/b]. Die ersten Ideen für Radar gab es bereits zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Sie waren aber nicht kriegsökonomisch zu realisieren. Kriegsökonomisch bedeutet, dass die in das Projekt gesteckte Ressourcen "]auf absehbare Zeit" Gewinn für die Kriegsführung abwerfen.

Das operative Blitzkriegskonzept - zumeist irreführenderweise 'Blitzkriegsstrategie genannt - wurde vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelt und war eine Weiterentwicklung des auf taktischer Ebene im Ersten Weltkrieg eingeführten 'Stoßtrupps', der wiederum eine Reaktion auf die sich als gedanklichen Fehler entpuppende Idee des Massenangriffs war.

An diesen wenigen Beispielen kann man erkennen, dass der Krieg nicht schöpferisch wirkt. Er fördert nur bestimmte Ideen und Technologien, die für die Kriegsführung von Belang sind. Gedanken und Technologien bedingen sich dabei gegenseitig. Aber sie sind nie neu, weisen höchsten in eine mittelfristige Zukunft. Die deutsch Luftwaffe urteilte zu Beginn des Jahres 1945 über die Entwicklung zielgesteuerter Raketen, dass diese eine hervorragende Möglichkeit zur Bomberbekämpfung darstelle, die jedoch dem nächsten Krieg vorbehalten sei. An dieser Aussage kann man deutlich erkennen, wie Idee, Technik und die kriegsökonomische Ausnutzung ineinander greifen.

Dabei wird auch immer gerne vergessen, dass er andere Entwicklungen, die nicht kriegsökonomisch zu sein scheinen, verlangsamt oder ganz blockiert. Und verschweigen sowohl Heraklit als auch alle, die ihn in späteren Jahrtausenden zitiert haben.

 LotharAtzert meinte dazu am 22.02.14:
Trekan, ich habe gehofft, daß Du antwortest, dazu noch so ausgiebig - Danke!
Interessant ist für mich, daß wir das gleiche Thema völlig unterschiedlich beackern.
Schöpferisch ist ein Krieg nicht, das ist der Punkt, wo wir übereinstimmen.
Für mich, ich sags nochmal, ist das Prinzip das "Ausschlaggebende": Das Austreiben dessen, was an Verborgenem schlummert. Sei es nun der Same aus dem letzten Herbst, oder das Verdrängte eines Menschen, eines Volkes usw..
Ich wollte es nicht zu kompliziert machen, sonst hätte ich den Gegenspieler des Ares, den Hades noch mit dazu gepackt, das Sammelbecken des Verdrängten bzw. die Bodenschätze, Erdoel etc.
Der Frühlingsgott Mars wird erst durch Verdrängung zum Kriegsgott. Wird nichts verdrängt, treibt die Kraft aus und bildet im nächsten Stadium der Verwandlung Blüten bzw. Erfahrungen. Je mehr und je konsequenter aber verdrängt wird, umso mehr Kraft muß verwendet werden, um das Verdrängte auszutreiben - und erst jetzt sprechen wir vom Krieg, erst dadurch wird der Mars scharf, gegebenenfalls bis zum Untergang. Wir müssten also eigentlich mehr den Fokus auf Hades bzw. sein römisches Pendant Pluto legen, um dem Thema Krieg gerecht zu werden.
Während Du den Krieg direkt betrachtest, geht mein Blick eher in Richtung Ursache. Und wie im Großen, so im Kleinen: im einzelnen Menschen ist es ebenso: wird nichts oder nicht viel verdrängt, so "funktioniert" die Mars-Entsprechung Immunsystem. Je mehr aber verdrängt wird, umso eher wird der sogenannte Parasymphatikus geschwächt und die Ärzteschaft muß irgendwann mit scharfen Skalpellen anrücken. Hilft auch das nicht, kommt die Chemotherapie ...
BabetteDalüge (67)
(22.02.14)
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 LotharAtzert antwortete darauf am 22.02.14:
Wenn's nicht viel zu sagen gibt, gibt's umso mehr zu schweigen.
Nach einem Gewitter ist die Atmosphäre auch immer viel entspannter.
Freut mich, wenn's Dir gefällt, mein Schätzelein ;-()
Gruß
Lothar

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 22.02.14:
Wer ist "T.B."?

 LotharAtzert äußerte darauf am 22.02.14:
TrekanBelluvitsh.

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 22.02.14:
Ach so. Du gehtst davon aus, das das Vor- und Nachname sind....
Ja, kann man machen.
Sieht ja eher nach einem verunglückten Anagramm aus, dies nur am Rande...
hugoedgar (71) meinte dazu am 22.02.14:
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 LotharAtzert meinte dazu am 22.02.14:
Hallo Hugoedgar,
auch der Satz ist bekannt. Ich finde den Begriff des Austreibens allerdings interessanter, da er benennt, was geschieht und somit 1. jeden Menschen betrifft - ohne Verdrängung lebt es sich besser - und 2. keine Schuldzuweisung - etwa an die Politik stattfindet: was nicht verdrängt wurde, hat keine unnatürliche Folgen.
(Bei einer Wahl wählen wir ja auch bloß die Partei unsres Verdrängens)

Im Grunde ist es einfach: Krieg ist, sobald ein Vakuum, also die ganze verdrängte Scheiße hochkocht. Wer es jetzt noch verhindern will, hat das Nachsehen.
Bei Seneca heißt es dazu: "Den Willigen führt das Schicksal; den Nichtwilligen reißt es mit sich fort. ...
Gruß
Lothar
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