Sprunghaft

Stanze zum Thema Liebe, lieben

von  Irma

Vor Scherben stehend fühlst du dich betrogen:
Ich hatte dir die Vase einst geschenkt.
Klammheimlich hat sie Wasser aufgesogen
(das fühlte sich im Winter eingeengt).
Die Kälte hat ihr Innerstes durchzogen
und feinste Risse plötzlich aufgesprengt.
Schon lange war sie unsichtbar zerbrochen,
sonst wäre niemals Frost hineingekrochen.
Von da an geht es schneller, als man denkt.

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Kommentare zu diesem Text

janna (66)
(26.02.14)
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 Irma meinte dazu am 03.03.14:
Danke schön, Janna. Ich freue mich sehr, dass dir meine Vase (und meine erste Stanze) gefällt! LG Irma

 Nostuga (26.02.14)
Eine sehr schön bebilderte Stanze, liebe Irma. Auch wenn es dank der neunten Zeile ja gar keine "echte" ist.
Diese neunte Zeile jedoch finde ich strukturell sehr gut integriert, sowohl inhaltlich als auch vor allem klanglich. Sie bricht den doch stanzentypisch recht stumpfen Paarreim von Zeile sieben und acht und lenkt somit die Aufmerksamkeit verstärkt auf ihren Inhalt.
Wenn es diese Nonarime (Danke dafür. :)) nicht schon geben würde, ich müsste dich bitten, sie zu erfinden. :D

Liebe Grüße
Nostuga

 Irma antwortete darauf am 03.03.14:
Ich danke dir ganz, ganz herzlich für die außerordentliche Würdigung meiner allerersten Stanze (bzw. Nonarime)! Viele liebe Grüße, Irma

 princess (26.02.14)
Ich glaube fast, das Springen und Brechen ist das natürliche Risiko jeder Vase. Und wie passgenau dieses Risiko auf andere Lebensbereiche übertragbar ist, das lehrt mich diese Stanze.

Besonders mag ich, wie hier Titel und Text zu einer inhaltlichen Einheit verschmelzen. Es war mir ein Vergnügen, liebe Irma!

Liebe Grüße
Ira

 Irma schrieb daraufhin am 03.03.14:
Es gibt da natürlich auch noch die Ikea-Plastikvase, aber die ist nicht von Wert. Das Kostbare sollte man hingegen schätzen und (be-)achten. Dann hat es auch Bestand. Ich danke dir herzlich, liebe Ira, auch für das Einbeziehen des Titels. LG Irma

 AZU20 (26.02.14)
Gutes Objekt, gut gestanzt. LG

 Irma äußerte darauf am 03.03.14:
Danke schön, lieber Armin. LG Irma
holzköpfchen (31)
(26.02.14)
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 Irma ergänzte dazu am 03.03.14:
Wenn man den lieben langen Winter die Augen zumacht, kann es ein böses Erwachen geben. Dann ist das Erstaunen groß. Ich freue mich sehr darüber, liebes Holzköpfchen, dass du alle Sprünge bemerkt hast. Liebe Grüße, Irma

 TassoTuwas (26.02.14)
Glück und Glas wie leicht...
In diesem Fall war es glücklicherweise nur das Glas.
Ist aber viel Symbolik drin.
Liebe Grüße TT

 Irma meinte dazu am 03.03.14:
Vielleicht war es ja auch keine Glas-, sondern eine Porzellan-Vase? Da bringen Scherben ja angeblich Glück! Lieben Gruß und Dank, Irma

 plotzn (26.02.14)
Manche Risse sind nicht mehr zu kitten. Ich habe schon viele Vergleiche zu Beziehungen gelesen, liebe Irma - ein Vase war noch nicht dabei
Gefällt mir richtig gut!

Liebe Grüße, Stefan

 Irma meinte dazu am 03.03.14:
Ja, sie wird auch mit Kitt nie mehr ganz heil. Ich hatte zunächst einen Krug im Kopf, lieber Stefan. Aber es musste unbedingt etwas Weibliches sein. SIE, die Vase, steht für SIE, die LIEBE. Ich danke dir herzlich! Liebe Grüße zurück, Irma

 irakulani (27.02.14)
Das Schlimme ist, dass die feinen Risse niemand wahrnimmt; -nicht die in Vasen und nicht die in Beziehungen.
Das unsichtbare Zerbrechen ist lange schon geschehen, bevor die Scherben es für alle sichtbar machen.

L.G.
Ira

 Irma meinte dazu am 03.03.14:
Tja, man sollte seine Vase vielleicht von Zeit zu Zeit mal genauer unter die Lupe nehmen, sofern man sie wirkich schätzt. Ich danke dir, liebe Ira! LG Irma

 monalisa (28.02.14)
Ja, da kann ich mich nur anschließen, dieses Bild der Vase, der feinen Haarisse, die ansich normal und harmlos sind, erst zur Gefahr werden, wenn Wasser eindringt und die Vase dem Frost ausgesetzt ist. Also, in klaren Winternächten immer reinholen - aber auch nicht auf den Herd, zu große Hitze kann nämlcih genaus verheerend sein. Auch die erweiterte Stanzenform - Nonarime nennt man das wohl, passt hervorragend zur Durchdringung von Vase und Wasser ...

Toll umgesetzt, Irma,
liebe Grüße,
mona

 monalisa meinte dazu am 28.02.14:
Nochmal ich ;) sorry!
Ich würd nämlich gern noch anmerken, dass ich da
Die Vase hatte sie ihm einst geschenkt!
Klammheimlich hat sie Wasser aufgesogen
doch ein bisschen stutzig geworden bin. Diese beiden 'sie einerseits die Schenkende, andererseits die Vase.
Wenn man die Vase als Beziehung sieht, dann wurde sie ja nicht einseitig von ihr geschenkt, sondern beiden überlassen, damit sie sie füllen und Blumen reinstellen ...
Nun könnte man natürlich auch davon ausgehen, dass sie sich selbst als Vase schenkt, aber irgendwie mag ich den Gedanken nicht recht, das scheint mir wieder recht einseitiig. Mmmh.
Mir wär, glaub ich, etwas wie
'Die Vase wurde ihnen einst geschenkt' sympathischer. Na, was meinst du Irma?

 Irma meinte dazu am 03.03.14:
Liebe Mona, das stimmt, eine Beziehung kann man tatsächlich nicht verschenken. Für mich steht die Vase jedoch nicht für die BEZIEHUNG sondern für die LIEBE. ER fühlt sich betrogen, weil die Liebe, die SIE ihm einst geschenkt hat, irgendwie kaputt gegangen ist. In seinen Augen ganz plötzlich. Dabei ist sie allmählich wässerig geworden und erkaltet. Nur so konnte etwas hineindringen und sie endgültig zersprengen.

Wenn man die Augen aufmacht, lassen sich feine Haarrisse in der Liebe durchaus erkennen. Sie zeigen sich in den Veränderungen des Partners. Der Mensch, der hinter der Liebe steht, verändert sich ja, mit ihm passiert etwas. Hätte ER genauer hingeschaut, hätte er IHR inneres Zerbrechen bemerken können. All die kleinen Verletzungen haben ihre Spuren in IHR hinterlassen. Der doppelte Bezug von "SIE" war insofern von mir beabsichtigt, weil man das Abstraktum Liebe niemals losgelöst von der liebenden Person betrachten kann.

Ich hoffe, dass das Bild der Vase damit für dich stimmiger geworden ist, liebe Mona? Ich danke dir in jedem Fall ganz herzlich für deinen Kommentar und deine Nachfrage. Liebe Grüße, Irma
(Antwort korrigiert am 03.03.2014)

 monalisa meinte dazu am 10.03.14:
Liebe Irma,
da anscheinend sonst niemand ein Problem mit dieser Stelle hatte, wollte ich auch nicht weiter drauf rumreiten. Da du noch einmal nachgefragt hast:
Für mich gibt’s da zwei Punkte, die nicht ganz einfach zu packen sind:
1) Grammatikalisch: der doppelte Bezug des 'sie' einmal als die Schenkende
Die Vase hatte sie ihm einst geschenkt!
andererseits als das Geschenk (die Vase)
Klammheimlich hat sie Wasser aufgesogen
(das fühlte sich im Winter eingeengt).
Die Kälte hat ihr Innerstes durchzogen
und feinste Risse plötzlich aufgesprengt.
Schon lange war sie unsichtbar zerbrochen,
sonst wäre niemals Frost hineingekrochen.
Von da an geht es schneller, als man denkt.


Der Wechsel von 'sie hatte geschenkt' zu 'sie hat aufgesogen' kommt plötzlich und macht ein Umdenken erforderlich. Vielleicht liegt es daran, dass ich eine langsame Denkerin bin, dass mir da immer erst das Bild einer Frau, die klammheimlich Wasser aufsaugt, in die Quere kommt.
Zu lösen wäre dieses Dilemma für mich, indem sich die Frau als Vase praktisch selbst verschenkt (das kommt glaub ich etwa auf 'ihre Liebe' raus, wie dus verstanden wissen möchtest, hat aber so einen Selbstaufgabe-Beigeschmack für mich. Ist die Liebe wirklich nur Ihr Geschenk an ihn; was ist mit seiner Liebe an sie? Womit ich zum zweiten Punkt gelange

2) Inhaltlich: sie, die Schenkende, und sie, die Vase, sind zwei in eins, das eine (Vase/Liebe) dem anderen (Frau/Schenkende) untergeordnet. Wo bleibt ER, ist er reiner Geschenksempfänger, bringt er gar nichts ein? Oder ist er das Wasser, das sie aufsaugt, das sie durchdringt, gefriert und zum Bruch führt? Dann ist er ja schon vorher abgekühlt(gefroren), bevor ihre Liebe (Vase) zerbrochen ist. Warum fühlt er sich dann betrogen … ?

Für mich wärs so leichter zu nehmen; wenn die Vase nicht einseitig von ihr eingebracht würde:

Die Vase wurde ihnen einst geschenkt!
Klammheimlich hat sie Wasser aufgesogen

Damit wäre der Doppelbezug aufgehoben und die Liebe nicht mehr nur einseitig. Aber vielleicht ist es ja gerade das, dass nur sie ihn, er sie nie geliebt hat? Warum fühlt er sich dann betrogen?

Ich hoffe, ich konnte mich jetzt einigermaßen verständlich ausdrücken und ich falle dir mit meiner Pingeligkeit nicht zu sehr auf die Nerven. Du musst dem aber wirklich nicht allzu viel Gewicht beimessen, da die anderen offensichtlich gut damit klarkommen

Liebe Grüße,
mona
(Antwort korrigiert am 10.03.2014)

 Irma meinte dazu am 13.03.14:
Nein, Mona, ER liebt SIE noch! Im Grunde gehören zum Bild ZWEI Vasen. ER hat ihr einst seine Liebe (Vase) geschenkt und SIE ihm ihre Liebe (Vase). Als er plötzlich erkennt, dass die ihm von ihr geschenkte Vase so nicht mehr besteht - dass sie die Zeit nicht unbeschadet überstanden hat - fühlt er sich betrogen. Eben weil er sie noch liebt aber ihre Liebe sich (einseitig) verhändert hat. Er hat nicht bemerkt (oder nicht bemerken wollen), wie sich IHRE Liebe zu ihm ganz langsam verändert hat. Und auch nicht wie SIE (die Frau) sich im Lauf der Zeit verändert hat aufgrund vieler kleiner innerer Verletzungen.

INHALTLICH möchte ich den Doppelbezug deshalb gerne so belassen (habe auch bewusst DIE Vase und nicht DEN Krug gewählt, den ich zuerst im Kopf hatte). Aber GRAMMATIKALISCH gebe ich dir Recht, Mona:

Der Wechsel von 'sie hatte geschenkt' zu 'sie hat aufgesogen' kommt plötzlich und macht ein Umdenken erforderlich. Vielleicht liegt es daran, dass ich eine langsame Denkerin bin, dass mir da immer erst das Bild einer Frau, die klammheimlich Wasser aufsaugt, in die Quere kommt.

Das "sie" in Z.3 bezieht man automatisch auf die letzte vorhergehende weibliche Form, also auf das "sie" (= die Frau) in Z.2. Vielleicht lässt sich dieses Problem am ehesten durch einen Satzstellungswechsel vermeiden. Ich werde das

Die Vase hatte sie ihm einst geschenkt!
Klammheimlich hat sie Wasser aufgesogen

umändern in

Sie hatte ihm die Vase einst geschenkt!
Klammheimlich hat sie Wasser aufgesogen

Jetzt müsste es eigentlich ganz klar die Vase sein, die das Wasser aufsaugt. Oder?

Hoffentlich ergibt das Ganze jetzt ein rundes Bild für dich? Herzlichen Dank jedenfalls für deinen ausführlichen Kommentar und dein "penetrantes" Nachfragen. Auf diese Weise ist man gezwungen, alles noch einmal genau zu überdenken. Und das ist wichtig! Ganz liebe Grüße, Irma
(Antwort korrigiert am 13.03.2014)

 monalisa meinte dazu am 13.03.14:
Ja, Irma, so find ichs schon deutlich besser, bleibt immer noch ein leichter Restschatten, weil die Vase, die er schenkt, gar nicht zur Sprache kommt
So wärs für mich noch klarer:

"Die Vase hatte sie ihm einst geschenkt,
und die hat heimlich Wasser aufgesogen"


Vor allem aber ist wichtig, dass er für dich stimmig ist

Liebe Grüße,
pingelmona

 Irma meinte dazu am 25.08.14:
Liebe Mona, wenn ich jetzt ein halbes Jahr später nochmal über meinen Text schaue, frage ich mich, warum ich das "sie" und "er" nicht einfach zu einem "ich" und "du" gemacht habe - damit wären doch alle Probleme gelöst, oder? Liebe Grüße, Irma

 monalisa meinte dazu am 04.09.14:
Das ist eine prima Lösung, liebe Irma :).
Ja manchmal gilt: Gut Ding will Weile haben.

Liebe Grüße, mona

 Irma meinte dazu am 04.09.14:
Lieben Dank für die erneute Rückmeldung!
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