Die Straßenkinder

Text

von  Sanchina

Antonio war der Anführer der kleinen Truppe, weil er die Idee, sich selbständig zu machen, gehabt hatte. Allerdings machte ihm Manuel diese Position streitig, weil er der älteste Junge war; Hannchen zählte nicht mit.

Der Serbe und der Albanier brachten den deutschen Kindern das Stehlen bei. Die Kinder stahlen Geld und Lebensmittel, gelegentlich auch einmal eine Decke oder ein Bekleidungsstück. Sie grasten die Wochenmärkte ab; kein Supermarkt, kein Kaufhaus war vor ihnen sicher. Auch Busse und Straßenbahnen boten gute Gelegenheiten, etwas zu ergattern, beispielsweise eine volle Einkaufstasche.

Da die Kinder nur zu fünft waren, hielt sich der Schaden, den sie anrichteten, in Grenzen und fiel nicht weiter auf.

Bald schwärmten die Jungen als kleine Bande aus. Die niedlich aussehenden Zwillinge machten Faxen, um die Leute abzulenken, während Manuel und Antonio ihnen Geldbörsen, Brieftaschen und Waren aus den Taschen fischten.

Nur Hannchen getraute sich nicht, zum Stehlen mit zu gehen. Das Mädchen wollte lieber betteln. Doch Manuel und Antonio verboten ihr dies strikt. Ein bettelndes Kind wird doch in einer deutschen Großstadt sofort aufgegriffen.

Bald sprach Manuel gut genug Deutsch, um sich in der kleinen Truppe durchsetzen zu können. Er war ein intelligenter Junge und die Verhältnisse in Deutschland waren für ihn jetzt kaum anders als in seinem Heimatland, außer, dass die Versorgungslage deutlich besser war.

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