Charlotte Roche und biedermeierliche Fräuleinlyrik auf kV

Groteske zum Thema Literatur

von  toltec-head

Wie will man diesen Widerspruch erklären, "Feuchtgebiete" und "Shades of Grey" als absolute Frauenbestseller und biedermeierliche Fräuleinlyrik, deren sanfte Federn umweht von säuselnden Winden inmitten kuschelnder Muscheln auf den kV-Boden gleiten? Ist die Altersstruktur wirklich so schlecht? Alles nur alte Lehrerinnen auf kV? Nein, unsere sich engelsgleich gebenden Sylphiden sind teils jünger als Frau Roche, manche dabei sogar männlich. Und im übrigen: Was wäre Frau Roche ohne die 68´er ("Sex, Drugs and Rock´n´Roll"), von denen ein nicht ganz geringer Prozentsatz Lehrer wurde, und die heute alles alte Leute sind? Wahrscheinlicher ist etwas anderes. Die Leute meinen, "Feuchtgebiete" seien RTL, was nicht stimmt, da dergleichen auf RTL nicht gezeigt wird, sie aber machten höherstehende Literatur, was nun vollkommen lächerlich ist.

Literatur müsste da ansetzen, wo Frau Roche aufhört. Literatur muss im Sexus verwurzelt sein und über ihn hinausgehen. Nabokov, Genet und Edmund White haben den Sexus geistreicher, intensiver, literarischer beschrieben als die "Feuchtgebiete" dies tun und gingen so über ihn hinaus. Die von säuselnden Winden umgebenen kuschelnden Muscheln befinden sich nicht oberhalb des Sexus, sondern unterhalb. Sie sind erst Recht obszön. Fern davon den Sex zu transzendieren sondern sie als Sexkrüppel giftigen Schleim mit der ihnen unbewussten Absicht aus, ihre Umwelt auf ihrem niedrigen Energieniveau zu halten. Dies ist keine Literatur. Dies ist eine Pest.

Auf Facebook oder Datingplattformen strengt ihr euch alle brav an, schön exhibitionistisch zu sein, so wie es ja nicht nur diese Foren sondern die Zeit verlangt. Aber als Literatur hättet ihr dann  gerne weiter diese Etui-Literatur des 19. Jahrhunderts, wo das Private schön eingewickelt mit der Aspiration nach Höherem als Insignium des arrivierten Spießers versehen ist. Leute, wenn ihr mit Sexualität nicht klar kommt, beschreibt euren Fußpilz, denn der ist sexyer als eure säuselnden Winde und höher. Ihr seid Plankton und müsst endlich auch begreifen, dass ihr Plankton seid, und dass Literatur heute nur funktioniert, wenn sie aus Plankton und nicht aus diesem von euch propagierten Literaturnippes besteht.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

mannemvorne (58)
(05.04.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
lucien (26)
(05.04.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Avka (55)
(05.04.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Ich hoffe, du bist nicht 8.Zwerg?
Avka (55) antwortete darauf am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
parkfüralteprofs (57) schrieb daraufhin am 10.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas (05.04.14)
Ich sag nicht, dass ich der - wie du es im Text nennst - Kuschelmuschellyrik zu getan wäre. Bin ich nicht. Aber ganz ehrlich, sie ist mir lieber als Feuchtgebiete, Shades of Grey, Axolotl Roadkotz und die anderen, die ich zum Glück gar nicht kenne. Wixvorlagen für junge und alte Frauen sind das und keine Literatur. Plotlos und schlecht geschrieben - soweit ich das beurteilen kann, denn ich hab nur Ausschnitte gelesen um sagen zu können "schlecht geschrieben". Diese Bücher kotzen mich dermaßen an, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Dann lieber biedermeierlichen Fräuleinlyrik auf kV, denn ganz ehrlich, die ist medial nicht so omnipräsent.
(Kommentar korrigiert am 05.04.2014)
Avka (55) äußerte darauf am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Jack (33) ergänzte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Nein, Jack, du hast nicht Recht. Charlotte Roche setzt sich auf schonungslose und ernsthafte Weise mit ihrer Sexualität auseinander. Das ist bewundernswert, weil gerade bei Frauen so selten. Das Selbstenthüllende und Indiskrete ihrer Schriften hebt sie himmelweit über die von dir zitierte Toiletteninschrift hinaus. Ein Schüler kann tun, als stünde er über allen Dingen. Die Roche tut das nicht. Und wenn es auch keine besonders hochstehende Literatur ist, so ist es deswegen trotzdem interessant. Und setzt Maßstäbe auch für Autoren, die ernster genommen werden wollen. Selbstenthüllung und Indiskretion - darum geht´s auch in den Tagbüchern von Raddatz und zwar auf viel höherem Niveau. Ansätze gibt´s auch in deinen Texten, neulich der über Partystimmung zum Beispiel.

 Judas meinte dazu am 05.04.14:
@toltec wenn du das so empfindest, ist das ok. Ich kann das aber nicht nachvollziehen. In meinen Augen wollte Frau Roche provozieren und fand sich vielleicht noch lustig dabei, der Allgemeinheit Ekel unter die Nase zu reiben und zu sagen "haha der ist prüde, der das scheiße findet!" Aber für mich ist das mit der eigenen Sexualität wie mit einem Penis oder dem eigenen Glauben: es ist vollkommen ok, einen zu haben und auch vollkommen ok, stolz darauf zu sein, aber bitte nicht überall raushängen lassen und anderen Leuten in den Mund schieben.
Avka (55) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Judas, um das, wie ich es mal nennen möchte, Problem der Sexualität ist in der modernen Literatur nicht herumzukommen. Ob man hier kuscht, ob man versucht aufrichtig zu sein, ob man ausweicht, ob man so tut, als gingen diese Dinge einen nichts an, ob man sich nur lustig macht, ob man ernst ist, ob man versteht, dass hier mit Objektivität nichts getan ist, dass man zwangsläufig indiskret und exhibitionistisch sein muss, dies ist eine Scheidemarke, die relevant von irrelevant trennt.
Jack (33) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas meinte dazu am 05.04.14:
@toltec Zum Glück darf ich mich ja entscheiden, was ich lesen will und was nicht, aber vorallem stört mich an diesen Büchern, dass mir ihre Thematik ständig und überall ins Gesicht gedrückt wird, auch wenn ich mich eben nicht für sie interessiere.
Avka (55) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Meine Hämorrhoiden sehen ganz besonders aus. Im Laufe der Jahre haben die sich immer mehr nach außen gestülpt. Einmal rund um die Rosette sind jetzt wolkenförmige Haut¬appen, die aussehen wie die Fangarme einer Seeanemone. Dr. Fiddel nennt das Blumenkohl. Er sagt, wenn ich das weghaben will, wäre das ein rein ästhetischer Eingriff. Er macht das nur weg, wenn es die Leute wirklich belastet. Gute Gründe wären, wenn es meinem Liebhaber nicht gefällt oder ich wegen meinem Blumenkohl beim Sex Beklemmungen kriege. Das würde ich aber nie zugeben.

Wenn einer mich liebt oder auch nur geil auf mich ist, dann sollte doch so ein Blumenkohl keine Rolle spielen. Außerdem habe ich schon viele Jahre, von fünfzehn bis heute, mit achtzehn, trotz eines wuchernden Blumenkohls sehr erfolgreich Analverkehr. Sehr erfolgreich heißt für mich: kommen, obwohl der Schwanz nur in meinem Arsch steckt und sonst nix berührt wird. Ja, da bin ich stolz drauf

Charlotte Roche, Feuchtgebiete, Quelle: http://www.brigitte.de/liebe/sex-flirten/feuchtgebiete-leseprobe-566936/2.html

Also, Avka, ich weiß nicht auf welchen Toiletten du verkehrst, aber ich hab noch keine gesehen, wo so etwas steht. Es gibt niemanden auf kV, der (ich schließe mich da ein) mutig genug ist, solche Texte zu veröffentlichen. Jemand wie Avka ist natürlich auch zu alt dazu. Aber über die Sexualität alternder Frauen zu lesen, aufrichtig und schonungslos, das wäre eine Sensation, ein beinah größerer Tabubruch als der von Roche. Raddatz (über 70 !!!) schreibt teilweise über Sexualität und Alter; das zieht rein. Klar, dass so etwas nicht jeder kann. Wenn dann aber die ewigen Mauerblümchen über das, was einfach aussieht und in Wahrheit sehr schwer ist, nur schreien: alles Toilette!, so ist das beschämend.
Avka (55) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Avka (55) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Ich hab mit keinem Wort gesagt, dass eine Frau Mitte 50 für Sex zu alt ist. Ich hab nur gesagt, dass sie sich ziemlich lächerlich machen würde, wenn sie die Dinge so beschriebe, wie Charlotte Roche dies tut. Nachlassende Attraktivität und nachlassende Lust, obwohl man weiterhin ein sexueller Mensch ist (und dies bis ins hohe Alter bleibt, siehe Tagebücher Raddatz) sind Themen, über die es sehr schwierig zu schreiben ist. So etwas, wozu man beinah noch mehr Mut braucht, als Charlotte Roche hatte, findet man selten und auf kV ist mir kein einziger Text bekannt. Mit aufklärerischer Inbrunst zu sagen, Frauen und Männer über 50 hätten ihre Sexualität genau wie die jungen, damit ist es nun wahrlich nicht getan. Das spart zu viele bittere Wahrheiten aus, die es für jedes Alter gibt, und die von Roche, was sie selbst angeht, ja gerade auch nicht verschwiegen werden.
(Antwort korrigiert am 05.04.2014)
Avka (55) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 10.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas meinte dazu am 10.04.14:
@parkfüralteprofs Hab das grad mal Google in den Rachen geworfen und klingt tatsächlich interessant. Danke fir den Tipp :)
Der nächste weibliche Stern am Prosahimmel werd ja aber sowieso ich. *hust*

Ich finde es gut, dass du das hier erwähnst. Es wird mir leider allzu oft außer Acht gelassen, dass es eben nicht nur die beiden Extreme gibt. Auch hier auf kV nicht.

 toltec-head meinte dazu am 10.04.14:
Am Juli 2005 besucht Raddatz Schloss Salem, wo gerade eine Golo-Mann-Ausstellung mit (Zitat) "eher mickrigen Exponaten" ist. Draußen herrscht Mittagsglut und er fragt sich, welchen Sinn es haben soll, diese ein Bett´chen und ein paar Skier nachstellende Ausstellung abzuarbeiten. Einziger Lichtblick, als er kurz auf der Besuchertoilette verschwindet, ein Stück Pissoir-Poesie:

Einsame Jungen suchen einsame Mädchen zum einsamen.


Sein Kommentar: Zu so was hätte Golo Mann wohl nie "die Traute" gehabt.

(Tagebücher, 2002-2012, S. 269)

Ob Judas unsere große Prosaistin in spe vielleicht die Traute zu so was hat? Warten´s wir ab.

 Judas meinte dazu am 11.04.14:
@toltec der gleiche Spruch steht auch auf einer Wand Nähe Bahnhof wenn ich zur Uni gehen.

Wenn ich berühmt und reich und schön bin, ruf ich dich an und wir essen ein Stück Kuchen oder so. Deal?

 toltec-head meinte dazu am 11.04.14:
Berühmt und reich reicht für mich, aber Deal (ich glaube, Jack fällt gerad tot um vor Neid).
Jack (33) meinte dazu am 11.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 11.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas meinte dazu am 12.04.14:
An der Stelle muss ich gestehen, dass ich mich mit Gegenwartsliteratur bestimmt weitaus weniger gut auskenne als zB du oder toltec. Obwohl ich selbst auf Slams gehe, kenne ich keinen dieser "berühmten" Poetry-Slamer. Einige von denen habe ich zwar persönlich kennen gelernt, aber die gingen mir so sehr auf den Sack, dass ich ihre Namen nicht mehr weiß.
"Nichts als Gespenster" war mir aber tatsächlich irgendwie ein Begriff und zwar vermutlich wegen des Filmes, wie mir nach deinem Kommentar klar wird. Interessanterweise lief er sogar mal in dem Kino, in dem ich ein Jahr gearbeitet habe.. aber an das erinner ich mich jetzt auch erst, nachdem ich den Inhalt genaustens gelesen habe.

Ob ich das mal lesen werde, wenn ich's in die Hand bekomme, ist aber nicht unwahrscheinlich. Auf jeden Fall scheint es mir ein guter Beweis, dass es doch etwas zwischen toltecs biedermeierlicher Fräulein Lyrik und Roche gibt.

 toltec-head meinte dazu am 12.04.14:
"Alberta empfängt einen Liebhaber" finde ich den klebrigsten Titel der Weltliteratur. Dann lieber Roche.
parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 13.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 13.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Judas meinte dazu am 13.04.14:
Wenn man bedenkt, was ich meistens lese, würde ich diesem Club nur zu gerne beitreten :D
@parkfüralteprofs Ein Poetry Slam ist nichts, wo man gewesen sein muss. Einige können aber sehr gut sein und haben schon eher den Charakter einer amüsanten Lesung. Aber viele der Großen finde ich selbst entsetzlich.

 toltec-head meinte dazu am 01.07.18:
Es gibt auf kV Leute, die sind gebildeter, sicherlich belesener als Roche, vielleicht sogar manche die besser, sicherlich viele die "richtiger" schreiben können. Ob Roche, so wie hier einige alte Tanten alle möglichen Reimschemen rauf unter runter kann, wag ich zum Beispiel mal zu bezweifeln. Aber woran es eben fehlt ist Wille zur Wahrhaftigkeit und ohne diesen Willen ist eben alles nichts.

Dies als Zusammenfassung, warum es auf diesem Forum so wenig lesenswerte Texte gibt. Die Leute sind nicht zu ungebildet, zu unbelesen, kennen sich nicht zu wenig mit technischen Fragen der Kunst aus, nein, sie sind ganz einfach schlicht und ergreifend verlogen. Statt ihrer eigenen Säfte muss es immer gleich so ein Scheiß wie der süße Gesang der Nachtigall sein. So kommt dann natürlich, und ginge es Jahrhunderte weiter, nie was bei raus.

 Judas meinte dazu am 01.07.18:
4 Jahre verspätete Antwort, toltec, was'n los?
matwildast (37) meinte dazu am 02.07.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head meinte dazu am 05.07.18:
"Charlotte Roches Ansatz scheitert vor allem daran, dass sie als Mensch ein manipulativer Borderlinetyp ist."

Find ich nicht. Die ist - oder war (ist jetzt glaub ich ganz Hausfrau) - doch einfach nur cool. Ansonsten: Klasse Kommentar. Was hältst du von Marguerite Duras? Hatte den Thread etwas aus den Augen verloren, sry Judas.
matwildast (37) meinte dazu am 07.07.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch (05.04.14)
... Literatur müsste da ansetzen, wo Frau Roche aufhört.

also an den füßen, wo es schön kitzlig wird. vor "sondern" stets ein komma, ausgenommen hier: wir sondern keinen müll ab.
Jack (33) meinte dazu am 05.04.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch meinte dazu am 05.04.14:
hallo, ich schreibe in kommentaren stets klein!

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Da spricht der Frauen- und Kommakenner. Und Gourmet? Falls du das "sondern" vor Sexkrüppel meinst, liegst du falsch, schau noch mal richtig hin.
(Antwort korrigiert am 05.04.2014)

 loslosch meinte dazu am 05.04.14:
kleiner witzbold. das war der auslöser fürs wortspiel. vorher aber fehlt zweimal das komma - bei der konjunktion. (das solltest du erst mal sondern.)

 loslosch meinte dazu am 05.04.14:
und noch was:

... Die von säuselnden Winden umgebenden kuschelnden Muscheln ...

(hast zu viel genuschelt. da musste nochmal ran!)

 toltec-head meinte dazu am 05.04.14:
Danke.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram