Einerseits spürt man bei Raddatz an allen Stellen die überlegene Intelligenz, irgendwo schreibt er, ein Arzt habe ihm mal gesagt, seine Synapsen arbeiteten doppelt so schnell wie bei normalen Menschen, aber dann auch wieder eine Art Dummheit, die eigentlich mit dem Wort Eitelkeit nicht richtig einzufangen ist. Ja er ist eitel, aber das Problem ist, dass es eine Buchhalter-Eitelkeit ist, er vergleicht sich ständig mit anderen, seine Eitelkeit hat keine Grandezza, es fehlt ihr der Zug in´s Absolute. So fragt er sich denn auch ständig, ob er vielleicht am Ende doch nur bloßer Feuilletonist, während seine Freunde Grass, Kempowski & Co richtige Schriftsteller. Die Unterscheidung Primär- und Sekundärliteratur nagt an ihm, aber dass dies eine Buchhalter-Unterscheidung sein könnte, dämmert ihm nicht. Bei diesem sich mit anderen und alle anderen ständig untereinander vergleichen entsteht eine Art Kammerdiener-Blick auf die Literatur, die dem Leser einige Schadenfreude aber stets auch einen faden Nachgeschmack bereitet. Die Nuttentour des Greises, das ist sicherlich amüsant, aber große Literatur gibt einem doch den Geschmack edlen Resignierens und wie kann es sein, dass ein so intelligenter Literat wie Raddatz so gar nichts davon hat?
Finde ich auch, lieber Dieter Wal. sehr gute Charakteristik. Und darüber hinaus freue ich mich, in letzter Zeit vermehrt mit Texten von toltec-head bekannt gemacht zu werden, dessen "Blütezeit'" bei kV ich ja nicht mitbekommen habe!