INRI. Das Symbol des Kreuzes

Gedankengedicht zum Thema Wahrnehmung

von  EkkehartMittelberg

Ich bin hin- und hergerissen
beim Anblick von Kreuzen
als Symbol des Opfertodes Jesu Christi.

In Kirchen, von großen Künstlern dargestellt,
beeindrucken sie mich.
Aber ich darf nicht daran denken,
was im Namen des Kreuzes geschehen ist.

Beklemmung befällt mich,
denke ich an die Metzeleien
der Kreuzritter,
erinnere ich mich
an die Kreuze,
hochgereckt mit fanatischen Blicken,
während der Foltern
der spanischen Inquisition,
an die Kreuze,
mit Heidenblut getränkt,
die die Konquistadoren triumphierend aufpflanzten,
an die Kreuze,
die Irre
schützend vor sich hielten,
wenn Hexen verbrannt wurden,
an die mit Edelsteinen geschmückten Kreuze,
mit denen pompöse Würdenträger
heute noch in Kirchen blenden.

Aber wenn ich mit meinem Fahrrad
auf stillen Feldwegen fahre
und am Wiesenrain
bescheidene Holzkreuze sehe,
die eine gläubige Seele
mit Blumen liebevoll geschmückt hat,
dann lege ich meine Beklemmungen ab.

© Ekkehart Mittelberg, April 2014

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (21.04.14)
Gerade als Agnostiker weiß ich, dass es zwischen der Institution und ihren Vertretern und Verfechtern und dem spirituellen Bedürfnis an sich zu unterscheiden gilt. Darum glauben die allermeisten Christen ja auch "das Falsche", folgen so gar nicht der vorgeschriebenen Theologie (denn als Christ darf man nun einmal nicht glauben, was man will).

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Danke, Trekan, ich bin ebenfalls Agnostiker und nicht frei von den Sentimentalitäten, die diese sich manchmal leisten.^^

 WortGewaltig (21.04.14)
Diesen Widerspruch kann ich gut nachvollziehen. Zum einen, das Kreuz das die Kirche symbolisiert und zum anderen das Kreuz das den Tod symbolisiert. Der Tod gehört zum Leben, die Kirche allerdings nicht. LG

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 21.04.14:
Merci, Uwe, ein Kommentar, der mir sehr gefällt.

 SapphoSonne schrieb daraufhin am 21.04.14:
Und dem ich mich gerne anschließen möchte.
LG Sappho

 susidie (21.04.14)
Ein sehr nachvollziehbarer Gedankengang, lieber Ekki. Es ist schwierig die Bilder, die du beschreibst, auszublenden beim Anblick von Kreuzen. Mir gefällt daher auch eher die vorchristliche Bedeutung des Kreuzes, die Himmelsrichtungen auf Erden, die der Mensch geht sowie die Verbindung von Himmel und Erde, ein einfaches Zeichen für das ganze Universum. Ich wünsche dir Spaziergänge, -fahrten ohne Beklemmungen und die liebevolle Wahrnehmung der Schönheit vieler Kreuze, die tatsächlich in der Einfachheit liegt.
Liebe Grüße von Su :)

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 21.04.14:
Grazie, Susi. Genau, der Gedanke der Einfachheit, daran liegt mir viel.

Liebe Grüße
Ekki
BellisParennis (49)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 21.04.14:
Danke, Bellis. Es tut immer wieder gut, feststellen zu können, dass man mit bestimmten Gedanken nicht allein ist.

Frohe Ostern auch für dich.
Ekki
chichi† (80)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Merci, Gerda, Ja, das Symbol des Kreuzes und der Missbrauch damit zieht sich als Leitmotiv durch viele historische Romane. Es besteht wenig Grund für die Annahme, dass sich das positiv verändern wird.
Lass das Fest heiter ausklingen.
Ekki

 Fuchsiberlin (21.04.14)
Im "Namen des Glaubens" geschah viel Grausames. Du stellst dies auf eine gute, schnörkellose und eindringliche Art und Weise dar. Dein Abschluß wirkt einerseits beruhigend, zeigt jedoch auch den Widerspruch, der in diesem Kreuz liegt. Ein Kreuz, das als Symbol Krieg und Frieden stiftet(e). Es existieren auch noch die stillen und persönlichen Kreuze, die von Menschen abseits der Kirche, also keinen Kirchenangestellten, aufgestellt wurden. In Gedenken an den gewaltsamen Tod eines Menschen.

Liebe Ostermontagsgrüsse
Jörg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Schön, dass du noch einmal auf die persönlichen Kreuze verweist, Jörg, auf die stillen Mahnmale friedlicher Menschlichkeit.
Danke und liebe Grüße
Ekki
Wortpflückerin (53)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Heute zeigen die Mafiosi aus Wirtschaft und Politik gern, dass sie mit der Kirche auf guten Fuß stehen. Es wird also weiterhin Gewalt im Namen des Kreuzes ausgeübt.
Wenn du in dem Text Zerrissenheit spürst, entspricht das meiner Intention. Ein klarer Text, ohne Ambivalenz, über das Kreuz als christliches Symbol entspräche nicht der Wahrheit.
Danke für deine Fragen.
LG
Ekki
Fabi (50)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Grazie, Fabi, dein Kommentar mit dem Verweis auf die Eiferer, auf Zweifel und und die Wegränder passt gut zu meinem Gedicht.
Ich wünsche dir einen heiteren Ausklang des Osterfestes.
Ekki
Nimbus (38)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Liebe Heike, ich gewöhne mich daran, dass du meine Gedichte nicht oder nur zum Teil verstehst. INRI gehört zu der Allgemeinbildung, die man voraussetzen können sollte und wenn nicht, lässt es sich leicht googeln. Es heißt übrigens nicht einfach "König der Juden", sondern "Jesus von Nazareth, König der Juden." Weshalb steht es in meiner Überschrift? Auf dem Kreuz, an dem Jesus starb, ist es bittere Ironie gegenüber seiner Machtlosigkeit auf dieser Welt. Im Gegensatz dazu haben Christen unter dem Zeichen des Kreuzes gewaltsame Missionierung betrieben. Auf diesen Widerspruch weist die Überschrift hin.
Das Kreuz als Schutz: Christen haben es dem Satan entgegengehalten, wenn sie ihn irgendso witterten.
Selbst wenn vermeintliche Hexen in äußerster Hilflosigkeit verbrannt wurden, glaubten sie noch an deren satanische Macht unjd hielten ihnen das Kreuz entgegen, um den Teufel von sich fern zu halten.
LG
Ekki
Nimbus (38) meinte dazu am 21.04.14:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Die Symbolik des Kreuzes verweist in erster Linie auf den Opfertod Jusu Christi und wurde von Tätern bei gewaltsamer Missionierung missbraucht. Darum geht es im Kern bei meinem Gedicht. Ich begreife nicht, was daran so schwer zu verstehen ist.
Graeculus (69) meinte dazu am 21.04.14:
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 loslosch meinte dazu am 21.04.14:
was heißt schon besser? nicht "jesus, der gesalbte" steht auf den kreuzen; ichthys ist was für insider.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
@Graeculus: Ich behaupte ja nicht, dass das Kreuz das beste Symbol für den christlichen Glauben ist. Aber ich habe Schwierigkeiten damit und die versuchte ich zu beschreiben.
Graeculus (69)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Danke. Ich kann einfach nur zustimmen.
Al_Azif (34) meinte dazu am 21.04.14:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Merci, Al_Azif. das ist für mich ganz neu. Mit der Allwisseneit Gottes hatte ich immer meine Schwierigkeit. Er hätte demnach vorher schon wissen müssen, dass sein Experiment mit dem freien Willen des Menschen fehlschlägt und hätte sich den Opfertod seines Sohnes sparen können. Freilich kein origineller Gedanke. Ich vermute, dass ihn jeder, der ein bisschen Mut hat, gegen den Strich zu denken, schon gedacht hat.
Al_Azif (34) meinte dazu am 21.04.14:
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 loslosch meinte dazu am 22.04.14:
wer "freude" am grundsätzlichen hat, sei verwiesen auf

 theodizee.

 loslosch (21.04.14)
historie im zeitraffer. erst verhöhnten die juden den gekreuzigten (rex iudaeorum), später verkam das kreuz zum symbol der heuchelei.

in der schlusszeile ist "vergesse" ein hartzeichner. den weichzeichner würde ich bevorzugen, zb "dann lege ich meine Beklemmungen ab". oder ähnlich.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Merci, Lothar. den guten Weichzeichner übernehme ich gern.
Pocahontas (54)
(21.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.14:
Grazie, Sigi, ich stimme dir zu. Wenn sich eine Institution eines Glaubens annimmt, droht immer die Gefahr von Machtbewahrung und damit verbunden der Scheinheiligkeit.

Liebe Grüße
Ekki
Avka (55)
(22.04.14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.04.14:
Merci, ich freue mich über deine Empathie, Marie. Wenn das Kreuz nur genutzt würde, um auf den Opfertod Jesu Christi zu verweisen, könnte das Richtige im Falschen wieder an Kraft gewinnen. Ich fürchte jedoch, dass es bei dem frommen Wunsch bleibt.

Liebe Grüße
Ekki

 ViktorVanHynthersin (22.04.14)
Würde man das INRI im Titel ignorieren, lieber Ekkehart, würden sich weitere Kreuze "aufdrängen" - siehe u. a. das Hakenkreuz, das Kreuz des Antichristen, etc. Eine feine Anregung zu Ostern und darüber hinaus.
Herzliche Grüße
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.04.14:
Vielen Dank, Viktor, vor allem für das einfache, unabweisbare Argument, INRI beizuhalten.
Herzliche Grüße
Ekki

 irakulani meinte dazu am 22.04.14:
Das Symbol des Kreuzes gab es lange vor dem Christentum. Deshalb finde ich auch, dass du mit der Überschrift das Thema (zu Recht) eingrenzt, lieber Ekki, denn hier geht es ja um die christlichen Inhalte.

Das, was Glauben ausmacht, kann ganz schlicht sein und ist darum um so beeindruckender. Dagegen, was man aus Symbolen macht und wozu man sie missbraucht ist schändlich. Man sollte vorsichtig sein, wenn man urteilt.

Dein Text, lieber Ekki, ist auf jeden Fall eine gedankliche Auseinandersetzung wert, und Ostern ist die Gelegenheit dazu!

Herzliche Grüße.
Ira

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.04.14:
Ich freue mich über deinen und Viktors Kommentar sehr, Ira, weil ich mich verstanden fühle.
Herzliche Grüße
Ekki
Festil (59)
(02.10.16)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.10.16:
Danke. Das freut mich sehr.
LG
Ekki
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