Wurbulenzen

Pantun zum Thema Jahreszeiten

von  monalisa

Der Flüsterwind durchstreift verhalten leere Tage,
er trägt verblasste Blütenblätter übers Land.
Der Sommer ist gereift und duldets ohne Klage.
Gewagter und koketter treibts der Herbst im Sturmgewand.

Er trägt verblasste Blütenblätter übers Land,
sein kühler Atem lässt schon Winterstille ahnen.
Gewagter und koketter treibts der Herbst im Sturmgewand
zum bunten Abschiedsfest mit muntren Blätterfahnen.

Sein kühler Atem lässt schon Winterstille ahnen.
Noch bin ich nicht bereit, gefasst in mich zu gehn.
Zum bunten Abschiedsfest mit muntren Blätterfahnen
will ich im schönsten Kleid mich lang noch tanzend drehn.

Noch bin ich nicht bereit, gefasst in mich zu gehn.
Bevor der Tod mich greift, ich aller Lust entsage,
will ich im schönsten Kleid mich lang noch tanzend drehn.
Der Flüsterwind durchstreift verhalten leere Tage.

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (16.09.14)
Der Kreis schließt sich nicht ganz (V3/ V14), das Gedicht aber liest sich für eines mit so vielen Wiederholungen, wie es das Pantun verlangt, ziemlich gut.
Liebe Grüße, Dirk

 monalisa meinte dazu am 16.09.14:
So aufmerksame und kundige Leser, wie dich, Dirk, kann man sich nur wünschen. Ja, genau, ich bin in der letzten Strophe (V14) aus dem Schema ausgebrochen, da steht sozusagen der Kernsatz, um den herum sich allerlei Windturbulenzen ergeben, leise Töne des sich ankündigenden Abschieds, trotziges Aufbegehren, Festhalten … Loslassen. Die ganze Palette eben!

Vielen Dank für deinen Kommi,
liebe Grüße,
mona
B-Site (30)
(16.09.14)
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 Irma antwortete darauf am 16.09.14:
Die Assoziation zu "Schwurbellyrik" hatte ich hierbei nicht, B-Site, und ich lese das Gedicht auch nicht als schwurbeltechnische Parodie. Für mich ist "Wurbulenzen" eine gelungene Wortkreuzung aus "Wirbel" und "Turbulenzen" und das Pantun ein wunderschönes Herbstgedicht. LG Irma
B-Site (30) schrieb daraufhin am 16.09.14:
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 monalisa äußerte darauf am 16.09.14:
Nein, an Schwurbelei habe ich bei Wurbulenzen nicht gedacht, B-Site, und auch für den störenden Flüsterwind finde ich nicht so leicht adäquaten Ersatz, ein Wind, der sich erst nur flüsternd als Ahnung bevorstehender Stürme ankündigt. Naja, kann ich gut akzeptieren, dass das nicht jedermanns Sache ist, ebenso, dass Jaheszeitengedichte nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Dass sich daraus ableiten lässt:
„Gedichte scheinen im Fluss des kreativen Vermögens einiger Schreiber begrenzt, was sich durch Jahreszeiten-Gedichte offenbart (die sind alle gleich, ich meine alle)“
halte ich für ein wenig kurzgegriffen, oberflächlich und pauschal. Was soll an einer Jahreszeit als vordergründiger Bildebene schlechter, banaler, uninspirierter sein als an irgendeiner anderen. Nun, ich will dir deine Meinung nicht ausreden, hätte auch wenig Sinn ;). Ich sehs halt ein bissl anders.
Die Schwurbellyrik schmerzt natürlich schon, aber auch die kann ich als deinen Eindruck stehen lassen (auch bis zu einem bestimmten Grad verstehen. Man kann ja alles so oder so lesen.);
Am Ende meines 'kreativen Flusses' bin ich noch nicht angelangt, mein Schreibvermögen, meine Ideen sind nicht erschöpft sind, davon bin ich überzeugt.

Dankeschön fürs Hinterlassen deiner Meinung
Liebe Grüße,
mona

_________________________


Ja, Irma, vielleicht liegt es auch ein bisschen am jeweiligen Lebensalter, wie man den Bezug zu einer Jahreszeit herstellt. Du scheinst da ähnlich, wie ich zu empfinden. Auch dafür ein herzliches Dankeschön.

Liebe Grüße,
mona

 Regina (16.09.14)
Sprachlich gefällt es mir sehr. Inhaltlich muss ich B-Site recht geben, dass man vllt. erst die Herbstgedichte der anderen Autoren lesen sollte, bevor man ins immer gleiche Horn tutet. Das, obwohl ich selber Jahreszeitengedichte schreibe.
(Kommentar korrigiert am 16.09.2014)

 monalisa ergänzte dazu am 16.09.14:
Dein Kommi erstaunt mich etwas, liebe Regina, zumal er sich erst (vor der Korrektur) ganz anders las. Ich bin nicht der Meinung, dass man Inhalte, die bereit literarisch behandelt wurden, nicht auf eigene Weise wieder aufgreifen darf/soll. Die Literatur wäre ziemlich arm, wenn dem so wäre und es bliebe eigentlich gar nicht mehr zu schreiben übrig.
Ich glaube schon, dass ich hier, auch wenn ich durchaus gängige Bilder verwendet, etwas Neues mit introspektivem Fokus erzählt und nicht bloß 'ins immer gleiche Horn gestoßen habe. Ich lese mit großem Interesse auch die Herbstgedichte der anderen Autoren.

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg (16.09.14)
Liebe Mona,

Allein schon deswegen, weil du dein Herbstgedicht in der Form des Pantun geschrieben hast, kann es anderen Herbstgedichten, die zum Beispiel in diesem Jahr hier eingestellt wurden, nicht gleichen.
Das Pantun ist ein sehr differenziertes ästhetisches Spiel, das unabhängig von dem Inhalt, schon sich selbst genügen könnte. Hier sei noch einmal an seine Bauform erinnert:

„Ein Pantun kann aus beliebig vielen Strophen bestehen. Die Strophen bestehen aus vier Zeilen mit je acht bis zwölf Silben. Gereimt werden diese Quartette im Kreuzreim, also a-b-a-b. Jeweils die zweite und vierte Zeile einer Strophe werden als erste und dritte Zeile der nächsten Strophe wiederholt. Zusätzlich wird die dritte Zeile der ersten zur zweiten Zeile der letzten Strophe und der erste Vers des Gedichtes zum letzten, teilweise bleiben aber erste und dritte Zeile der ersten Strophe auch unvertauscht.
Ein Gedicht mit vier Strophen besteht also aus nur acht verschiedenen Versen (1–8) und vier Reimpaaren (a–d):
[...]"
(Quelle Wikipedia).

Das Pantun mit seinen vielen Wiederholungen – auch dieses Gedicht enthält nur relativ wenige verschiedene Verse – ist nicht jedermanns Sache. Ich gestehe gerne, dass ich selten Gefallen an Pantuns finde, aber dieses kunstvoll durchkomponierte Gedicht sagt mir sehr zu, besonders weil in seiner Schlussstrophe noch einmal die barocke Polarität, (die in der Postmoderne eine Renaissance erfährt,) zusammengefasst wird, eine Polarität, um die hier alles kreist: Todesahnung und Lebensbejahung.

„Noch bin ich nicht bereit, gefasst in mich zu gehn.
Bevor der Tod mich greift, ich aller Lust entsage,
will ich im schönsten Kleid mich lang noch tanzend drehn.
Der Flüsterwind durchstreift verhalten leere Tage.“
(Kommentar korrigiert am 16.09.2014)

 monalisa meinte dazu am 16.09.14:
Vielen herzlichen Dank, Ekki, für deinen ausführlichen und kundigen Kommentar. Ich freue mich außerordentlich über deine Zeilen inklusive Erläuterungen zur Pantun-Form.
Ich stimme dir auch darin überein, das die vielen 'programmierten' Wiederholungen leicht ermüdend und langweilig wirken können und gehöre auch nicht zu den Anhängerinnen dieser Form per se, für manche Inhalte und wenn man es versteht den Versen gleichen Wortlauts in der Weiderholung unterschiedliche Nuancen zu verleihen, kann sie aber überaus reizvoll und spannend sein.

Danke dir, liebe Grüße,
mona

 unangepasste (19.09.14)
Ich finde dieses Gedicht auch sehr gelungen, und für mich hebt es sich sehr wohl von anderen Herbstgedichten ab. Mich hat es jedenfalls dazu inspiriert, mit dieser Form auch einmal zu experimentieren, und obwohl ich das Thema so gewählt habe, dass die Wiederholungen inhaltlich passen, brauchte es ein bisschen Zeit, sie so einzubauen, dass ich sie als stimmig empfand. Bei dir stören sie keineswegs, sondern fügen sich sinnvoll ins Gedicht ein. Das Aufbrechen der Form zum Schluss macht es natürich etwas einfacher, aber thematisch gehört dieser "Ausbruch" hier dazu und verleiht dem Gedicht einen großen Teil seines Reizes.

 monalisa meinte dazu am 19.09.14:
Vielen herzlichen Dank für deine Rückmeldung und Empfehlung. Ich freue mich sehr über deine Einschätzung, freue mich auch, dass ich dir einen leisen Anstoß geben konnte, selbst mit der Pantun-Form zu experimentieren.

Liebe Grüße,
mona
janna (66)
(19.09.14)
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 monalisa meinte dazu am 19.09.14:
Vielen Dank, Janna!
Wenn ich über Jahreszeiten schreibe, sehe ich das praktisch nie als reine Beschreibung äußerer Zustände, sondern stets in Verknüpfung zum Menschen und seiner Befindlichkeit. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass du diese Verknüpfung ansprichst und daran Gefallen findest :).

Liebe Grüße,
mona
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