Die Geschichte und die Geschichten der Menschheit sind voll von Mythen und Legenden. Oft ist von dem Vergangenen nichts mehr geblieben, das erzählt werden kann. Sich der Wahrheit zu nähern wird dann schwierig, wenn nicht unmöglich, auch wenn der technische Fortschritt, gerade in Hilfswissenschaften wie der Archäologie, vieles möglich gemacht hat.
Kaum etwas scheint jedoch so anfällig für phantasievolle Erzählungen zu sein, wie der Krieg. Gerade da, wo gesicherte Informationen Mangelware sind, blühen die Mythen und Legenden. Doch es gibt noch einen weiteren Grund dafür: Das, was uns heute ein Mythos zu sein scheint war ursprünglich etwas ganz anderes: Politische Propaganda! Darum lohnt immer ein genauerer Blick.
Die Anfänge der Waffen-SS:
Der Begriff Waffen-SS tauchte zum ersten Mal Ende 1939 in den Akten auf. Umgangssprachlich war er seit Hitlers Rede in der Kroll-Oper nach Abschluss des Westfeldzuges vom 19. Juli 1940 üblich. Sie entstand aus drei Gruppierungen.
Die erste war die SS-Verfügungstruppe, die aus den politischen Bereitschaften hervorging, mobile Rollkommandos, die für Gewalttaten im Sinne des NS-Systems zur Verfügung standen. So waren die politischen Bereitschaften an den Morden des 30. Juni 1934 ("Röhmmorde") beteiligt. Sie wurden in der zweiten Hälfte der 30er Jahre neu geordnet. So entstanden die Standarte* Germania', stationiert in Hamburg, und die Standarte Deutschland, stationiert in München. Nach dem Anschluss Österreichs wurde in Wien die Standarte Der Führer aufgestellt. Hinzu kamen noch Unterstützungseinheiten wie z.B. ein Pioniersturmbann**. Jedes Standarte hatte einen festen Rekrutierungsraum.
Einen weiteren Teil der entstehenden Waffen-SS bildete die in Berlin aufgebaute Standarte Leibstandarte SS Adolf Hitler. Befehligt von Sepp Dietrich sahen sich die Männer der LAH*** als Elite innerhalb der SS. Die politischen Bereitschaften wurden nach ihrem Vorbild entwickelt. Auch die LAH war an frühen Morden und Verbrechen des NS-Staates (auch hier z.B.: "Röhmmorde") beteiligt. Im Gegensatz zu anderen SS-Einheiten durfte die LAH im ganzen Reichsgebiet rekrutieren.
Den dritten Pfeiler der Waffen-SS bildeten die militärisch ausgerüsteten und ausgebildeten SS-Totenkopfverbände. Jene Männer waren ursprünglich zur Bewachung der Konzentrationslager zuständig - die Totenkopfverbände behielten diese Aufgabe bis zum Kriegsende - und kamen wie ihr Anführer Theodor Eicke aus jenem Milieu, mit den entsprechenden Folgen(s.u.).
Zumeist werden die SS-Junkerschulen - zuerst in Braunschweig, dann auch in Bad Tölz - noch zu Waffen-SS gehörig gezählt, doch hatten sie den Auftrag, SS-Führer**** für die gesamte SS auszubilden, bzw. für das von Himmler geplante Staatsschutzkorps. Seit 1934 bestehend, wurden sie erst mit Erlass vom 17. August 1938 Teil der SS-Verfügnungstruppe. In den Vorkriegsjahren gelangte nur 1/3 der Absolventen der SS-Junkerschulen zu den Verbänden der sich entwickelnden bewaffneten SS.
Lange Zeit wehrte sich die Wehrmachtsführung dagegen, dass der Dienst in der Waffen-SS als gleichwertig zum bzw. Ersatz für den Wehrdienst angesehen wurde. Der Status der Armee als "Waffenträger der Nation" sollte so geschützt werden. Mitglieder der SS-Verbände mussten nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht am 16. März 1935 diesen ableisten. Das änderte sich erst mit einem Erlass Hitlers vom 17. August 1938, in dem ausdrücklich festgehalten wurde, dass die Waffen-SS kein Teil der Wehrmacht oder der Polizei sei, sondern eine stehende bewaffnete Truppe, über deren Einsatz Adolf Hitler persönlich entschied.
Die Männer:
Die Waffen-SS wurde im Krieg von Propagandisten und nach dem Krieg von Apologeten gerne als eine europäische Armee hingestellt. Nichts könnte ferner von der Wirklichkeit sein. Zwar kämpften in ihr verschiedene Nationalitäten, doch es gab eine eindeutige Hierarchie.
An der Spitze standen die Reichsdeutschen. Sie sahen sich selbst höchste Vervollkommnung des SS-Mannes, auch weil vor dem Krieg für sie strenge Auswahlkriterien gegolten hatten. Ihnen annähernd gleichgestellt waren nur noch die Volksdeutschen - zumindest wenn sie die deutsche Sprache beherrschten, was keine Selbstverständlichkeit war. Himmler hatte sich bei Hitler den Zugriff auf diese Bevölkerungsgruppe gesichert um so die Rekrutierungsbasis für seine militärischen Verbände zu verbreitern. Ende 1941 dienten jedoch kaum mehr als 6.000 von ihnen in den Verbänden. Das änderte sich in den nächsten Jahren. Bis Ende 1943 wuchs die Zahl auf 120.000 an. Ironischerweise schwächte er damit die von ihm betriebenen Volkstumsarbeit in jenen nichtdeutschen Gebieten. Die Objekte seiner Politik dienten nun ja in der Waffen-SS. Bei Betrachtung der "Volksdeutschen" - die meisten kamen aus Rumänien, Ungarn, Serbien und Kroatien - darf jedoch nicht außer Betracht gelassen werden, dass diese sich einem starken Druck ausgesetzt sahen, stammten sie doch aus sozial geschlossenen Gruppierungen, deren Selbstverständnis durch ihr Deutschsein als Abgrenzung gegen ihre Nachbarn, geprägt wurde. Es war nicht die Regel, aber auch nicht außergewöhnlich, wenn einem "Volksdeutschen", der sich der Werbung durch die SS zu entziehen sichte, das Dach über dem Kopf abgebrannt wurde. Umgekehrt gab es aber auch auch viel Begeisterung darüber, als Mitglied einer selbsternannten Elite, für die deutsche Sache kämpfen zu dürfen.
Schon die europäischen Freiwilligen oder Legionäre bekamen den Hochmut der reichsdeutsche SS-Männer zu spüren. Früh beschwerten sich Norweger, Schweden, Wallonen, Niederländer über den rauen und herablassenden Ton ihrer deutschen Ausbilder. Zudem wurde der größte Teil von ihnen, durch ihren Dienst in der Waffen-SS keinesfalls automatisch Mitglieder des SS als Orden. Dieser Weg blieb den Allermeisten verwehrt. Als im Herbst 1943 die zweijährige Verpflichtungszeit der finnischen Freiwilligen - sie bildeten ein eigenen Bataillon in der SS-Divison Wiking - auslief, wollte die meisten von ihnen zwar weiter gegen die Rote Armee kämpfen, jedoch nicht in der Waffen-SS. Fast alle kehrten in ihre Heimat zurück und traten dort der finnischen Armee bei.
Am Ende der Anerkennungsskala standen die Männer, die aus eigentlich rassistisch verachteten Ländern kamen, aber trotzdem ihren Weg in die Waffen-SS gefunden hatten, wie z.B. die muslimischen Bosnier der 13. SS-Division Handschar. Während ihrer Ausbildung kam es aufgrund der herablassenden Behandlung durch das deutsche Rahmenpersonal zu einem Aufstand der Bosnier. Dieser wurde schnell niedergeschlagen. Mehr aus Gründen der Disziplin ließ Himmler die Anführer hinrichten. Seine Wut richtete sich in erster Linie gegen die deutschen Führer und Unterführer.
Nach dem (erfolgreichen) Ende des Kriegs plante der Reichsführer-SS für die Waffen-SS eine Stärke von knapp über 100.000 Mann. Aus der Waffen-SS ausscheidende Männer sollten als Wehrbauern im Osten den Kern dessen bilden, was als "Bollwerk" gegen "asiatische Untermenschen" vorgesehen war, als Teil der völkischen Siedlungspolitik. Während des Krieges schienen die Männer der Waffen-SS jedoch wenig Interesse daran zu haben, wie Umfragen ergaben. Selbstverständlich stand für die meisten die Rückkehr in die Heimat an der ersten Stelle. Länger dienende SS-Männer hofften, gleich den Berufs- und länger dienenden Zeitsoldaten der Wehrmacht, ein Anrecht auf eine Stelle im öffentlichen Dienst zu haben. Für die zumeist jungen SS-Männer stand hingegen das "Problem Frau" im Mittelpunkt.
Militärische Elite?
Oft wurde und wird die Waffen-SS als militärische Elite des Dritten Reichs dargestellt. Diese Behauptung ist nicht richtig.
Im Polen- und Frankreichfeldzug konnten die Einheiten der Waffen-SS nicht durch kämpferische Glanztaten auf sich aufmerksam machen Das Gegenteil war der Fall. Während des Angriffs auf Polen waren die Verluste der bewaffneten SS-Verbände höher als die vergleichbarer Heereseinheit. Der britische Gegenangriff bei Arras im Mai 1940 traf auch die SS-Totenkopfdivision. Ihre Männer nahmen Reißaus. Es war die 7. Panzer-Division der Wehrmacht, welche die Briten stoppte. Die LAH verlor während des Westfeldzuges gemessen an ihrer Ausgangsstärke komplett eines ihrer drei Infanterie-Bataillone.
Mit den blutigen Erfahrungen aus Frankreich setzte eine deutliche Professionalisierung der SS-Verbände ein, die sie bis zum Kriegsende beibehielten. So waren z.B. die Leistungen der LAH während des Überfalls auf Griechenland vom April 1941 adäquat. Allerdings gilt es hier einige grundsätzliche Dinge zu beachten:
-) Die Leistungen der SS-Divisonen darf man nicht mit einer gewöhnlichen Heeresinfanteriedivision vergleichen, weil sie mit der Zeit zu Panzer-Divisionen ausgebaut wurden. Überdurchschnittliche Erfolge verzeichneten ihre Divisionen jedoch nie. Vergleicht man sie mit den entsprechenden Wehrmachtsverbänden, so ist kein Unterschied bemerkbar. Wenn SS-Verbände sich doch hervortaten, wie das z.B. bei der 1. SS-Panzer-Division LAH zuweilen der Fall war, so lag das eher an einer besseren und quntitativ höheren Materialausstattung. So waren die während der Operation "Zitadelle" im Süden der Ostfront im Juni 1943 eingesetzten SS-Division "Leibstandarte", "Das Reich" und "Totenkopf" - sie waren als Hauptstoßkeil des südlichen Umfassungsarm im Rahmen des 4. Panzerarmee vorgesehen - mit deutlich modernerem um mehr Material ausgestattet, als die an der Operation beteiligten Wehrmachtspanzer-Divisionen. Nur die Heeres-Division "Großdeutschland" war ähnlich bevorzugt ausgestattet worden. Ironischerweise wurden alle vier Divisionen - "Leibstandarte", "Das Reich", "Totenkopf" und "Großdeutschland" - zu jener Zeit noch als Panzergrenadier-Divisionen geführt, was nicht ihrem Ausrüstungsstand entsprach.
-) Es gibt nur 6 SS-Divisionen, die den Vergleich mit Wehrmachtspanzerdivisionen standhalten. (Obwohl jüngste Forschungsergebnisse Anlaß geben, selbst an diesem Urteil zu zweifeln.) Es sind dies: 1. SS-Panzer-Division Leibstandarte Adolf Hitler (LAH), 2. SS-Panzer-Division Das Reich, 3. SS-Panzer-Division Totenkopf, 5. SS-Panzer-Division Wiking, 9. SS-Panzer-Division Hohenstaufen, 10. SS-Panzer-Division Frundsberg. (Zur 5., 9. und 10. SS-Panzerdivision gibt es anders lautende Urteile. Da diese jedoch teilweise aus apologetischen Schriften von Wehrmachtsgeneralen stammen, die nach dem Kriege verfasst wurden, müssen diese unter Vorbehalt betrachtet werden. Wissenschaftliche Arbeiten zu den meisten Divisionen - eine Ausnahme ist die SS-Division LAH - stehen noch aus.)
Schon die 12. SS-Panzer-Division "Hitlerjugend" muss kritisch betrachtet werden. Ohne Zweifel kämpfte sie aufopfernd in der Normandieschlacht. Nach dem Kriege wurde das in zahlreichen Schriften - auch und gerade von englischsprachigen Autoren - ausgeführt. Das gilt jedoch für alle hier eingesetzten deutschen Verbände. Als Beispiel seien hier die Kämpfe um den Landestrand Omaha am 6. Juni 1944 genannt, einem größeren Publikum bekannt geworden aus dem US-amerikanischen Film "Der Soldat James Ryan". Die hier eingesetzte 1. US-Infanterie-Division ("The Big One") konnte nur unter großen Verlusten einen Brückenkopf errichten. Diese Kämpfe werden in den USA bis heute mythisch verklärt. Darum ist es kein Wunder, das sie ihren Weg in den Film fanden.
Sehr selten finden die deutschen Verteidiger Erwähnung. Bei genauer Betrachtung möchte man meinen: Nicht ohne Grund. Das dort kämpfende Infanterieregiment 916 gehörte zur 352. Infanterie-Division - einem erst Monate zuvor aufgestellten Verband, dessen Soldaten zum Großteil aus jungen und unerfahrenen Rekruten bestand, gestützt durch ein schmales Rückgrat von Veteranen. Hinzu kamen noch die Soldaten der Schnellen Brigade 30, die sich den Begriff schnell durch die Ausrüstung mit Fahrrädern(!) verdiente. Helden sehen anders aus.
Die bereits erwähnte SS-Division Handschar wurde auf dem Balkan als Terrorinstrument gegen die serbischen Bevölkerung benutzt. Als sie im Jahre 1944 gegen die vorrückende Rote Armee eingesetzt werden sollte, desertierten die meisten ihrer Männer. Übrig blieb ein einzelnes Bataillon.
Während der Ardennenoffensive - Operation Wacht am Rhein - im Dezember 1944 waren es die im Nordsektor eingesetzten SS-Panzer-Divisionen, die von Beginn an erfolglos fochten (hier besonders: Die Kampfgruppe Peiper), in erster Linie durch Kriegsverbrechen auffielen (für Beides gilt: im Gegensatz zu den Heerespanzer-Divisionen wie z.B. der 2. Panzer-Division). Ähnlich enttäuschend waren die Leistungen der 1. SS-Panzer-Division LAH schon in der Normandie im Sommer des gleichen Jahres gewesen. Und noch im Januar 1945 wurde die Führung der 17. SS-Panzergrenadier-Division "Götz von Berlichingen" während der Operation Nordwind abgesetzt und Oberst Gerhard Lindner als Divisionskommandeur samt eines Wehrmachtsstab eingesetzt. Schon in der Normandie hatte die 17. SS-Panzergrenadierdivision "Götz von Berlichingen" unterdurchschnittliche Leistungen erbracht. Wie bei der 12. SS-Panzer-Division "Hitlerjugend" waren bei ihr die Hälfte der Unterführerstellen nicht besetzt, d.h. zur militärischen Effektivität fehlten diesen Verbänden einfach erfahrene Soldaten, was zu unnötigen Verlusten führte.
Ein Ausnahme bildeten die aus den Balten gebildeten SS-Verbände. Sie kämpften besonders hartnäckig, was daran lag, das die SS-Führung nicht den Fehler machte, sie fern ihrer Heimat einzusetzen. Lettische, estnische und litauische Verbände kämpften im Norden der Ostfront, wie sie glaubten zur Verteidigung ihrer Heimat. Viele von ihnen, die den Krieg überlebten, zahlten dafür später mit ihre Leben.
Kriegsverbrechen:
Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen wurde die SS als verbrecherische Organisation eingestuft. Dieses Urteil trifft also auch die Waffen-SS. Es ist zutreffend.
Wir wissen heute, dass der Mythos von der sauberen Wehrmacht genau das ist: ein Mythos. Vergleicht man die Verbrechen der Waffen-SS mit denen der Wehrmacht, kann man jedoch verallgemeinernd feststellen, dass die der Waffen-SS qualitativ und quantitativ hervorstechen. Zunächst gilt es jedoch etwas anderes festzuhalten: Die Trennung zwischen Waffen-SS und Allgemeiner SS ist nicht so strikt, wie es uns nach dem Krieg aus apologetischer Absicht vorgetäuscht wurde. So bildeten z.B. die oben erwähneten SS-Junkerschulen für die gesamte SS aus. Die Einsatzgruppen, die in der Sowjetunion ihrem mörderischen Tagwerk nachgingen rekrutieren sich aus Gestapo, Polizei, SD, SS und Waffen-SS. Die SS-Reiterverbände agierten dort als eine weitere Einsatzgruppe. Da die SS-Totenkopfverbände, die für die Bewachung der Konzentrations- und Vernichtungslager zuständig waren, ausdrücklich zur Waffen-SS gezählt wurden (durch den Reichsführer-SS Heinrich Himmler), war ein ständiger Austausch zwischen diesen Einheiten und Frontverbänden im Gange. Ein jeder angehender SS-Führer durchlief in seiner Ausbildung idealerweise auch das Reichssicherheitshauptamt und eine Lehrzeit in einem der Lager. Denn letztlich war die SS - und damit auch die Waffen-SS - Teil des von Himmler angedacht "Staatsschutzkorps".
Es gab nur zwei SS-Divisionen, denen keine Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnten. Es handelt sich dabei um 1943 gebildeten die 9. und die 10. SS-Panzer-Division. Dies ist kein Zufall, denn ihre Mannschaften - nicht die Führer und Unterführer - bestanden fast ausschließlich aus Wehrpflichtigen bzw, aus solchen Freiwilligen die man zum Dienst in der SS gepresst hatte, bzw. ihnen verheimlichte, dass sie sich zur SS gemeldet hatten. Die Angaben des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass sind in diesem Fall stimmig.
Das bedeutet, dass alle anderen Divisionen der Waffen-SS Kriegsverbrechen begangen habe und das oft im großen Ausmaß. Einige Beispiele seien hier angeführt:
-) Für die deutschen Kriegsverbrechen in Italien ist zu einem großen Teil eine Division verantwortlich: die 16. SS-Panzergrenadier-Division "Reichsführer-SS". Ihre Führer und Unterführer rekrutierten sich zum überwiegenden Teil aus den Totenkopfverbänden. Viele kamen direkt aus den Konzentrationslagern. Die Mannschaften kamen aus der Hitlerjugend. Entsprechen war ihr Verhalten auf dem italienischen Kriegsschauplatz.
-) Die sogenannte Wildererbrigade unter dem Kommando des verurteilten Pädophilen Oskar Dirlewanger, deren Führer und Unterführer, nicht aber die Mannschaften(!) als Mitglieder der Waffen-SS galten, wurde in der Sowjetunion zur Partisanenbekämpfung eingesetzt. Innerhalb von 6 Monaten hatte sich meistens Verluste von annähernd 100%. Wie dieser Verband kämpfte, wurde im Sommer 1944 deutlich. Er wurde zur Niederschlagung des Warschauer Aufstands eingesetzt. Daraufhin forderten SS-Führer(!) die Hinrichtung Direlewangers, wegen der von ihm zu verantwortenden Brutalität seiner Truppen. Nur seine guten Beziehungen zu Himmler retteten Dirlewanger das Leben.
KZ-Häftlinge, die man gegen Ende des Krieges in jene Einheit zwang, schilderten die dort herrschende "Disziplin" als gewalttätiger und grausamer als sie es aus den Konzentrationslagern gewohnt waren.
-) Am 8. Juni 1944 brannten Soldaten der 2. SS-Panzer-Division Das Reich das fanzösische Dorf Oradour-sur-Glane nieder und töteten 642 Menschen. Dieses barbarische Tun war die Vergeltung für den Tod eines Kompaniechefs der Division. Bittere Ironie der Geschichte: Die SS hatte sich im Dorf geirrt, denn der Mann war im 25 Kilometer entfernten Oradour-sur-Vayres getötet werden.
Dies sind starke Beispiele, obwohl die unzähligen Verbrechen der Waffen-SS in der Sowjetunion hier gar keine Erwähnung fanden. Sie zeigen das Selbstverständnis der Waffen-SS, das sich in solchen Taten manifestierte. Sie sahen sich als vorrangige Soldaten des Nationalsozialismus.
Fazit:
Die Waffen-SS war keine 'zweite Wehrmacht, das zeigt schon ihre Entstehungsgeschichte. Die Wehrmacht folgte als bestehende Institution dem Diktator, begab sich - meistens willfährig - in seine Hand. So wurde sie zum Instrument seines Willens, der auf Zerstörung ausgerichtet war.
Anders die Waffen-SS: Sie war von Beginn an ein politischer Verband, war ein fester Bestandteil des NS-Regimes. So trat sie auf, so handelte sie. Hauptsächlich verantwortlich für die Morde im Zusammenhang mit dem sogenannten, aber niemals realen, "Röhmputsch", zeigte sie schon früh ihre Treue zu Adolf Hitler. Davon wich sie bis 1945 nicht ab. Es ist kein Zufall, dass zu den letzten Verteidigern Berlins französische SS-Männer gehörten. Genau betrachtet war die Waffen-SS eine Privatarmee der NSdAP, der, wie so vielen Organisationen der Partei, mit der Zeit immer mehr staatliche Aufgaben übertragen wurden, ohne dass sie damit der Kontrolle des Staates unterlagen.
Dabei stellte sich die Waffen-SS von Beginn an als Elite dar, was man an ihren rigorosen Auswahlkriterien feststellen kann. Es bleibt die Frage, wie "Elite" im Sinne der SS definiert wurde. Doch Himmler hatte Pläne mit seinen bewaffneten SS-Leuten. Irgendwann sollten sie der Wehrmacht den Rang ablaufen, galt die Armee doch als klassischer Träger eines im nationalsozialistischen Sinne reaktionären Konservativismus, der ebenso wir der Kommunismus als ausgesprochener Feind der NS-Ideologie galt (auch wenn man sich dessen "nützlichen Idioten" gerne bediente) . Dies konnte jedoch nur geschafft werden, wenn sie ihre Rekrutierungsbasis vergrößerte, was wiederum ein Aufweichen der Aufnahmekriterien bedurfte. Letztlich griff man sogar auf Wehrpflichtige zurück oder Angehörige jener Völker, die im rassistischen Weltbild der SS weit unten rangierten. Das hatten Folgen für das Klima innerhalb der Verbände. Außerdem konnte von (rassischer) Elite nun keine Rede mehr sein. Aus historischer Sicht ist darum auch zu konstatieren, dass, blickt man auf die Männer, die in ihr dienten, die Waffen-SS keinen monolithischen und gleichbleibenden Block darstellt. Auf der anderen Seite: Wenn Waffen-SS und Wehrmacht sich gegen Ende des Krieges in vielen Bereichen ähnelten - z.B. einer brutalen Durchsetzung von Disziplin - lag das nicht daran, dass die Waffen-SS hier aufgeweicht worden war. Viel eher hatte auf Seiten der Wehrmacht eine Radikalisierung im Sinne des NS-Systems stattgefunden. 30.000 gesprochene Todesurteile (von denen ca. 20.000 vollstreckt wurden) sind dafür ein beredetes Zeichen.
Mit der Berufung zum Befehlshaber des Ersatzheeres - zuständig für die Ausbildungseinheiten im Reich - und der Einrichtung der Volksgrenadierdivisionen, die disziplinarisch der SS unterstanden, erreichte Himmler den Zenit seiner militärischen Macht. Die Waffen-SS schien den Weg zu einer neuen deutschen Armee zu weisen.
Doch all das war nur möglich, weil das deutsche Reich eine Niederlage nach der anderen erfuhr. Der Aufstieg Himmlers und der Waffen-SS ist eng verbunden mit den militärischen Niedergang des Reichs. So wurde z.B. für das Jahr 1942 eine Haushalt vorgelegt, der mit einer erneute Verdoppelung der Truppenstärke der Waffen-SS plante. Dagegen konnte die Wehrmacht keinen Einspruch erheben. Aufgrund der immer kritischer werdenden Kriegslage, musste sie jedwede verstärkte Mobilmachung der Gesellschaft für den Krieg begrüßen. Man hatte 1941 den Sieg in der Sowjetunion eben nicht eingefahren. Das die Waffen-SS als Truppe und damit die SS als politischer Faktor davon profitierten, hatte einen einfachen Grund: Der Wehrmacht waren einfach die Argumente (Siege) ausgegangen.
Die politisch geschulten und ausgebildeten - die "politische Bildung" fand weniger in dem so benannten Fach als in allen Bereichen der Ausbildung statt - Männer der Waffen-SS folgten nicht der kalten militärischen Logik. Als der Wehrmachtsführung angesichts der sich häufenden Niederlagen eine "menschlichere" Behandlung von sowjetischen Gefangenen opportun erschien - hauptsächlich um diese als sogenannte "Fremdarbeiter" ins Reich zu verschleppen und zur Arbeit unter zumeist erbärmlichen Verhältnissen zu zwingen - , folgten die Männer der Waffen-SS immer noch ihren rassischen Ideen und handelten damit ganz im Einklang mit ihrem obersten Befehlshaber Adolf Hitler. So fielen SS-Verbände durch besondere Grausamkeiten auf, die gegen Kriegsende auch (ehemalige) Verbündete und Deutsche treffen konnten.
Auf dem Koppelschloss eines jeden SS-Mannes stand der Wahlspruch der SS: "Meine Ehre heißt Treue." Der Wahlspruch der Waffen-SS lautete: "Den Tod nehmen, den Tod geben." Sie standen bis zum Schluss treu zu ihrem Führer und gaben den Tod jedem, der anders dachte. Eben darum war auch die Waffen-SS eine verbrecherische Organisation.
Literatur:
Die Literatur über die Waffen-SS ist sehr umfangreich - auch ohne die apologetische Erinnerungsliteratur oder verherrlichende Machwerke aus rechtslastigen Verlagen, zumeist aus der Hand von Schreibenden, die das Wort Autor kaum verdienen, geschweige denn, dass man sie Historiker nennt. Doch auch viele ältere Werke entsprechen heute nicht mehr dem Stand der Forschung, wie z.B. Kogons "Der SS-Staat" oder Höhnes "Der Orden unter dem Totenkopf". Es kommt noch hinzu, dass viele Interessierte besondere Schwerpunkte setzen. Wer sich z.B. hauptsächlich für die Kämpfe der Frontverbände der Waffen-SS interessiert, sollte am ehesten zunächst auf allgemein Darstellungen der Kämpfe zurückgreifen, denn allein methodisch betrachtet verfälscht ein Blick allein auf Waffen-SS-Verbände den Charakter der Schlachten, bzw. erschwert das Einordnen in die größeren Zusammenhänge der Kämpfe. Ein guter Ausgangspunkt für jene allgemeine Betrachtungen sind immer die entsprechenden Bände der Reihe "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg", dem deutschen Standartwerk über den Zweiten Weltkrieg.
Ansonsten möchte ich hier drei, recht verschiedene Titel als Ausgangspunkt nennen:
-) Knopp, Guido; (Hrsg.); Die SS. Eine Warnung der Geschichte, München 2003
Der moralisierende Titel sollte nicht abschrecken. Die Beiträge stammen von namenhaften Historikern (z.B. Longrich, Neitzel). Das Buch gibt auch keinen vollständigen Gesamtüberblick - das ist auch nicht sein Anspruch -, sondern konzentriert sich auf einige wichtige Aspekte.
-) Wegner, Bernd; Hitlers politische Soldaten, Die Waffen-SS 19331945: Leitbild, Struktur und Funktion einer nationalsozialistischen Elite; ND Paderborn 2010
Bereits in der 9. Auflage, ist die Dissertation des Autors aus dem Jahre 1980, bis heute unverzichtbar. Objekt der Analyse war in erster Linie das höherer Führerkorps der SS. Ein Standartwerk, dass sich jedoch eher an den historisch Gebildeten, bzw. ernsthaft Interessierten wendet.
-) Longerich, Peter; Heinrich Himmler, Eine Biographie, München 2008
Heinrich Himmler war nicht einfach nur der oberste Vorgesetzte einer Organisation (wie z.B. von Brauchitsch der Oberbefehlshaber des Heeres). Himmler war die prägende Gestalt der SS, von den kleinen Anfängen bis zum blutigen Ende, hat selbst immer wieder, zumeist eskalierend, in das alltägliche Wirken "seiner" Organisation eingegriffen. Ohne ein Verständnis von Heinrich Himmler ist ein Verständnis der SS unmöglich.
Weitere nützliche Literatur rund um das Thema:
-) Neitzel, Sönke, Welzer, Harald; Soldaten, Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben; Frankfurt a. M. 2012
Anhand von Abhörprotokollen aus britischen Gefangenenlagern erstellen die Autoren ein sozialpsychologisches Profil der deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Zum Verständnis, was es heißt, im Krieg Soldat zu sein, bzw. welches Selbstverständnis Soldaten im Kriege haben, ist dieses Buch unerlässlich.
-) Creveld, Martin van; Kampfkraft, Militärische Organisation und Leistung der deutschen und amerikanischen Armee 1939 - 1945; Westport 1982; ND Graz 2005
Rein faktologisch ist dieses Buch in vielen Bereichen überholt. Jedoch ist es unentbehrlich für die Bewertung, was die Kampfkraft eines Verbandes eigentlich ausmacht und bleibt in diesem Bereich ein Standardwerk.
-) Töppel, Roman; Kursk 1943, Die größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs, Paderborn 2017
Knapp 74 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs denken viele Menschen, dass die Operationsgeschichte des Krieges längst erzählt ist. Dem ist mit Nichten so. Jungen Historikern wie Roman Töppel ist es zu verdanken, dass die Geschichte der Kämpfe endlich von den (sich erinnernden) Köpfen (der Vergangenheit) auf die Füße (einer kritischen Gegenwart) gestellt werden. Gerade in Zeiten, in denen die Trumps, Putins und AfDler unser Zeit wieder einmal versuchen, Geschichte in einem nationalistischen Sinne zu instrumentalisieren, ein wertvoller Beitrag und ein starke Statement für eine unabhängige Wissenschaft.