Jeder Stein ein Tag

Gedicht

von  Nachtpoet

Versuche morgens
mein Gesicht glatt zu bügeln,
aber meine Wut kennt zu viele Abkürzungen.
Eure farblose Schlichtheit
schnürt mir langsam die Gurgel ab,
während ihr euch faxend *
in meinen Narben spiegelt. 

Irgendwo da draußen
lehnt sich eine funkelnde Herzkönigin
über ihren Zaun,
die meinen Tod zu töten wüsste.
Mich umgibt eine Mauer.
Jeder Stein ein Tag.


Anmerkung von Nachtpoet:

* Faxend, im Sinne von: albern sein.

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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (15.10.14)
Ein trauriger Text, Ralf, in dem jeder Tag zum Stein wird, der LI mehr und mehr einmauert, sodass kaum noch ein Entrinnen möglich scheint.
Der erste Abschnitt liest sich wie eine Anklage an ein der LeserIn unbekanntes IHR - Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunde, Familie(?), Menschen im näheren oder weiteren Umfeld.
Im zweiten Abschnitt dann ein 'Guckloch' durch die Mauer', die Sehnsucht nach der 'Herzkönigin', die LIs 'Tod töten', sein Lebendig-eingemauert-Werden stoppen, sein Sterben verhindern könnte.

Das könnte so in Richtung 'Burnout' gehen, bei gleichzeitiger innerer Vereinsamung, ein Thema, das nah am Puls unsrer Zeit liegt.

Der 'Versuch, morgens das Gesicht glatt zu bügeln' ließ mich schmunzeln, treffendes Bild - kenn ich auch!

Liebe Grüße,
mona

 Nachtpoet meinte dazu am 15.10.14:
Deine Interpretation ist treffend, obwohl ich "Richtung Burnout" nicht annehmen würde. Aber sicher wäre das auch nicht. Einsamkeit stimmt schon, aber nicht die, die eine Gesellschaft von anderen generell vermisst, sondern einsam im Sinne von Geistesgenosse Naja, und die Utopie: "Die Richtige", die über den Tellerrand hinausguckt, während man selbst erstmal seine Mauern überwinden muss ...

Dein letzter Satz ließ mich nicht nur schmunzeln, sondern lachen :-D (sorry)

Danke und liebe Grüße
Ralf

 monalisa antwortete darauf am 15.10.14:
Das freut mich aber, Ralf, für deinen Lacher gut gewesen zu sein, ist Lachen doch außerordentlich gesund, wirkt lebensverlängernd und steigert das allgemeine Wohlbefinden. Und Lachfalten machen schön und brauchen morgens nicht weggebügelt zu werden, was ja ohnehin nur mangelhaft funktioniert :).
ich (30)
(15.10.14)
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 Nachtpoet schrieb daraufhin am 15.10.14:
Danke, ja das stimmt, ich suche nur noch die schwächste Stelle.
LG Ralf

 RainerMScholz (22.10.19)
Tod zu töten - irritierend.
Grüße,
R.

 FrankReich (23.12.19)
Etwas mehr Farbe könnte das lI den lI schon zutrauen, und wie wäre es mit "feixend"?

Ciao, Frank
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