Köchin und Dichter

Gedicht zum Thema Essen/ Ernährung

von  Möllerkies

Du greifst zum Beil, um Fleisch zu teilen.
____Ich feile an den ersten Zeilen.
Du knetest Teig für eine Torte.
____Ich seh’ dir zu und knete Worte.
Du röstest frische Weizenkeime.
____Ich will mit euch nicht geizen, Reime.
In Essigwasser kocht der Aal.
____Sie stimmt nicht: die Silbenzahl.
 
Schlägst du im Topf die Buttercreme,
____wird das Metrum mir zum Problem.
Du teilst die Nudeln in Portionen.
____Ich brauch’ ’ne Zeil’ ohn’ Elisionen.
Du preist die Frische eines Butts.
____Die Inversion ich ungern nutz’.
Du öffnest eine Flasche Wein.
____Ich schummle leicht bei einem Reim.
 
Du walzt den Brotteig in die Länge.
____Ich fabriziere lange Lobgesänge.
Belegst du einen Tortenboden,
____verfasse ich rasch zwei, drei Oden.
Du füllst Tom Yam in die Terrine.
____Ich schreibe schnell noch ’ne Terzine.
Du stellst die Speisen aufs Tablett.
____Braucht hier noch jemand ein Sonett?
 
Du sagst mir: »Deinem Wortsalat
____fehlt Salz und Pfeffer: er ist fad.
Und außerdem muss ich dir sagen:
____Der Quark, er liegt mir schwer im Magen.
Wenn jemand deine Verse läse,
____er hielte sie für großen Käse.
Das Dichten solltest du vergessen –
____und jetzt gib Ruh’ und lass uns essen!«
 
Dann tischst du auf, mein Leibgericht.
____Was du servierst, ist ein Gedicht.


Anmerkung von Möllerkies:

Für O.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (25.10.14)
Ich würde schätzen, für die nächsten 6 bis 8 Wochen ist da genug Essen vorhanden. Aber wahrscheinlich fällt da auch nicht nur so mancher Reim unter den Tisch.
Guten Hunger!

Ich reime hier von schweren Missetaten,
die den Bösewicht ganz schnell verraten.
Er schimpft sich PLOTZ, davor ein HOTZEN,
von diesem Essen würd er ... niemals satt!

- aber das ist nur die Meinung von PLOTZ...
(Kommentar korrigiert am 25.10.2014)

 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
Genau, und es gibt nicht nur reichlich Essen, sondern auch lange Lobgesänge, zwei, drei Oden, 'ne Terzine und ein Sonett - das dürfte auch für ein paar Wochen reichen.

Ach, Hotzenplotz, hör auf zu pöbeln,
wer muss von solcher Speise ganz satt werden?

;-)

 Didi.Costaire (25.10.14)
Es erscheint mir ziemlich beliebig, was und schließlich wen die Köchin in die Pfanne haut. Der Dichter hingegen hält sich an den Paarreim und besticht durch geistvolle Antworten. Letztlich gilt dann doch der alte Grundsatz: Erst das Fressen, dann die Poesie...
Schöne Grüße, Dirk

 Möllerkies antwortete darauf am 26.10.14:
Ich würde es nicht beliebig, sondern vielseitig nennen. Dass sie am Ende allerdings auch noch den Dichter in die Pfanne haut, das geht doch etwas weit. :-D

 monalisa (25.10.14)
Also ich kann mich der Köchin nicht anschließen, da fehlt weder Pfeffer noch Salz und fad ists schon gar nicht. Besonders würzig finde ich z.B. den Metrumproblem-Vers (sehr anschaulich!) und die 'Ohn-Elisionen-Zeil' ...
Allerdings ist die Gericht-, ähm Gedichtfolge sehr dicht und lang und könnte bei zu hastiger Einnahme schon zu Völlgefühl führen :)

Dann, guten Appetit allerseits! Übrigens in meiner Familie kann ich mit den Gerichten, die ich auf den Tisch bringe, viel eher punkten als mit meinen 'kunstvoll' verreimten Gedichten :( !

Liebe Grüße,
mona

 Möllerkies schrieb daraufhin am 26.10.14:
Vielen Dank, mona. Dabei habe ich schon eifrig gekürzt und habe mich schweren Herzens von Versen getrennt wie:

Schon krauchst du im Gemüsebeet rum,
  und ich verfange mich im Metrum.
Du zückst das Messer, schneidest Bambus,
   ich zück’ den Stift und schreib’ im Jambus.

Tja, ein gutes Gericht wird meist mehr geschätzt als ein gutes Gedicht.
janna (66)
(25.10.14)
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 Möllerkies äußerte darauf am 26.10.14:
Vielen Dank, janna, mir auch.

 plotzn (25.10.14)
Hallo Martin,

ein schönes Dankgedicht an diejenige, die Dein Überleben sichert. Dichter können sich von ihren Werken ja kaum ein Essen leisten und selbst wen, dann vergessen sie vor lauter Schaffensdrang oft die Nahrungszufuhr

Liebe Grüße, Stefan

 Möllerkies ergänzte dazu am 26.10.14:
Danke, Stefan, so isses.
Scheester (80)
(25.10.14)
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 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
So ist das. Danke, Scheester.
LottaManguetti (59)
(25.10.14)
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 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
Vielen Dank, Lotta, auch wenn ich mit dem Gedanken, gut durchgebraten zu werden, nicht recht anfreunden kann (das Bad im Rotwein entschädigt natürlich für einiges).
Gringo (60)
(25.10.14)
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 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
Danke, Gringo, und guten Appetit!

 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 26.10.2014 von Möllerkies wieder zurückgenommen.

 susidie (26.10.14)
Vom Allerfeinsten....kann mich daran kaum sattessen.....ich hätte gerne ein 5-Gänge-Menü....
Hungrige Grüße von Su :)

 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
Vielen Dank, Su, freut mich.
Beaver (41)
(26.10.14)
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 Möllerkies meinte dazu am 26.10.14:
Schönes Dänkle, Manu. Und auf deine Frage kann ich, mit Arthur Rimbaud, nur antworten: Ich ist eben ein anderer.
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