Herbstliche Landschaft

Expressionistisches Gedicht zum Thema Gesellschaftskritik

von  DerHerrSchädel

Herbstliche Landschaft


Die Wolken heben drohend die Standarten
Und spannen schwarze Bäuche übers Land,
Wie große Schlangen auf den Himmelfahrten,
Mit Hörnern kündend von der Stürme Brand.

Und hochbetagter Ulmen Wälder ächzen,
Die lange schon kein Blätterkleid umschlang,
Wo Raben auf den darren Wipfeln krächzen
Zum roten Äther ihren Totensang.

Vom feisten Obst gebeugte Bäume neigen
Die Stämme tief von inn’rer Fäulnis schwer
Und brechen nach und nach im Trauerreigen
Auf kahlen Wiesen die wie Tundra leer.

Doch in der Wüste ragt noch eine Burg,
Boshaften Auges starrend, wie ein Gnom,
Zum Himmel hoch der golden Demiurg:
Grausamer Städte furchtbar Karzinom.

Und wüster Tingeltangel ihm zu Ruhm,
Von Bauern, die der Hunger ihm zu trieb.
Die ehren ihren Gott im Heiligtum.
Er lacht sie aus, der mächtige Polyp.


(Oktober 2008)


Anmerkung von DerHerrSchädel:

Ein liebgewonnener Text aus alten Tagen.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (14.11.14)
Expressiv starke Bilder und feine Lautmalerie für die zynische Schöpfung eines sadistischen Demiurgen.

 DerHerrSchädel meinte dazu am 14.11.14:
Besser kann es nicht zusammen fassen. Herzlichen Dank!

Beste Grüße

DerHerrSchädel
AbrakadabrA (45) antwortete darauf am 14.11.14:
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 DerHerrSchädel schrieb daraufhin am 14.11.14:
Na Gott sei Dank isser tot.
AbrakadabrA (45) äußerte darauf am 14.11.14:
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 DerHerrSchädel ergänzte dazu am 14.11.14:
Noch!

 AZU20 (14.11.14)
Ein starker Text- wie immer. Verstehe, dass er Dir besonders wichtig ist. LG

 DerHerrSchädel meinte dazu am 14.11.14:
Die meisten Texte aus dieser Zeit habe ich aus guten Gründen aussortiert. "Frühwerk", wenn man so will, das gilt auch für die alten Texte, die hier veröffentlicht. Außer ein paar wenigen Texten würde ich heute nichts mehr aus der Zeit von vor 2010 veröffentlichen. Und auch dann eher noch mal überarbeitet. Dieser hier behauptet sich indes hartnäckig...

Herzliche Grüße

DerHerrSchädel

 Dieter Wal (14.11.14)
Beeindruckend wurde dem Phänomen des lit. Expressionismus nachgedichtet. Mir kommt es vor, als hätte dabei vor allem Georg Heym Pate gestanden. Es liegt erhebliche Bildung im Text von virtuoser sprachlicher Beherrschung. Wärst du Zeitreisender zu den Expressionisten, hätten die dich bei einem solchen Gedicht bestimmt sofort akzeptiert.

"Vom feisten Obst gebeugte Bäume neigen
Die Stämme tief von inn’rer Fäulnis schwer
Und brechen nach und nach im Trauerreigen
Auf kahlen Wiesen die wie Tundra leer."

Wie schön, so etwas lesen zu dürfen!

 DerHerrSchädel meinte dazu am 14.11.14:
Er hat in der Tat Pate gestanden, der Herr Heym. Danke für so viel Lob und Anerkennung, das freut mich wirklich außerodentlich!

Ich hoffe trotzdem, dass man Heyms Einfluss bei meinen neueren Texten nicht mehr so stark heraus liest. Möchte ja nicht als bloßer Epigone gelten.

 Dieter Wal meinte dazu am 14.11.14:
Heyms Gedichte haben ein anderes Kolorit. Die Kunst liegt darin, so etwas einmal geschrieben zu haben. Wenigen gelingt es.

 DerHerrSchädel meinte dazu am 15.11.14:
Danke dir, werter Wal!

 princess (15.11.14)
Das ist für mich kein Text auf den ersten Blick. Also klicke ich erst mal weiter. Und merke, dass es mich doch wieder hierher zurückzieht. Na dann! Ich entdecke hier ein Gedicht, in dem kraftvolle Bilder wortgewandt verwoben fast so eine Art antiken Gesang (ich denke unwillkürlich an die Ilias) entwickeln. Wie auch immer: Diese Verse haben etwas, das sie mich wieder und wieder lesen lässt. Spannend!

Liebe Grüße
princess

 DerHerrSchädel meinte dazu am 15.11.14:
Wie ein antiker Gesang... na wenn das mal nicht ein tolles Lob ist! Herzlichen Dank
Agneta (62)
(10.02.15)
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 DerHerrSchädel meinte dazu am 11.02.15:
Herzlichen Dank!

Beste Grüße

DerHerrSchädel
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