Über inszeniertes Sterben

Kritik zum Thema Literatur

von  toltec-head

Unter anderem durch Litforen wie diesem wird sich mit der Zeit immer weiter herumsprechen, dass Menschen in Wirklichkeit nur handeln, um darüber reden zu können oder zu hören, dass darüber geredet wird. Dass darin eine Überlegenheit gegenüber dem Tier- und Pflanzenreich liegt, werden die Menschen aber immer weniger finden. Irgendwann wird ihnen vielmehr die nötige Naivität für das Inszenieren von Handlungen fehlen und sie werden sich, was kluge Spezies der Gattung seit je taten, in das Tier- und Pflanzenreich noch zurücksehnen. Gelesen zu werden wird zum rarsten Gut überhaupt werden. Alle Lesenden und nicht nur die Professoren an der Uni wird man für´s Lesen und dafür, dass sie durch Kommentieren zeigen, dass sie etwas gelesen haben, bezahlen müssen. Doch schließlich werden die Schreibenden feststellen, dass ein Leser, der einen mit der für ein Lesen notwendigen Naivität liest,  noch viel weniger zu kaufen ist als eine Erektion. Das Misstrauen wird nicht nur gegen klassisch-moderne Stubenhocker vom Typ Lewitscharoff oder Mosebach sondern auch gegenüber den Inszenierungen von Antipoden wie Haftbefehl gegen unendlich wachsen. Der Ekel gegenüber dem Fake-Charakter allen Geschriebenen wird generalisierte Form annehmen und wer trotzdem, etwa als Preis dafür selbst noch gelesen zu werden, sich überwindet und weiter liest, wird Strategien des Lesen als Fake entwickeln. Auf diese Weise wird der Schein-Charakter allen Geschriebenen mit dem Schein-Charakter des noch gelesen werden einen Verblendungszusammenhang eingehen. Auf Litforen als evolutionären Vorreitern ist dergleichen ja bereits beobachtbar.

Wer unter diesen Umständen trotz lockendem Tier- und Pflanzenreich weiter schreiben möchte, wird zu immer extremeren Mitteln greifen müssen, dem beschriebenen Verblendungszusammenhang zu entgehen. Er wird zur Inszenierung des Uninszenierbaren greifen müssen: des eigenen Orgasmus und des eigenen Tods. Darunter werden es die Menschen nicht mehr machen, das heißt, Geschriebenes, ohne es sogleich auf seinen Fake-Charakter hin abzuklopfen, treuen Herzens lesen. Für alle Schreibenden egal ob Lewitscharoff, Mosebach & Co oder Haftbefehl & Co oder einem Litforen Hobby-Autor  gilt nämlich dasselbe:  unfakebar sind immer nur der eigene Orgasmus und der eigene Tod. Wer noch über anderes schreibt, sieht sich ganz prinzipiell dem Verdacht ausgesetzt, ein Handeln nur deswegen in Szene zu setzen, um zu hören, dass darüber geredet wird, was aber gegenüber der Reinheit eine Krokodils oder einer Aster doch eben etwas sehr verächtliches ist.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

michaelkoehn (76)
(09.01.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram