Frau Eusebier und alles gut

Dialog zum Thema Entfremdung

von  Nachtpoet

Frau Eusebier sagte mir: Dass sie es langsam satt hätte, immer, aber auch immer die gleiche Antwort auf die verschiedensten Fragen hören zu müssen! Aber wenn ich jetzt nicht verstehen würde, was sie meine, dann wolle sie mal von vorne anfangen. Also, jemand, der zum Beispiel neben ihr im Restaurant sitze, bestellt ein Menü, bekommt es nach einer Weile und wird später noch vom Kellner höflicherweise gefragt: "Schmeckt es ihnen?" Oder "Alles ok?" Worauf der Gast antworte: "Alles gut." Das alleine wäre ja nicht schlimm, aber dieses "Alles gut" höre sie - begann sich Frau Eusebier jetzt langsam aufzuregen - nun mittlerweile JEDEN TAG! Und was solle dieses "Alles gut" denn überhaupt heißen? Dass alles gut wäre? ALLES? Davon könne ja im Hinblick auf Kriege und Terror in der Welt sowieso nicht die Rede sein. Aber egal ob ein Tankwart jemanden frage, ob sie oder er Hilfe brauche, ob der Wirt einen Gast nach einem neuen Bier frage, oder wenn man sich beim Bäcker entschuldige, dass man gerade kein Kleingeld in der Geldbörse habe, oder die Verkäuferin aus der Boutique frage ob sie helfen könne, oder wenn man aus versehen jemanden anremple und sich sofort entschuldige, oder ob man den Chef nach einem freien Tag frage, man bekäme IMMER, aber auch IMMER die gleiche Antwort: Nämlich: "Alles gut"!

Dabei könne man doch eigentlich - so seufzte Frau Eusebier jetzt schwer- soo schöne Konversation betreiben. Im Restaurant könnte man zum Beispiel antworten: "Sehr lecker, danke!" Das wäre doch auch viel aussagekräftiger als "Alles gut", und der Koch würde sich mal wieder freuen! In der Boutique könnte man doch wie früher antworten: "Ich schaue mich erst mal um und wenn ich eine Frage habe, dann melde ich mich." In der Kneipe könnte der Gast doch auch antworten "Danke, ich habe noch", und der Chef könnte anstatt "Alles gut" doch verkünden: "Jawohl, Frau Eusebier, da können sie sich freinehmen, ich wünsche ihnen einen schönen Urlaubstag!"

Aber NEIN, es wird immer nur mit "Alles gut" geantwortet. Warum das so sei, könne sie selbst kaum ergründen. Vielleicht verkämen die Menschen heutzutage immer mehr zu maul-oder wortfaulen Plattitüdenschleudern. Doch diese Sache nehme langsam so drastische Formen an, dass sie sich an den Roman: "1984" von George Orwell erinnert fühle. Da wäre ja nicht nur von Überwachung die Rede gewesen, sondern auch von der Reduzierung der Wortvielfalt. Wo man Begriffe wie: "wunderbar" oder "erstklassig" in "plusgut" oder "doppelplusgut" von staatlicher Seite her umwandle. Nur mit dem Unterschied, dass der Verlust der herrlichen Begriffe hier vom VOLKE ausgehe! WAS für ein HORROR!

Nein, so könne das nicht weiter gehen! Sie - Frau Eusebier - wolle jetzt daran arbeiten, völlig neue Begriffe, so wie Wort-und Satzkombinationen zu erfinden, um dieser unsäglichen Einheitsantwort entschieden entgegenzuwirken! Und sie wolle auf der Stelle damit anfangen! Mit diesem guten Vorsatz tänzelte Frau Eusebier mit erstaunlich kreativen Wortkreationen Richtung Wohnungstür, Wortkreationen, die ich hier aus Grund des möglichen Plagiats nicht nennen will ...

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Kommentare zu diesem Text


 millefiori (13.01.15)
Ich liebe Frau Eusebier!
( Dadurch, das fast nur noch über das Handy kommuniziert wird, verlernen die meisten das persönliche kommunizieren. Ist meine Erklärung dazu.)
Liebe Grüße
millefiori

 niemand meinte dazu am 13.01.15:
Ich liebe sie auch!
@ Nachtpoet
Lass doch mal die Frau Eusebier über das modische:
"Das fühlt sich richtig an" (auch solch ein Massenschwachsinn) oder über " ich bekomme Gänsehaut"
dozieren, ich bin überzeugt davon, die Frau bring es auf den humorvollen Punkt
LG niemand
(Antwort korrigiert am 13.01.2015)

 Nachtpoet antwortete darauf am 13.01.15:
millefiori, das kann vielleicht eine Erklärung sein.
Danke und liebe Grüße
Ralf

 Nachtpoet schrieb daraufhin am 13.01.15:
niemand, ja da gibt es noch mehrere Trentwörter oder Redewendungen, die manchmal auch wirklich falsch sind.
Liebe Grüße und danke!
Ralf
Sätzer (77)
(13.01.15)
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 AZU20 äußerte darauf am 13.01.15:
Sehe ich auch so. LG

 Nachtpoet ergänzte dazu am 13.01.15:
Danke ihr beiden. Ach ich könnt' noch so viel schreiben ...
LG

 Fuchsiberlin (13.01.15)
Vielleicht verkämen die Menschen heutzutage immer mehr zu maul-oder wortfaulen Plattitüdenschleudern.

Eine durchaus gute Vermutung und Beobachtung ...

Liebe Grüße
Jörg

 Nachtpoet meinte dazu am 13.01.15:
Danke Jörg, ja, ich glaube das auch.
LG
Sätzer (77) meinte dazu am 13.01.15:
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