Zug um Zug

Gedicht

von niemand

Heut zog mir auf dem Bahnhof das Erkennen
"wie zugig es hier sei" durch meine Stirn.
Wie zügig auf dem Bahnsteig Leute rennen,
ein in die Ferne Ziehen fest im Hirn.

Ich zog mir ein Billett, es war recht teuer.
"Man zieht mich übern Tisch" zogs durch den Sinn.
Die Preiserhöhung war schon ungeheuer,
wer will kann daraus seine Schlüsse ziehn.

Von hier zieht es gen Süden, Westen, Norden,
den, der vorm Alltag in den Urlaub flieht.
An manchen Tagen ziehen Fußballhorden
Schnapsfahnen hinter sich, samt Siegeslied.

Am Automaten zieht ein Mann ne Cola,
denn schlechte Zugluft mach zuweilen Brand.
Leicht angezogen ziehen Olga, Lola,
von hier aus ihre Freier sich ans Land.

In Zugabteil zieht sich manch grüner Flegel
die Bierchen rein und rülpst wie eine Sau.
Die Hoffnung auf nen Platz, samt Kind und Kegel,
zieht oft den Kürzren nur, weiß jede Frau.

Zur einer Dame spricht wer: "Komm, zieh Leine,
sonst, Alte, zieh ich dir was übern Bug!"
Der Gegensitz zieht auf beschuhte Beine
den Blick, ich denke: "Auch kein guter Zug!"

In Lüften ziehen kranke Tauben Kreise,
ein Schnabel pickt was auf den Bahnsteig fällt.
Durch Tafeln zieht der Schriftzug: "Gute Reise!"
Ein Globetrotter zieht grad um die Welt.

Die Hunde ziehen bellend Frau und Herrchen,
ein Kind zieht seinen Flunsch und tobt und schreit,
die Mutter zieht entnervt ein Buch mit Märchen.
Und alle sitzen fest im Zug der Zeit.

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Kommentare zu diesem Text

Lluviagata (03.02.15)

Ich hoffe sehr, dass es viele Leser UND Kommentierende zu deinem wie immer grandiosen Text zieht, Irene!

Nun sind die anderen am Zug ...

Liebe Grüße
Llu ♥

PS: Billett - ein wunderbarer nostalgischer Begriff, der es mir schon immer angetan hat.

niemand meinte dazu am 03.02.15:

Ich mag dieses Wort auch, liebe Llu. Ticket ist irgendwie so
trocken. Alles heißt gleich Ticket. Auch im Theater, da ist mir die gute alte Eintrittskarte dann doch lieber