Karla, Martha und die grosse Politik

Text zum Thema Alltag

von  modernwoman

Martha hat heute grossen Kochtag. Dazu hat sie Karla eingeladen. Allerdings wollen sie vorher noch gemeinsam frühstücken und wie immer ein kleines Schwätzchen bei einer Tasse Kaffee halten. Karla hat schon alle Vorbereitungen für das spätere gemeinsame Kochen getroffen. Kartoffeln sind geschält und stehen in einem Topf mit Wasser zum Einsatz bereit. Zwiebeln sind ebenfalls von der Schale entfernt und gewürfelt. Dann hat Martha noch einen frischen Gemüsesalat gezaubert, der in einer Schale im Kühlschrank frisch gehalten wird. Als Nachtisch soll es Eis mit Früchten geben. Sauerkraut und geräucherter Kassler stehen ebenfalls abgedeckt bereit.

Es klingelt an der Tür.

Martha:
"Ja, Ick komm ja schon!"

Sie trocknet ihre Hände am Zipfel ihrer Küchenschürze ab und geht gemächlich zur Tür Geräuschvoll dreht sich der alte Bartschlüssel im Türschloss, während gleich darauf die Sicherheitskette rasselnd gegen die Tür schlägt. Martha öffnet die Tür. Vor ihr steht in voller Grösse ihre Freundin Karla. Beide umarmen sich kurz. Dann löst sich Karla sanft aus Marthas Armen und sieht sie vorwurfsvoll an.

Karla zu Martha:
"Wie oft habe ich Dir schon gesagt, Du sollst erst fragen, wer vor der Tür steht und nicht gleich aufmachen. Da könnte ja auch ein Verbrecher stehen, der Dich ausrauben oder noch Schlimmeres machen will."

Martha lacht.

Martha zu Karla:
"Ach mensch Kleene, wea soll mia denn übafalln? Ditt jibt doch bei mia nüscht zu holn und füa Sex da bin ick denen beschtimmt zu alt."

Dabei blinzelt sie Karla verschmitzt zu, die nicht anders kann, als herzhaft bei Marthas Worten zu lachen. Beide geben sich lachend die "Babyfünf" und gehen dann in die Küche. Sie ist geräumig und hat neben dem Fenster eine gemütliche Sitzecke. Auf dem Tisch steht eine Thermoskanne mit zwei Gedecken und ein Brotkorb mit frischen Schrippen. Daneben eine Wurst- und Kaseplatte und eine Butterdose.

Karla zu Martha:
"Du warst ja schon richtig fleissig. Kartoffeln hast Du auch schon geschält und die Zwiebeln vorbereitet. Der Frühstückstisch sieht auch lecker aus - mhhhh und wie Schrippen riechen. Ich liebe diesen Duft."

Martha zu Karla:
"Natürlich riechen die Schrippen. Die sind ja ooch von umme Ecke bei meenem Bäcka, der macht allet noch alleene mit seine beeden Hände. Aba wohl nich mea lange, denn sein Sohn will nich. Dea will wat Bessret wern und BWL studian. Nu is mein Bäcka aba schon in dem Alta, woear ufft Altenteil jehört. Ach Mensch, ick werd ihn vamissen."

Gerührt über ihre eigenen Worte wischt sich Martha eine imaginäre Träne mit den Fingern aus drm Auge. Das hätte sie mal lieber nicht machen sollen. hatte sie doch gerade kurz vorher einigen Zwiebeln aus ihren Kleidern geholfen und sich hinterher nicht die Hände gewaschen. Martha vollführt einen wahren Veitstanz in der Küche, der an Rumpelstielzchen erinnert und jammert, dass sie nichts sehen könne. Karla eilt ihr mit einem in kaltes Wasser getauchten Tuch zu Hilfe. Nachdem Martha ihre Augen mit dem nassen Tuch ausgiebig abgetupft hat, blinzelt sie erst mit dem einen, dann mit dem anderen Auge und lacht plötzlich laut auf.

Martha zu Karla:
"Na watt bin ick blöd. Ick weess doch, dass ick mia de Hände nachm Zwiebelschäln waschen muss. Aba Doofheit muss bestraft wern, hat meene Omma imma jesacht."

Beide setzen sich, herzhaft lachend, an den Tisch. Gerade will Martha zulangen, da fragt Karla

Karla zu Martha:
"Hast Du nich etwas vergessen?"

Martha hält inne, stutzt kurz und fragt dann.

Martha zu Karla:
"Watt meinstn?"

Karla zu Martha:
"Möchtest Du Dir nicht erst die Hände waschen, damit dir so ein Malheur wie vorhin nicht ein zweites mal  passieren kann?"

Martha zu Karla:
"Ach so! Hast ja recht. Dett mach ick jleich."

Martha steht, ihren Stuhl nach hinten schurrend, auf und geht ins Badezimmer, wo sie sich geräuschvoll die Hände wäscht, dabei ein kleines Liedchen pfeifend. Man hört, wie der Wasserhahn abgestellt wird und Sekunden später ist Martha wieder in der Küche und setzt sich auf ihren Platz. Eine Wele schweigen Beide. Sie sind damit beschäftigt, ihre Schrippen aufzuschneiden und zu belegen. Die ersten Bissen sind vertilgt und mit Kaffee gespült worden, da öffnet Karla ihren Mund zum Sprechen.

Karla zu Martha:
"Hast Du eigentlich schon die Petition gegen TTIP unterschrieben?"

Martha kraust ihre Sirn uns sieht ihre Freundin fragend an.

Martha zu Karla:
Watt isn TTIP? Also QTIP kenn ich. Damit hol ich mia imma dett Ohrschmalz aus de Höamuscheln. Aba TTIP? Jib ma ma nen Tipp!"

Karla zu Martha:
"Also TTIP soll dazu dienen, das Volk noch mehr zu unterjochen und die Stellung der Grosskonzerne weltweit zu stärken! Es gibt ganz viele negative Punkte für das Volk - unter anderem weniger bis gar keine demokratischen Verhältnisse mehr. Den Politikern ist das egal. Sie sitzen mit den Konzernbossen im selben Boot und haben genug. TTIP hebelt die Umweltgesetze aus, senkt die Standards bei Medizin und Nahrungsmitteln. Fracking kann durch die Hintertür in Länder, die das nicht wollen. Denn wenn sie entsprechende Antifrackinggesetze auf Grund eines Moratorium beschliessen, können Firmen jetzt den betreffenden Staat auf Schadenersatz verklagen.

Martha zu Karla:
Stop ma Karla. Ditt jeht mia jetze n bisken zu schnelle. Wenn die den Staat vaklagn wolln, denn jloobste doch nich, ditt unsre Richta da mitmachn, oda???"

Karla zu Martha:
"Ach Martha, wenn das so einfach wäre. Unsere Gerichte werden doch gar nicht gefragt. Da sitzt dann laut Vertrag ein Sondergericht aus Anwälten der verschiedenen Konzerne und fällt die Urteile. Da das Konzernanwälte - also Betrüger und asoziale Verbrecher sind, ist doch klar, wie sie sich entscheiden werden. Der betroffene Staat wird verurteilt und muss dem klagenden Konzern seine angeblich entgangenen Gewinne aus Steuergeldern zahlen. Na - und woher kommen die Steuergelder? Brauchst nicht zu überlegen, die kommen von uns kleinen Leuten. Die Steuergesetze für Reiche sind in Deutschland so gemacht worden, dass Konzerne, gemessen an ihren Gewinnen, grade mal Portogeld an die Finanzämter überweisen. Da werden jährlich ja höhere Beträge als Schmiergelder weltweit verteilt und mit den richtigen Steuerberatern auch noch steuerlich abgesetzt. Lücken dafür gibt es - gewollt - genug.

Martha zu Karla:
"Na nu bin ick ja jeplättet. Watt et nich allet jibt. Warum sagen de Leute nüscht? Is doch ne kranke Kiste und die da sind nüscht anderet als Vabrecha."

Karla zu Martha:
"Du sagst es, Martha. Aber diese Verbrecher sind schlau. Sie haben sich die Gesetze des Landes so zurecht gebogen, dass es legal ist, was sie machen. Jedenfalls dem Gesetz nach. In Wirklichkeit ist das ne kriminelle Schweinerei. Na ja, lass uns lieber von angenehmeren Dingen reden. Eine Ftage hätte ich allerdings noch - was hältst Du jetzt von der Politik?

Martha zu Karla:
Du siehst ma imma noch een wenich sprachlos. Aba watt soll ick dia sagen. Du willst ja nu meene Meinung höan. Politik is wat füa Menschen, die jern im Dreck wühln und denne de weiße Weste drübaziehn. Arrojante Eiaköppe mit weissem Kragen, schmutzijem Arsch und dreckija Jesinnung. Menschen, so recht nach Jottes Jeschmack. Mit eenem Wort - zum Kotzen..."

Cornelia Warnke

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Kommentare zu diesem Text


 Alias (09.02.15)
QTIP is ja so ähnlich. nee, ich bin auf jeden fall dabei, gegen TTIP.
bisken langatmig, deine story, aber sinn erfüllt.
lieben gruß von ingrid
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