Giftrufmord

Groteske zum Thema Streit

von  Regina

Dieser Text gehört zum Projekt    Parodien und Satiren.
Elvira-Mathilde hatte beim Putzen das Dachbodenfenster offen stehen lassen, was ihr das Schimpfwort „Schlampe“ bei der Nachbarin eintrug, die nunmehr schwört, beim nächsten Mal die Hauswirtin über derartige Versäumnisse zu informieren. „So geht es einfach nicht“, resümiert die Ordnungsliebende gerade, „und überhaupt, was ist das für eine Person? Warst du schon einmal in ihrer Wohnung? Siehst du, sie lässt keinen rein, weil ihre Böden sicherlich einige Jahre keinen Wischlappen gesehen haben. Und außerdem hat sie dicke Beine. Bei einer solchen Knieform würde ich an ihrer Stelle keine Miniröcke tragen. Da ist es kein Wunder, dass sie allein lebt. Hatte die jemals schon einen Partner? Siehst du, erstens ist sie neidisch auf meine schlanken Beine und zweitens eifersüchtig, weil ich verheiratet bin.“ Lasziv lüpft Frau Nachbarin ihren Glockenrock nun nach oben, der den Blick auf makellose Gehwerkzeuge freigibt. „Kochen kann sie ja ganz bestimmt auch nicht. Solche Weibsbilder können nicht die einfachste Speise herstellen. Wahrscheinlich steigt sie auf eine Leiter und wirft aus drei Metern Höhe wahllos Zutaten ins kochende Wasser. Das nennt sie dann Kochen. Aber ich kann nicht nur das. Wäre ich nicht in festen Händen, könnte ich trotzdem jede Menge Typen abschleppen, aber Elvira-Mathilde keinen einzigen, obwohl sie vermutlich total mannstoll ist. Da lässt sie aus lauter Frustration sämtliche Fenster offen, um den Männern zu signalisieren, dass sie für alles offen ist. Diese Supernonne ist nämlich innerlich in Wirklichkeit absolut promiskuitiv, schätze ich mal. Wenn das irgendwann ausbricht, wird die sich noch schlimme Krankheiten holen, das müsste man eigentlich dem Gesundheitsamt melden. Und beim Tierheim müsste man normalerweise auch anrufen, weil sie es vorläufig, glaube ich, mit ihrer Katze treibt. Wenn sie da genauso nachlässig ist und das Füttern vergisst, kann einem das arme Tier ja nur leid tun. Mir kann sie ja nicht in die Augen schauen, weil ich Familie mit zwei Kindern habe, ich nehme an, sie wollte auch gerne wenigstens eins. Aber da müsste man vorsorglich das Jugendamt informieren, dass die ihr automatisch das Sorgerecht entziehen, sollte sie sich doch noch von irgendeinem Asi einen Balg einfangen, so verantwortungslos, wie sie hier im Haus mit Fenstern, Böden und Tieren umgeht. In einem solchen Fall würde sie es sicherlich zu nichts weiter als zur Sofamutter bringen, diese Sozialschmarotzerin in spe. Sag mal, was arbeitet sie denn? Na, zum Pharmaziestudium hat es ja wohl nicht gereicht, wenn eine zu doof ist, an das Schließen von Fenstern zu denken. Aber dass der Apothekerverband nicht einschreitet, wenn so ein strunzdummes Weibsstück als Apothekenhelferin jobbt, das ist die Höhe. Die gibt doch bestimmt öfter die falschen Medikamente aus und ist für verschiedene unaufgeklärte Todesfälle in der Stadt verantwortlich. Also, wenn sie wieder hier im Haus irgendwas offen lässt, rufe ich bei der Giftnotrufzentrale an.\\"


Anmerkung von Regina:

Oft entfernt sich ein Konflikt weit von seinem Anlass.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (14.02.15)
Das ist gekonnt, wie diese Groteske sich von der Bösartigkeit der Nachbarin zu nicht mehr zu überbietender Maliziösität steigert.

LG
Ekki

 Regina meinte dazu am 14.02.15:
Tja, leider kommt es vor, dass es bei einem Konflikt am Ende nicht mehr um das ursprüngliche Problem geht. Danke fürs Lesen.
CoffeeTin (34)
(15.02.15)
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 Regina antwortete darauf am 15.02.15:
Ja, man erlebt solche Situationen manchmal.

 princess (15.02.15)
Der Anruf bei der Giftnotrufzentrale ist eine prima Idee. Die Ordnungsliebende könnte dort glatt Selbstanzeige erstatten.

Liebe Grüße
Ira

 Regina schrieb daraufhin am 15.02.15:
Ja, sie speit, wie man so sagt, Gift und Galle, und das Problem liegt in der Tat bei ihr.
Graeculus (69)
(15.02.15)
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 Regina äußerte darauf am 15.02.15:
Ja, eine Streitkultur, die nicht die Sache, sondern die Person im Fokus hat.
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