gekreuzte Linien

Kurzgeschichte zum Thema Schicksal

von  süßerMacho

Ein Freund von meinem Bruder war auf einer Party und dort hat jemand behauptet er könne die Zukunft vorhersagen. Lukas, hieß er glaube ich, hat denen die es wollten die Zukunft aus der Hand gelesen. Die meisten haben es als Spaß gesehen und ihn nicht weiter ernst genommen. Wahrscheinlich war das nur ein billiger Versuch Frauen kennenzulernen.
Jedenfalls fragt ihm eine Frau, anscheinend spirituell-esoterisch interessiert, ob denn das tatsächlich stimmt und er über diese „Gabe“ verfügt. Lukas versichert ihr hoch und heilig er könne die Zukunft vorhersagen. Wegen seines südländischen Aussehen kann er ihr auch noch weismachen in seinen Adern fließe „Zigeunerblut“.
Als erstes fragt er sie ob sie Links- oder Rechtshänderin ist. „Linkshänderin.“ sagt sie.  Er nimmt also ihre linke Hand oder ihre „aktive Hand“ wie es im Fachjargon heißt. Nach einem Blick auf ihre Hand, erschrickt Lukas und sieht sie entsetzt an. „Was ist?“ „Deine Herzlinie und deine Kopflinie kreuzen sich.“ Sie blickt ihn neugierig an. „Das ist äußerst selten, weißt du. Du bist wirklich kreativ. Riesiges Talent, verstehst du. Bist wahrscheinlich eine Künstlerin.“ Sie fühlt sich geschmeichelt und grinst doof, „Naja, eine kreative Ader hab ich schon…“  Lukas unterbricht sie: „Aber leider ist auch: ein Zeichen des Schicksal“ „Was heißt das?“ Er atmet tief aus „Ok, ich muss ehrlich mit dir sein. Es bedeutet: Ein früher Tod“. Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Es tut mir leid, ich wünschte ich könnte dir eine bessere Zukunft vorhersagen.“ Sie sieht mehr neugierig als schockiert aus
Dann stellt sie die verbotene Frage, „Wann werde ich sterben?“ „Diese Frage ist tabu. Das ist das einzige über das man nicht reden darf!“, sagte er und wurde bleich „Weißt du es  nicht oder willst du es nicht“- „Ich darf es nicht sagen.“- Komm schon!“ Also gut. Es widerstrebt allen woran ich glaube. Aber gut, wenn du darauf bestehst“ Er sieht ihr Hand nochmal genau an und murmelt etwas, was sie nicht versteht, und dann sagt tonlos: „Du wirst mit Siebenundzwanzig sterben!“ Für einen Moment ist sie erstarrt was auch Lukas bemerkt es. Doch dann schließt sie kurz die Augen und lächelt wieder: „Na klar! Und jetzt wirst du meine Hand drücken und sagen, die Zeit dir mir noch bleibt sollte ich gut nutzen. Dabei schaust du mir tief in die Augen, richtig?“ Lukas macht eine entschuldigende Geste. „Du hast mich erwischt Was wirst du jetzt mit mir machen?“ Er grinst zwar aber seine Augen sagen etwas anderes. „Tja netter Versuch, mal eine Abwechslung zu den blöden Sprüchen sonst…“, meint sie und verlässt ihn.
Lukas machte an diesem Abend keine weiteren Vorhersagen mehr. Später verschwand sie auf der Toilette. Als sie nicht mehr rauskam, machte sich eine Freundin auf die Suche. Sie fand ihre Freundin regungslos auf dem Boden. Alle Wiederbelebungsversuche scheiterten. Es war der Tag vor ihrem achtundzwanzigsten Geburtstag.


Anmerkung von süßerMacho:

Mein Versuch einer "Urban Legend" oder modernen Sage.

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Kommentare zu diesem Text


 Judas (20.10.15)
Hat auf jeeeeden Fall urban legend Charakter! War dein Ziel und ist dir gut gelungen. Auch der Einstieg, das klassiche "friend of a friend"-Ding.

 Untergänger meinte dazu am 21.10.15:
Es heißt "Es widerstrebt alleM woran ich glaube." oder?

Zum Thema Urban Legend passt meiner Meinung nach nicht, dass Du die Geschichte zum Ende hin zu sehr ausschmückst.
Eine Geschichte die Du von einem Freund von einem Freund... erfahren hast sollte mit weniger ausgefeilten Dialogen erzählt werden.
Ich würde eher so einen Stil wählen der zu einer tatsächlichen mündlich erzählten Geschichte passt.

Das beste was ich jemals so in die Richtung gesehen habe ist das hier:
https://vimeo.com/13780892

mömmel,
Alfons

 Judas antwortete darauf am 22.10.15:
An welcher Stelle findest du's zu sehr ausgeschmückt? Mir ist das nicht negativ aufgefallen...

Cooles Video aber. Ich mag ja "das russische Schlafexperiment" ;)

 Untergänger schrieb daraufhin am 22.10.15:
Finde den Abschnitt in dem die Linien gelesen werden ist erheblich zu detailiert um wie ein Bericht aus zweiter oder dritter Hand zu klingen. Passt also nicht zur Einleitung.

mömmel,
Alfons
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