Frau Eusebier und Hitlers Zippedäus, oder wie ein Ziegenbock die Weltgeschichte lenkt.

Dialog zum Thema Weltanschauung

von  Nachtpoet

Frau Eusebier sagte mir, nein, sie flüsterte nur ein: "Psst! ... Psst!" Bis ich ganz nah an den Gartenzaun getreten war. Denn - so flüsterte mir Frau Eusebier - sie dürfe jetzt nicht so laut reden, denn die Sache sei delikat, sogar ÄUSSERST delikat! Sie meinte sich nämlich ziemlich sicher zu sein, dass höchstwahrscheinlich ein Ziegenbock am zweiten Weltkrieg schuld gewesen sei. Und wenn ich jetzt die Pupillen verdrehen würde, wie ich es immer mache, wenn sie anfinge zu berichten, dann hätte sie aber dieses mal fast schon Angst, meine Pupillen könnten die Augen verlassen um auf Wanderschaft zu gehen. Deswegen wolle sie doch lieber von vorne anfangen zu erzählen. Also: Sie habe gestern Abend eine Dokumentation über Adolf Hitler und den zweiten Weltkrieg im Fernsehen gesehen. Dabei ging es weniger um Kriegsführung der Wehrmacht, als um Hitler, den Privatmann und wie er seine Kindheit verbracht habe. Dabei wurde ein Ereignis von Hitler als kleiner Steppke erwähnt, das sich zwar auf den ersten Blick sehr witzig anhört, sich aber im Nachhinein als fatal für die nachfolgende Geschichtsentwicklung herausstellen sollte.

Das kam nämlich so: Ein Mitschüler namens Eugen Wasner, der mit dem kleinen Adolf zusammen die Volksschule in Linz besuchte, habe einmal im Kriegsjahr 1943 zum großen Erstaunen der anwesenden  Kameraden die Anekdote erzählt, wie Adolf Hitler einer abgeschlossenen Wette nach, einem Ziegenbock ins Maul pinkeln wollte und dieser ihm unversehens den halben Zippedäus abgebissen hätte, wovon sich auch der ältere Hitler nie ganz erholt habe, vor allem psychisch nicht! ... Der arme Gefreite Wasner - so ergänzte Frau Eusebier mit trauriger Stimme - wäre dafür zu ihrer großen Bestürzung sogar auch noch hingerichtet worden.

Amerikanische Historiker und Psychologen hätten auch schon lange den Verdacht gehegt, dass mit Adolf Hitlers Sexualität etwas nicht gestimmt habe, denn er sei der Einzige unter den Despoten der Weltgeschichte gewesen, dem man nicht auch nur die geringste Affäre nachsagen könne, obwohl ihn ja offensichtlich Millionen Frauen angebetet hätten. Dafür spräche auch das offene Geheimnis, dass Eva Braun sich gerne - ohne Hitlers Wissen - an andere Männer herangemacht habe, wie Luis Trenker 1982 einmal so mitreißend in einer Talkshow aus dem Nähkästchen plauderte. Ein anderer Jugendfreund, der mit Hitler einmal abends durch das Wiener Rotlichtviertel spazierte, berichtete hinterher, dass Hitler eigentlich nie von weiblichen Körpern schwärmte oder sonst irgendwelche Vorlieben bei ihm zu erkennen waren, sondern Hitler hätte sich stattdessen ausschließlich über den kriminellen Aspekt der Prostitution ausgelassen.

Als ich einwendete, dass es sich bei Adolf Hitler ja auch um eine angeborene Asexualität handeln könne, erwiderte Frau Eusebier, dass sie das nicht glaube, denn sie hätte darüber hinaus auch ein Buch eines Profilers namens Thomas Müller gelesen, und da ging es darum, dass Serienmörder oft ein kleines, aber in ihren Augen doch großes Gebrechen hätten, was sie dazu verleiten würde, es rein emotional als Legitimation anzusehen, sich in irgend einer Weise an der Gesellschaft zu rächen.

"Und jetzt stellen sie sich einmal folgendes vor:" - begann Frau Eusebier ihr Resümee - "Wenn diese idiotische Wette damals nicht abgeschlossen worden wäre, beziehungsweise, der Ziegenbock nicht zugeschnappt hätte, dann wäre der Herr Hitler vielleicht gar nicht so militant und kaltherzig geworden, wie er war. Vielleicht hätte er - wenn auch meinetwegen später als andere Jungs - hier und da mal eine Freundin gehabt und hätte die Frauen und die Liebe zu schätzen gewusst. So aber - seufzte jetzt Frau Eusebier - war Hitler ein Sklave seiner verunglückten Männlichkeit und wälzte seine Aggressionen darüber auf die Allgemeinheit ab. Hitler wäre dann vielleicht auch nicht als Aufständler verhaftet worden, hätte nicht "Mein Kampf" geschrieben, hätte vielleicht nicht gegen Juden gehetzt, nicht den schrecklichen Krieg angezettelt und die Welt nicht in die Barbarei gestürzt ... Wie sich aber stattdessen die Weltgeschichte abgespielt hätte, das könne sie sich jetzt natürlich nicht vorstellen. Aber wenn das alles STIMME, also wenn das wirklich die Wurzel allen Übels gewesen sei, dann hätten wir es wohl mit dem "dicksten Hund" der Geschichte zu tun! Bekräftigte Frau Eusebier kopfnickend.

Und so schlich Frau Eusebier wieder zu ihrer Tür zurück um - wie sie angab - Warnschilder für Kinder zu drucken, auf denen sie schreiben werde, dass man auf der Weide oder auch im Streichelzoo keine derben Späße mit Ziegenböcken anstellen solle, weil das sonst ganz schön böse Folgen haben könne ...


Anmerkung von Nachtpoet:

Eugen Wasner, Buchhalter von Beruf und Anfang 50, war mit Adolf Hitler zusammen in die Volksschule von Leonding bei Linz gegangen, jetzt, im Herbst 1943, diente er als Gefreiter in einer Infanteriekompanie an der Ostfront. Daß er "Adi" gut kannte, nutzte Wasner weidlich aus - offenbar war er überzeugt, ihm könne so schnell nichts geschehen.
Wenn die Wehrmachtsberichte über den Rundfunk kamen, spielte er den Kritiker Hitlerscher Strategie, begleitet vom Beifall der Kameraden. Sie stachelten den schrulligen, redseligen Wasner immer weiter auf bis eines Tages jemand den Vorschlag machte, dem obersten Kriegs- und Feldherrn doch zu schreiben. Der wisse bestimmt nicht "wie es unten beim einfachen Landser" aussehe.
Darauf Wasner: "Ach, der Adolf! Der ist ja deppert schon von klein auf, wo ihm doch ein Ziegenbock den halben Zippedäus abgebissen hat!"
Staunen bei den Kameraden, und Wasner fuhr fort:
" Jawohl, ich bin doch selbst dabeigewesen. Eine Wette "
" hat er gemacht, der Adi, daß er einem Ziegenbock ins Maul "
" pinkeln würde. Als wir ihn ausgelacht haben, hat er "
" gesagt: Kommt''s mit, wir gehen auf die Wies'', da ist ein "
" Ziegenbock. "
Wasner will das Tier zwischen seinen Beinen gehalten haben, ein anderer Freund, der Kneisel Bruno, "hat dem Ziegenbock mit ''nem Stock das Maul aufgesperrt, und der Adolf hat dem Bock ins Maul gepinkelt". Dann sei es geschehen:
" Grad'' als er dabei war, hat der Freund den Stock "
" weggezogen, der Bock hat hochgeschnappt und dem Adolf in "
" den Zippedäus gebissen. Geschrien hat der Adi da aber "
" fürchterlich und ist heulend davongelaufen. "
Der Kompaniechef, ein offenbar erfahrener Soldat, wollte Wasner zu der Aussage drängen, er habe sich nur "einen dummen Scherz ausgedacht". Der aber blieb dabei: "Was wahr ist, muss wahr bleiben."
Zwei Tage danach saß Wasner in Untersuchungshaft, kurze Zeit danach stand er in Berlin vor dem Zentralgericht des Heeres.
Der Zeuge Kneisel war tot, der Zeuge Hitler wurde natürlich weder vernommen noch gar geladen: Todesstrafe, weil sich der Angeklagte "durch üble Äußerungen über den Führer der Heimtücke und der Wehrkraftzersetzung" schuldig gemacht habe.
"Bei Jesus und Maria, er hat''s aber doch getan, der Adi", seufzte Wasner, und dann, als er auf den Richtplatz geführt wurde, sagte er weinend seinem Verteidiger Dietrich Wilde: "Ein Menschenleben gilt für nix, aber ich hoffe doch im Himmel droben." _(Dietrich Wilde hat unter dem ) _(Pseudonym Dietrich Güstrow das Schicksal ) _(Wasners beschrieben in seinem Buch: ) _("Tödlicher Alltag. Strafverteidiger im ) _(Dritten Reich". dtv; 1984. )

(Auszug aus einem Bericht der Zeitschrift "Der Spiegel" von 1987)

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525519.html

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (19.04.15)
Kleine Ursachen, große Wirkung. Das musste den Führer ergrimmen, dass einer die Vorsehung auf einen Ziegenbock reduzierte.^^

LG
Ekki

 Nachtpoet meinte dazu am 19.04.15:
Tja, aber wenn man mal den augenzwinkernden Aspekt beiseite nehmen würde, also WENN an der Geschichte was dran ist, dann wäre auch an der Mutmaßung was dran.

LG
Ralf
BabetteDalüge (67)
(19.04.15)
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 Nachtpoet antwortete darauf am 19.04.15:
Ja und Hitler hatte natürlich viele willige Helfer, sonst wäre das auch nicht zustande gekommen.

Danke und LG
Ralf
(Antwort korrigiert am 19.04.2015)
Graeculus (69)
(19.04.15)
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 Nachtpoet schrieb daraufhin am 19.04.15:
Haha, ja, bestimmt!
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