Aphorismen zum Lesen

Aphorismus

von  EkkehartMittelberg

Dieser Text ist Teil der Serie  Aphorismen
Neu
1. Die Kunst des Lesens wird zu sehr auf Buchstaben beschränkt. Es ist nicht weniger schwierig, aus Gesten, Mimik oder der Natur zu lesen.

2, Der Lesende liest zusammen: Buchstaben zu Worten, Worte zu Sätzen, Sätze zu Texten, Texte zu Sinn. Wenn er ihn nicht findet, muss das nicht an dem Text liegen.

3. Wer in den Krümeln liest, hat das Brot verpasst.

4. Du kannst dich beim Lesen verlieren oder sammeln. Die Umstände entscheiden darüber, was dir nützt.

© Ekkehart Mittelberg, Juni 2015

1. Viele unterbrechen das Denken, um zu lesen, aber nur wenige das Lesen, um zu denken.

2. Es bereitet Lust, kritisch zu lesen. Nicht minder lustvoll ist die Erkenntnis, dass das Gelesene Einwänden standhält.

3. Wer in Menschen lesen kann, ohne eitel zu werden und sie zu manipulieren, hat eine große Versuchung bestanden.

4. Die größte Gefahr für Diktatoren sind subversive LeserInnen.

5. Wer die Botschaften seines Unterbewusstseins zu lesen vermag, braucht keinen Psychotherapeuten.

6. Wer beim Lesen die Welt vergisst, hat sich eine zweite geschaffen.

7. Wer in Herzen lesen kann, findet leichter den Weg zu den Gehirnen.

8. Man kann Bücher verbrennen, wird aber die Erinnerungen des Autors und der LeserInnen nicht löschen.

9. Das beste Training für aufmerksames Lesen ist selbst zu schreiben.

Ekkehart Mittelberg, Juli 2011

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Kommentare zu diesem Text


 Theseusel (21.06.15)
In Gedankenlosen stecken oft Nieten und Trostpreise.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.06.15:
In Pauschalangeboten nicht weniger.

 TrekanBelluvitsh (21.06.15)
Ich bleibe mal bei Nr. 6 der Alten: Nie schien es mir so notwendig wie heute. Aber ich bin auch ein Pessimist.

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 21.06.15:
Merci, Trekan, da will und kann ich nicht widersprechen.
Sätzer (77)
(21.06.15)
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 21.06.15:
Gracias, Uwe. Mir ergeht es nicht anders. Ich muss mich auch emotional angesprochen fühlen, bevor mein analytischer Verstand Lust hat sich zu bewegen.
Warum aber die Formulierung "nützt"?
Das Sichverlieren wird von vielen als nutzlos angesehen. Erst viel später merkt man, dass bei dieser Lektüre das Unterbewusstsein mitliest, aus dem dann das Bewusstsein den einen oder anderen Gedanken zum Überdenken hervorholt.
LG
Ekki
chichi† (80)
(21.06.15)
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 Annabell äußerte darauf am 21.06.15:
ich schließe mich chichis Meinung an.
LG Annabell

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 21.06.15:
Merci Chichi und Annabell. Ja, die Botschaften des Unterbewusstseins sind lebenswichtig und doch versucht fast jeder, sie zunächst abzublocken, weil das Verdrängte oft mit Scham verbunden ist.

LG
Ekki
Scheester (80)
(21.06.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.06.15:
Sag ich doch, Detlef, lesen heißt sammeln und damals (Nachkriegszeit) war das Nahrhafte wichtiger als das Erbauliche. Danke.
LottaManguetti (59)
(21.06.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.06.15:
Grazie, Lotta. Von dem Zwischen-den-Zeilen-lesen lebt der Aphorismus, sofern er die Möglichkeit dazu gibt. Selbstkritisch räume ich gerne ein, dass auch meine Aphorismen oft zu eindeutig sind.
Wie ist es nun mit der Verschulung der Schüler, ein Thema, das dir zu Recht am Herzen liegt? Ich denke der Hauptgrund dafür liegt in der schwierigen Leistungsbeurteilung kreativer Texte. Es wird noch lange dauern, bis der Schüler den Text machen darf. Eine Möglichkeit läge darin zu untersuchen, ob er mit seinem Ansatz, der an der Intention des Autors vorbeigeht, logisch weiter denkt oder schwafelt. Die meisten Deutschlehrer sind noch so geschult, dass der Schüler die Intention des Autors erkennen soll und nicht, von dem Text ausgehend, eine eigene entwickeln darf. Die Interpretationen sind dann natürlich nur ganz schwer vergleichbar. Um dem Vorwurf der Ungerechtigkeit zu entgehen, weichen die meisten Lehrer auf Themen aus, für die sie relativ eindeutige Kriterien vorgeben können, und so entsteht die Verschulung.

Liebe Grüße
Ekki

 Jorge (21.06.15)
Das mit dem verpassten Brot ist gut und dann gefallen mir ausnahmslos die Vierjährigen.

LG
Jorge

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.06.15:
Vielen Dank, Jorge. Ich lasse mal die anderen neuen reifen. Vielleicht kann ich sie irgendwann so formulieren, dass auch sie dir etwas sagen.

LG
Ekki

 Jorge meinte dazu am 21.06.15:
Mein Kommentar wollte nicht die diesjährigen abwerten, lieber Ekki, sondern nur die Vierjährigen besonders hervorheben.
aphorische saludos
Jorge
Agneta (62)
(21.06.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.06.15:
Merci, Agneta, es stimmt, ich hätte mich beschränken sollen. Schließlich hat den Ausschlag gegeben, dass nur so die Beziehungen der Aphorismen miteinander sichtbar werden können. Beim nächsten Mal werde ich mich wieder kürzer fassen.
Ich freue mich aber, dass du sie nachdenkenswert findest.

LG
Ekki

 TassoTuwas (24.06.15)
Die sind geistreich, nachdenkenswert und pointiert.
Aber das Beste, lieber Ekki, einer ist ein bisschen gemein!
;-)))
schmunzelnde Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.06.15:
Merci, Tasso. Ich bin überzeugt, dass wir denselben ein bisschen gemein finden. Aber wir verraten ihn nicht.

Schmunzelnde Grüße zurück
Ekki

 monalisa (27.06.15)
Übers Lesen nachsinnend lässt sich wahnsinnig viel sagen und auch schreiben. Du gibst uns hier eine Auswahl an Gedanken preis, die an Dichte und Fülle kaum zu überbieten sind. Da fällt es schwer etwas rauszugreifen, ohne dass du meinst, das Nichtgenannte wäre weniger wichtig oder gelungen.

So hänge ich mal (wertungsfrei) ein paar meiner Gedanken dran:

Die Erfahrung, beim Lesen eine zweite Welt zu erschaffen und darin immer mehr auf-(ein-)zugehen kenne ich selbst gut. Lesen eröffnet auch Welten, wenn man die eigene Lebenswelt nicht ganz vergisst ...

Aufmerksam zu lesen ist wie aufmerksames Zuhören eine der schwersten Übungen: Erst mal hören und sehen, was andere zu sagen haben, ehe ich denke, wie ich es sagen/schreiben würde. (Diese Kunst scheinst du meisterlich zu beherrschen, lieber Ekki :) !) Hier spannt sich der Bogen zu deinem ersten neuen Apho, aufmerksames Zuhören heißt auch aus Mimik, Gestik und Natur zu lesen ...

Und ja, ob ein Text 'zusammengelesen' verstanden wird, muss nicht (ausschließlich) am Text liegen, hat eben auch mit interindividuellen Gegebenheiten (wie Aufmerksamkeit und Intellekt, Erfahrungen und vorgefassten Meinungen ...) zu tun. Ein kleiner Seitenhieb, der wohl oft genug (zu)trifft.
Es muss nicht auf ein Verlieren oderSammeln beim Lesen hinauslaufen. Das Verlieren kann auch gleichzeitig ein Sammeln einleiten ...

Liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.06.15:
Grazie, Mona, wieder einmal hast du meine Gedanken sehr einfühlsam aufgenommen und icn Beziehung gesetzt. Besser könnte ich mich selbst nicht kommentieren.

Liebe Grüße
Ekki
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