Rot am Bettlaken

Erzählung zum Thema Mord/Mörder

von  pentz

Plötzlich stand ein Mann vor der Hecke. Wir saßen auf der Terrasse inmitten einer Reihenhäuseransiedlung in einer mittleren Großstadt. Um uns war ein kleiner Garten, der von einer Hecke umgeben, welche der Jahreszeit gemäß und der vernachlässigten Pflege wegen sehr durchlässig und transparent war.
Ich wurde verdeckt von den exotischen Blumen, Sträuchern und Pflanzen des Gartens, die vor allem um die kleine Veranda an dem Haus herumstanden. Aber auch diese waren sozusagen löchrig, nicht nur das Buschwerk der Hecke, wodurch die Passanten auf dem Bürgersteig ins Innere des Privatanwesens hinein schauen konnten.
Von dort aus hatte der Mann nur eine allein in einem Ohrensessel sitzende Frau gesehen, ihren Gast, mich, verdeckt, nicht.
Tatzeit nachts um 24 Uhr an einem Samstagabend.
„Zum Essen noch da?“ Übersetzung ins Hochdeutsche: „Haben Sie noch etwas zum Essen?“
„Nein, es gibt nichts zu essen“, sagte sie, was auch stimmte, denn wir hatten einzig reichlich Wein zum Konsumieren.
„Was, nichts zum Essen?’“
„Nein!“
„Wenn Du willst, kannst Du  einmal meinen Schwanz lecken“, Übersetzung: Du darfst dafür meinen Phallus mit der Zunge lecken! – sagte er, um in der Düsternis abzutauchen.
Ein Witzbold, der harmlos erschien.
Aber meine Gastgeberin forderte mich auf, ihn zu verfolgen und ging auf die Straße, mehr war in ihrem alkoholisierten Zustand nicht drinnen, von wegen: sie lief aus dem Garten. Ich holte im Wohnzimmer mein Handy und folge ihr nach. Sie stand, umringt von ihren sechs Katzen, da, wobei sie sich kaum auf den Beinen haltend auf einer Plastik-Mülltonne abstützte. In der Hand tupfte sie sich den Körperschweiß ab.
„Du traust Dir etwas, diesen Perversling zu verfolgen.“
„Na, du machst ja nichts.“
„Und wenn Du ihm begegnest, allein und er vergewaltigt Dich?“
„Dann habe ich halt Pech gehabt,“ kurz und bündig.
In der Ferne sah man eine Person von golden-glitzernd Lichtreflexen übersät, welche von den matt aufscheinenden Straßenlaternen ausgestrahlt wurden, hin- und herschwankend weitergehen und schließlich um die Ecke biegen.
„Na denn!“, und ich kehrte zurück auf die Terrasse, während sie allein mit ihren Katzen um den Häuserblock strich. Ich hatte zwar beileibe nicht so viel getrunken wie sie, aber immerhin einiges. Da sie nicht wieder kam, spürte ich Müdigkeit und kroch ins Gästezimmer.
Am Morgen lag sie rücklings völlig aufgequollenen Bauches und Magens auf ihrer Schlafstätte. Zwischen den Beinen zeichnete sich eine kleine, schwarze, rechteckige Schattierung ab. Ich ging weiter, ich hatte zu tun, ich wusste nicht, auf meinem Weg, wusste ich nicht, warum sich bei ihr solch ein großer Bauch gebildet hatte. Nach Tagen jetzt sage ich mir immer wieder: „Nein, nein bestimmt nicht, mit Sicherheit habe ich kein Rot auf ihrem Körper oder am Bettlaken gesehen.“

copyright @ werner pentz

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram