Der Großinquisitor

Gleichnis zum Thema Verrat

von  toltec-head

Nach nicht ganz einem Jahrhundert Lit-Foren kehrt Jesus auf die Erde zurück und meldet sich als Autor an. Er postet Texte, welche auf naive Art Freiheit und Kreativität über jedes Gesetz stellen. Der Webmaster beschließt, Jesus Profil zu löschen; zuvor kommt es aber noch zu einer Reihe PNs.

Der Webmaster erklärt Jesus, Freiheit und Kreativität trieben die Menschheit zur Verzweifelung. Jesus sei ja erst seit kurzem dabei, wer aber die Zeit seit Erfindung der Foren ganz überblicke, für den stünde fest: die Menschheit in ihrer Gesamtheit könne niemals kreativ und frei werden. Das Credo von der Kreativität und Freiheit treffe wenn überhaupt, dann nur auf einige auserwählte Künstlernaturen zu, der überwiegende Teil der Menschen sei schwach, bösartig, bedeutungslos und dazu auch noch sentimental. Die Foren seien der Beweis hierfür. Und sodann weiht er Jesus in ein großes Geheimnis ein: Nur damit dieser Beweis öffentlich werde, seien die Foren überhaupt erfunden worden. Sie seien ein institutionalisierter Betrug, damit die Menschheit einsehe, dass sie auf längere Sicht nur glücklich werden könne, wenn sie Freiheit und Kreativität wieder gegen Wunder, Mysterien und Autorität eintausche. Anders würde es den Leuten nie gelingen, in Frieden zu leben und sterben. Der Endzweck der Foren sei Unterwerfung, Islam, auch wenn man es so nicht nennen dürfe und der frommen Lüge weiter schöne Namen geben müsse. Sein Job sei ein notwendiger, auch wenn er ihn höchst ungern mache. Schließlich wolle der ganze Kram ja gelesen werden. Wenn die vielen Möchtegern-Autoren es aber am Ende dann doch von selbst einsähen, dass sie niemals Autoren würden, und ihr Autor-Sein wieder gegen Wunder, Mysterien und Autorität eintauschten, würden sie ihn als Webmaster für seine Geduld bewundern und schließlich sogar als Gott verehren.

Im Übrigen solle Jesus sich ruhig klar machen, dass auch er, der Webmaster, einst als ganz junger Mann an das Credo von Freiheit und Kreativität geglaubt habe. Auch er habe sich einstmals dazu vorbereit, unter die Auserwählten zu treten, unter die Stolzen und Starken, dürstend, dass die Zahl voll werde! Auch er habe einst ein Autor sein wollen!!! Doch sei er erwacht und wolle nicht mehr dem Wahnsinn dienen, er sei umgekehrt und habe sich der Schar derer angeschlossen, die  sich zum Heile der Sterblichen demütigten.

– Das, was ich zu Dir gesprochen habe, wird sein, und unser Reich wird gegründet werden. Morgen werde ich dein Profil und deine Texte löschen.

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Kommentare zu diesem Text

Nimbus (41)
(26.07.15)
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 toltec-head meinte dazu am 26.07.15:
Eh besser eine Figur wie aus seinen Romanen zu sein, statt wie Dostojewski schreiben zu können.
Nimbus (41) antwortete darauf am 26.07.15:
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 toltec-head schrieb daraufhin am 26.07.15:
Seh ich auch so :)
Graeculus (69)
(26.07.15)
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 toltec-head äußerte darauf am 26.07.15:
Der Autor gegen angeberische und ansonsten sinnfreie Kommentare aber schon!
Graeculus (69) ergänzte dazu am 26.07.15:
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 toltec-head meinte dazu am 26.07.15:
Der wird anders als du klug genug sein zu sehen, dass Glanz und Elend in diesem wie auch in anderen Text nicht ganz eindeutig gemischt sind.
Graeculus (69) meinte dazu am 26.07.15:
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MarieT (58) meinte dazu am 27.07.15:
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Graeculus (69) meinte dazu am 27.07.15:
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MarieT (58) meinte dazu am 27.07.15:
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 Dieter_Rotmund (26.07.15)
" Jesus Profil"
Ich bin mir nicht sicher, aber müsste da nicht ein Apostroph hinter den Messias, um den Possesivbezug anzuzeigen?

 toltec-head meinte dazu am 26.07.15:
Ob ein Apostroph ein Anglizismus wäre, kann mit letzter Sicherheit sicher nur loslosch sagen.

 Songline meinte dazu am 26.07.15:
Das Apostroph fehlt.
Graeculus (69) meinte dazu am 26.07.15:
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 Songline meinte dazu am 27.07.15:
Stimmt. Hört sich auch schöner an.

 Fuchsiberlin (27.07.15)
Zumindest auf KV nutzt Du Deine durchaus vorhandene lyrische Kreativität zum größten Teil nur einseitig ... Um den Kreis herum schreibend ... Schade.

LG
Fuchsi
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