Genialität vom Hörensagen

Beschreibung zum Thema Musik

von  Nachtpoet

Mit dem alles freigebenden Internet existiert heutzutage die Angst der Musiker, ihre Kunst nicht mehr dem Rechtsanspruch gemäß verkaufen zu können. Natürlich zu Recht! Klagen gegen YouTube oder andere Portale dieser Art scheinen da ein ewiger Kampf mit der Hydra zu sein. Eine ähnliche Angst grassierte aber auch schon bei den Vertretern der modernen Musik vor gut 100 Jahren im Showgeschäft. Nämlich bei den Urvätern des Jazz wie: Buddy Bolden, Freddie Keppard oder Scott Joplin, von denen KEINE Tonaufnahmen überliefert sind. Lediglich Scott Joplin verkaufte zumindest Notenhefte seiner Werke.

Nicht, dass es um 1900 an technischen Möglichkeiten gemangelt hätte, eine Tonaufnahme zu produzieren, denn andere Künstler dieser Zeit wie Enrico Caruso oder sogar deutsche Stars wie Gustav Schönwald oder Otto Reutter begannen schon 1901 Wachswalzen für den Phonographen und später Schellackplatten aufzunehmen. Auch war selbst für afroamerikanische Künstler nicht Geld das Problem, das sie davon abhielt, eine Schallplatte zu produzieren. Es war schlicht und ergreifend die Angst, dass andere Musiker die Stücke, die von der Band meistens nach Gefühl gespielt wurden, so gut kopieren, dass die Stilart der Band ihre Einzigartigkeit verliert.

Das bedeutete natürlich auch, dass man nur vom Hören-Sagen wusste, dass diese oder jene Band ein Knaller sei. Aber weder im Radio, noch auf einer Schallplatte konnte man sich ein Vorgeschmack davon leisten, was da auf einen zukam. Nur der direkte Gang zum Konzert konnte diese Frage beantworten, was ein Garant für ein zahlendes Publikum bedeutete.

Da wir heute jedoch wissen, dass schon damals mit der Kommerzialisierung der Schallplattenindustrie erst richtig die Millionen umgesetzt wurden, dürfen sich die Künstler von heute bestimmt etwas Ruhe antun. Denn gerade die Live-Videos im Internet stacheln doch viele Fans dazu an, auch EINMAL so bei seinem Lieblingsstar in der vordersten Reihe zu stehen und zu schwärmen.

Trotzdem: Wenn man sich vorstelle, es gäbe in der heutigen Zeit eine Band, die die Massen elektrisiert, aber man hätte keine Ahnung, wie sie das machen, weil nur derjenige ihre Musik kennt, der dort gewesen ist und der auch keine Aufnahmen davon, sondern nur den Rat mitbringen könnte: Geh' hin! Hör dir das an, das ist der Wahnsinn!!" ... Dann begäbe man sich auf den Weg zu einem Konzert, dessen Vorfreude sich in Ahnungslosigkeit und einer unerträglichen Spannung aufspalten würde. Die Musik wäre dann aber auf jeden Fall wieder das, was sie immer genannt wird und doch seit den Plattenverweigerern von damals nie wieder im wahrsten Sinne des Wortes gewesen ist: Legendär!

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(27.09.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Nachtpoet meinte dazu am 27.09.15:
Ja genau! Und ich denke da an die Geistertänze der Indianer um die Zeit von Sittig Bull oder die Lieder der Bronzezeit ...

Danke und LG
Ralf
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram