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Kurzgeschichte zum Thema Horror

von  RainerMScholz

Es ist immer im Keller. Ich gehe die eisernen Stufen hinab. Denn dort sind meine Monster. Freddy, Jason und Michael Myers starren aus ihren Masken und verbrannten Fratzen, wetzen die Messer, schwingen die Sensen, feuern die Öfen. Im Dunkel wabert der Nebel wie aus tiefen Zisternen, die Untoten entsteigen der schwarzkalten See. Da lacht Vincent Price, und Boris Karloff selbst sucht das Menschliche unter den Menschen. Blutsauger schwirren, werfen Schatten, Wölfe heulen in nachtschattigem Licht, Zombies fressen sich gegenseitig auf.
Im Hintergrund schimmert leise ein Lager und die Toten verhungern im Zaun. Macheten trennen Gliedmaßen ab und Hälse in der Hölle eines gründampfenden Dschungels. Ein napalmzerbranntes Mädchen läuft weinend auf nacktem Asphalt. Ein Rauschen und Knistern in der Ferne der Zeit so nah.
Ich weine die Tränen der verlorenen Kinder und lache das kreischende Wiehern der Wesen aus Mordor.
Die Decken der Gewölbe senken sich auf mich herab. Im Fahrstuhl geht es zum Schafott. Mit offenem Mund stürze ich aus brennenden Hochhäusern. Das war nicht am 11. September, oh nein.
Todgeweiht versinke ich in düsteren Mooren, labyrinthisch verirre ich mich im steinalten Wald. Das Ding aus einer anderen Welt macht mich in der Arktis kalt.
Der Grusel geht weiter, der Horror gerinnt mir in Adern zu Frost. Doch ich weiß, wenn ich gehe, ist mir das doch kein Trost. Nun hin, du schaudrig´ Gedicht, ich gehe ins Licht.
Und steige die eisernen Stufen empor.
Ich betrete die Küche, öffne die Tür des summenden Kühlschranks und nehme ein Bier heraus. Ich setze mich vor den Fernseher in der Ecke, öffne das Flaschenbier mit dem Feuerzeug. Ich entzünde eine Zigarette. Mit der Fernbedienung schalte ich die Nachrichten ein. Der wahre Horror beginnt jetzt: Das Flackern und Kreischen und Schießen, das Schreien, die Rennenden in Angst und Schrecken, das Reden, das Reden, das Reden. Ich lasse den Fernseher alleine, öffne die Türe zum Keller und gehe zurück in das Dunkel, die Stufen hinab.


© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text

parkfüralteprofs (57)
(11.12.15)
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 RainerMScholz meinte dazu am 11.12.15:
Nö.

 RainerMScholz antwortete darauf am 12.12.15:
Also gut. Dann so.
Danke.
parkfüralteprofs (57) schrieb daraufhin am 16.12.15:
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 RainerMScholz äußerte darauf am 17.12.15:
Es geht keiner `rein: kenne ich.
Der Impetus des Mittelteils des Textes sollte einen Übergang von der (filmischen) Phantasie zur Realität darstellen. Das brennende Kind ist die Filmsequenz aus dem Vietnamkrieg, die Macheten werden in Ruanda geschwungen und so weiter. Das ließe sich sehr weit fortführen, was ich nicht getan habe. Also eine willkürliche Auswahl, so wie die Filmfiguren, wo der Übergang ins Reale angedeutet ist mit den tatsächlichen Schauspielernamen.
Festil (59)
(05.01.16)
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 RainerMScholz ergänzte dazu am 06.01.16:
Das hast du richtig gelesen.
Grüße,
R.
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