Blues-Abend

Kurzgeschichte zum Thema Mensch (-sein, -heit)

von  HarryStraight

Ich bin für halb neun mit meiner Bekannten in einer Kneipe verabredet, in der eine Bluesrock-Band spielen soll. Ich bin sehr gespannt. Wo jede andere Musikform tot ist, ist vielleicht noch Blues am Leben! Ich freue mich auch darauf meine Bekannte wiederzusehen. Ihre bunten Haare und ihre Totenkopf-Ohrringe sind so erfrischend für mich. Im Regen laufe ich von der Bushaltestelle zur Kneipe. Vor mir eiern ein paar junge Leute. Wir reagieren komisch aufeinander. Mit diesem Alter verstehe ich mich nicht mehr! Da höre ich schon die Bluesmusik; irgendwo hier muss es sein! Ich trete in die Kneipe ein und stehe direkt vor der Bluesband, deren Musiker mich während sie voll abrocken erwartungsvoll ansehen. Auch die Kneipenbesucher gucken sehr neugierig. Es ist eine sehr kleine Kneipe und alle sitzen dicht gedrängt auf ihren Barhockern. Ich gehe schnell zur Theke, wo noch ein freier Platz ist und integriere mich so schnell ich kann in den Kneipenalltag. Jetzt gehöre ich dazu und kann so tun als wäre ich schon ewig hier. Wehe denen, die nach mir neu in die Kneipe kommen. Ich freue mich schon darauf wie ich sie gleich angucken kann. Ich werde sofort gefragt, ob ich etwas trinken möchte. Die Kellnerin ist dick gebaut und hat einen schwarzen Damenbart. Ich finde sie sieht komisch aus, was mich aber nicht davon abbringt gerne mit ihr den Geschlechtsakt vollziehen zu wollen. Ich bestelle einen Orangensaft. Irgendwie schäme ich mich, das Wort „Orangensaft“ in einer Kneipe laut auszusprechen, ansonsten trinken ja alle Bier. Die Kellnerin fragt „Wie bitte?“ Typisch Kneipe und auch typisch Orangensaft. Bei Orangensaft versteht nie einer was man haben will. Ist vielleicht auch ungewöhnlich. „Den muss ich aber mal eben holen, ist doch okay für dich, oder?“ Sie kramt einen Schlüssel aus einer Schublade und verschwindet. Also habe ich doch noch Zeit anzukommen, bevor ich etwas zu Trinken konsumiere, super. Ich gucke mich um. Die Einrichtungsgegenstände gefallen mir nicht, sie sehen alt und staubig aus und erinnern mich an den Tod. Am Fenster steht sogar wirklich ein Skelett – eines mit Tablett. Der Tod als Dienstleiser, wie morbide. Und daneben steht ein leuchtender Lummibär. An der Decke hängt ein Stern, weil bald Weihnachten ist, wie kitschig. Was mir auffällt sind meine negativen Gedanken über die anderen Kneipengäste, was wohl daran liegt, dass wir auf dichtem Raum zusammensitzen. Ich komme auf den Gedanken, dass Sarkasmus wohl zum Menschsein dazugehört. Und dass die Redewendung „das Weite suchen wollen“ wohl damit zu tun hat, dass wir uns alle an einem weiten Sandstrand am Meer völlig anders, und viel entspannter, verhalten würden. Die Band klingt nicht besonders spannend und innovativ. Sie ist wohl sehr authentisch, vermag mich aber nicht zu begeistern. Mann was sind denn das für alte Säcke! Und wie die angezogen sind! Jeder von den Männern verkörpert einen bestimmten Typus in der Band, denke ich mir. Der Sänger hat ein längs gestreiftes Hemd an und eine komische Mütze auf. Er ist der exzentrische Frontmann! mundharmonikaspielend macht er ein paar Schritte auf mich zu. Der Bassist links neben ihm trägt ein Leopardenfell-Hemd. Das zeigt an, dass bei ihm im Bett noch was läuft, er ein ganz Wilder ist. Er ist auch der jüngste der Band, da ist es also nur natürlich. Er gehört noch nicht zum alten Eisen und demonstriert das deutlich. Der Schlagzeuger, ein stämmiger Alter mit Vollbart und Holzfäller-Hemd ist eher so der Bodenständige. Behäbig klopft er seine Standard-Rythmen. Der Gitarrist, rechts neben dem Sänger, mit der teuer anmutenden E-Gitarre und dem kleinkarierten Hemd, sieht aus wie ein Musik-Crack, wie der musikalische Kopf der Band. Ich frage mich, warum hier eigentlich kein Schwarzer ist. Bei einem Blues-Abend hätte ich eigentlich einen Schwarzen erwartet. Ist das jetzt positive Diskriminierung? Da entdecke ich doch einen Schwarzen, ganz nah an der Tür. Unsere Blicke begegnen sich. Ich gucke ihn an, als wollte ich sagen: „Du bist heiß Alter, du bist heiß“, schließlich ist ein Schwarzer hier jetzt der Star! Da tritt mir einer auf den Fuß. Er hat es nicht mit Absicht gemacht und entschuldigt sich, ich bin mir aber sicher, dass sein Unterbewusstes mir eins auswischen wollte. Er steht wohl auch auf die heiße Braut, die direkt neben mir auf dem Barhocker sitzt und musste seine Eifersuchtsgefühle an mir auslassen. Ich merke, dass er ein Bier nach dem anderen bestellt. Was für ein Suffkopf! Er guckt mir nie direkt ins Gesicht. Der Gedanke kommt mir in den Sinn, dass er aussieht wie ein Möbelstück. Er gehört wohl zum Inventar wie man so sagt. Ich frage mich, ob ich mal ein Gespräch mit der süßen Braut anfangen sollte. Aber was soll ich sagen? „Hey du, du siehst aus als könntest du Amanda heißen, liege ich da richtig?“ Und sie so: „Hahaha, nein?“ Und ich so: „Aber wie heißt du wirklich?“ Ein guter Plan, bei dem es aber auch bleibt! Da kommt ein Pärchen durch die Kneipentür. Sofort gucke ich sie genauso an wie man mich angeguckt hat, als ich rein kam. Die beiden gehen an mir vorbei und die Frau tritt mir auf den Fuß. Diesmal lächle ich nur, anstatt abzuwinken, schließlich bin ich es nun gewohnt. Muss wohl doch was mit mir selbst zu tun haben, dass man mir auf den Fuß tritt. Das strahle ich wohl aus: Tritt mir auf den Fuß. Da fällt mir ein, vielleicht liegt es an meinen braunen Wildleder-Schuhen, die hervorragend zum Rock´n´Roll passen, den die Band inzwischen angestimmt hat. Da bringt mir die Kellnerin meinen Orangensaft. Sie fragt nach meinem Namen. Ich sage „Tom“ wie „Major Tom“. „Okay Tom“, sagt die Barfrau, wenn du noch etwas haben willst, dann sagt einfach „Jenny, ich will was trinken, okay?“- „Okay“ sage ich, ihren Namen habe ich schon wieder vergessen. War es „Jennifer“? „Jini“? Oder „Josephine“? Seis drum. Mein Handy klingelt, eine SMS. „Komme doch erst um halb elf, sorry“. Meine Bekannte ist berühmt dafür sich zu verspäten. Sie kümmert sich gerade noch ehrenamtlich um Flüchtlinge. „Solange werde ich nicht bleiben“, schreibe ich zurück. „Die Band ist grauenvoll, denn alle Stücke klingen gleich. Die Beengtheit der Kneipe löst in mir Negativität und Geilheit aus“. Zu schnell drücke ich auf den Absenden-Knopf. Verdammt, dass ich auch immer so offen meine Gedanken preisgeben muss! Ich höre mir weiter die Band an und kann es einfach nicht fassen, immer die gleichen Gitarrenriffs. Ich habe gerade meinen O-Saft ausgetrunken, da werde ich wieder gefragt, ob es noch was zu trinken sein darf. „Klar, habt ihr auch einen Bananensaft?“Heute Nacht probiere ich alle Säfte des Sortiments aus! „Den muss ich aber erst holen“ gibt die Kellnerin zu. „Tut mir leid“. Sie kramt den Schlüssel raus und verschwindet. Die Band lässt eine Kasse rumgehen. Unter Zugzwang zahle ich vier Euro in den Korb. Das schöne Geld! Aber egal, dafür kaufen sich die Opas jetzt ein Bierchen, muss ja auch mal sein. Wenn sie schon für mich gespielt haben. Sie geben ja auch ihr bestes. Ich frage mich, was so eine Musik aussagen soll. Es ist einfach nur viel zu laut, hat nichts angenehmes , musisches an sich. Dennoch sitze ich hier und höre mir eine Nummer nach der anderen an. Und ich trinke einen Saft nach dem anderen. Die Kellnerin erweist sich als sehr gesprächig. Sie nennt mich andauernd bei meinem Fake-Namen. Ich stelle mir vor, dass es, hätte ich meinen richtigen Namen genannt, ein richtig netter Abend geworden wäre. Aber wie soll ich sonst die Zeche prellen, wenn ich denn Lust darauf gehabt hätte. Ich meine wäre doch ungeschickt eingefädelt, wenn ich meinen richtigen Namen genannt und dann doch abgehauen wäre. Der besoffene Kerl, der mir auf den Fuß getreten hatte, setzt sich in Bewegung in Richtung Ausgang. „Halt“, ruft die Barfrau. „Hast du schon gezahlt?“ – „Gezahlt? Ach was!“lallt der Besoffene und lässt sich auf einen Barhocker fallen, um sein Portemonnaie rauszukramen. Auch die zweite Barfrau stellt sich mir jetzt mit Namen vor. Sie heißt „Anette“ und gibt mir sogar die Hand zur Begrüßung. Gleich darauf vergesse ich ihren Namen. Wie hieß sie gleich? „Anne“, Adelheid“, „Alma“? Seis drum, ich gehe eh gleich wieder nach Hause. Ich überlege, ob ich noch irgendwem „tschüß“ sagen soll, einer der beiden Kellnerinnen vielleicht, der heißen Braut neben mir, oder dem Besoffen, der immer noch auf seinem Barhocker sitzt und die Augenbrauen für mich hebt. Ich weiß nicht so recht, ich glaube ich gehe lieber unbemerkt. An der Tür steht ein Schild „Keine Bedienung für Rassisten“. Ich fühle mich irgendwie beleidigt. Soll jetzt die ganze Freundlichkeit wieder aufgehoben werden, die man mir entgegengebracht hat? Wenn die wüssten wie ich so denke. Rassisten sind Menschen, die insgeheim auf Menschen anderer Nationen voll abfahren und das finden Antirassisten irritierend, denke ich. Völlig hackedicht vom Safttrinken stoße ich auf die Straße. Es regnet immer noch. Meine Bekannte wird bestimmt böse sein, wenn sie meine Nachricht liest. Der Bus kommt nicht, also laufe ich. Da komme ich an einem türkischen Imbiss vorbei. Ich beschließe mir einen Dürüm zu kaufen um den Zwist zwischen mir und anderen Nationen zu vergessen. Ich versuche aber nicht all zu sehr auf den Verkäufer ab zu fahren, eine Herausforderung.


Anmerkung von HarryStraight:

Diese Kurzgeschichte spiegelt nicht die Ansichten des Autors wieder.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (12.12.15)
Auf die Gefahr hin, hier nur eine ewig alte Schallplatte abspielen zu müssen, um mal beim Bild zu bleiben:
Eigentlich nicht schlecht, doch auch dieser Text ist schlampig hingerotzt und hat weder eine Rechtschreibprüfung gesehen, noch hat sich den Text jemand nach dem Niederschreiben nochmals angesehen*. Schade! Lieber Harry, wieso sind wir Leser in Deinen Augen nichts und nichtig?


*die auffälligsten Indizien dafür: "Oragensaft" und "Mann was sind denn das für alte Säcke"

 HarryStraight meinte dazu am 12.12.15:
Hm, also dass du ihn nicht schlecht findest ist ja schon mal gut. Schlampig hingerotzt nehme ich jetzt mal als Kompliment. Dass die Leser mir egal sind kann ich so nicht sagen. Für Rechtschreibfehler (und für deren korrekturen) bin ich natürlich immer OFEN.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 12.12.15:
Ich verstehe nicht, wieso wir Leser das machen sollen, was eigentlich zum grundlegensten Handwerkszeug des Autors gehört. Oder willst Du damit sagen, die siehst "Portmone" ohne fremde Hilfe nicht???

 HarryStraight schrieb daraufhin am 14.12.15:
Jetzt schimpft nicht so rum, alles zu seiner Zeit, alter Mann ist kein D-Zug.
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