Kind mit Gardine

Beschreibung zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  blauefrau

Am Fenster der Junge. Er stützt mit der rechten Hand seinen Kopf ab. Links wird  eine Gardine zur Seite gehalten.  Auf der Gardine sind große Blumen zu sehen, vielleicht Sonnenblumen, darüber und darunter Borten mit sechs- bis achteckigen Formen, darin stilisierte fünfblättrige Blüten. Hinter der Gardine hängt oberhalb eine zusammengeraffte Übergardine. Ein abblätternder Fensterrahmen fasst Gardine und Kind ein. Das Bild könnte aus den 60/70 er Jahren sein, vom Muster der Gardinen her vielleicht noch älter, eigentlich zeitlos.

Ohne Gardinen keine Ordnung, ohne Ordnung kein richtiges Leben, und ohne die Gardinen könnten auch die Nachbarn etwas denken.

Was ist ein Leben ohne Gardinen? Ein nacktes Leben, ein offenes Leben, befremdlich für die hinter den Gardinen Hervorlugenden, die sich verstecken, ihr Leben verstecken, einkästeln, um gelegentlich durch die Zwischenräume zu schauen, um vom Nachbarn, von den anderen etwas zu erheischen. Vielleicht ob er neue Gardinen hat, neue Übergardinen, wie er sie zur Seite rafft, ob dahinter die Schrankwand zu erkennen ist, das Sofa, der neue Fernseher, die neue Ehefrau?
Also, der Junge könnte gerade vom Schlafen kommen mit gefleckten, vielleicht roten Wangen. Etwas skeptisch schaut er. Unter dem Elend der lastenden Gardine schaut das Kind durch sein gläsernes Dreieck, es plant wohl länger zu schauen, und vielleicht sieht es den Schneemann, der weg schmilzt, die anderen Kinder, die Roller fahren dürfen, den Vogel, der über die Zaunbalken hüpft und im Vogelhäuschen landet. Es sieht, was möglich ist.

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(29.01.16)
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 niemand meinte dazu am 29.01.16:
"Freiere, ohne Gardinen". Ich frage mich grade was da mit
"freier" gemeint ist. Frei reingucken ins Intimleben des Wohnungsbesitzers? Ist solcher ein Exhibitionist? Gefällt es ihm vielleicht, oder kann er nur glücklich leben, wenn andere ihn von morgens bis hin in die Nacht im Visier haben? Und das bei Menschen, welche ein Riesentrara machen, wenn es um paar Daten geht, wohlgemerkt Daten. Das ist wie im Internet:
Hose runter, bei offenem Fenster, aber wenn irgendein Amt das Geburtsdatum wissen möchte, dann Zeter & Mordio schreien und sich auf die Freiheit berufen Intimes nicht frei zugänglich zu machen. Schizophrenie der Bundesrepublikaner.
Mit höchst amüsierten Grüßen, Irene

 blauefrau antwortete darauf am 31.01.16:
Was gehen einen die Nachbarn an?

 blauefrau schrieb daraufhin am 31.01.16:
Links wird die Gardine zur Seite gehalten .. hatte ich zuerst. Ist das nicht zu passiv?
GGesang (62)
(29.01.16)
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 blauefrau äußerte darauf am 03.02.16:
Hat mich gefreut!

 AZU20 (30.01.16)
Über Uwes Aussagen kann man nachdenken, im Übrigen aber ein intensiver Text. LG

 Dieter_Rotmund (28.01.20)
Etwas arg sachlich-distanziert formuliert, aber der Text hat durchaus Potential, der sich einem erst langsam erschließt, finde ich.
Mit den Gardinen gibt es in Deutschland so eine Art Nord-Süd-Gefälle. In Süddeutschland ist es fast ein Must, im NRW ein No-go, wie man heute sagen würde.
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