Gottes Mühlen

Glosse zum Thema Angst

von  loslosch

Sero molent deorum molae, molent autem tenuiter (nach H. Walther, Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters). Spät am Abend mahlen Gottes Mühlen, aber sie mahlen gründlich. Oder: Gottes Mühlen mahlen langsam, aber trefflich fein.

Oft gehörter Spruch in Kindertagen, trotz aller Hitlerei, die noch in frischester Erinnerung aller war. Furcht gebietend, Angst einflößend. Gott, der Allmächtige wird´s richten, zurechtrücken oder verurteilen. Auch auf den erwachsenen Menschen verfehlt der Sinnspruch nicht seine Wirkung. Da mag einer was Gravierendes verbrochen haben und läuft noch immer frei und unentdeckt herum. Selbst für den nicht völlig abgebrühten Täter hat der naive Spruch etwas Beklemmendes, Beunruhigendes: Nein, sie sind mir noch nicht auf der Spur. Morgen? Übermorgen? Ja, diese Mühlen mahlen langsam. Oh, diese offene Flanke der Zukunft, ein Rest von quälender Ungewissheit.

Für den Agnostiker ein perfider Spruch. Motto: Gott mischt sich in die irdischen Geschäfte ein. Wie, du hast es noch nicht bemerkt? Es dauert etwas. Diesmal mahlt er besonders langsam - und extra fein.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (18.04.16)
Den aus dem Mittelalter überlieferten religiösen Sentenzen ist fast allen gemeinsam, die Christen in der Furcht des Herrn zu halten.
Auch ich gestehe, dass dieser Spruch auf mich als Agnostiker perfide wirkt.
Festil (59) meinte dazu am 18.04.16:
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 loslosch antwortete darauf am 18.04.16:
in der furcht des herrn halten. das trifft es. "wie du säst, so erntest du", das funktioniert nach dem muster "wie du rufest in den wald ..." zu sol ommnia aperit (ähnlich: veritatem dies aperit) hab ich kürzlich etwas unter dem titel veröffentlicht: die sonne bringt’s an den tag.

 niemand schrieb daraufhin am 18.04.16:
@ Loslosch
letztlich kann man froh sein, dass der Mensch, egal welcher Sorte, entweder an diesen Spruch glaubt, oder wenigstens es für möglich, oder nicht gänzlich ausgeschlossen, hält dass da vielleicht etwas ist ... Denn gäbe es diese Befürchtung nicht, diese Welt sähe noch schlimmer aus und Mord & Totschlag wären verbreiteter denn je. Die gesetzliche Strafe kann man entweder abzahlen, oder absitzen mit der Aussicht auf ihr Ende, das andere
von dem keiner was wirklich weiß [Vermutungen in beide Seiten]
könnte unabzahl- und unabsitzbar sein. Wer in der Tat glaubt, dass ohne einer solchen Angst, die Menschen noch vorwiegend zum Guten [oder mehr und minder zum Unterlassen des Schlechten] tendieren könnten, der ist für mich ein unverbesserlicher Liebhaber seiner blauen Äugelein.
LG Irene

 loslosch äußerte darauf am 18.04.16:
... sonst sähe die welt noch schlimmer aus.

das dachte ich mal. jetzt nicht mehr. schau dich weltweit um. sie hauen sich die köppe ein im kampf um den wahren gott.

wenn der papst jetzt 3 islamische syrerfamilien aufnimmt, ist das eine abkehr von dieser denke. zu ende gedacht, müsste er den vatikan eindampfen samt aller übrigen religionen.

 niemand ergänzte dazu am 18.04.16:
@ Lo
ich habe hier den Einzelnen gemeint und nicht die religiösen Vereine. Die schlagen/schlugen sich immer die Köpfe ein.
Der Einzelne [und aus diesen Individuuen besteht nunmal der gesellschaftliche Weltkörper] könnte Schiss haben, weil er nicht weiß [und hier kann er sich so viel einreden wie er möchte, dass es nix gibt etc.] er kann weder mit Bestimmtheit sagen dass, oder dass nicht. Wenn diese Angst flach fiele, dann gnade den meisten vor ihren Nachbarn. Die würden sich alle schon an der Haustür mit Stumpf und Stiel ausrotten. Alles andere zu glauben fällt nach wie vor in das Resort Blauäugkeit.

 loslosch meinte dazu am 18.04.16:
auch auf einzelebene bin ich skeptisch. mein seliger onkel alois, von dem ich noch weitere texte gespeichert halte, war nicht nur ein verbaler raufbold. der legte sich den persönlichen gott zu jeder passenden situation zurecht.

als 16-jähriger erlebte ich ihn in der autobahn-kirche. umringt von drei christinnen, 2 schwestern, eine schwägerin, war er nicht bereit, in der ohnehin verkürzten messe bis zu der stelle zu verweilen, wo er vorher eingetroffen war. das signalwort "gehet hin in frieden!" war für ihn grund genug, sich zu verdrücken. auf proteste reagierte er im wäller platt: "spillt jo ka roll’" hier war ich mit onkel alois ausnahmsweise einer meinung.
swetlana (51)
(18.04.16)
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 loslosch meinte dazu am 18.04.16:
die gläubigen legen sich halt ihren gott zurecht. lo
swetlana (51) meinte dazu am 18.04.16:
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 niemand meinte dazu am 18.04.16:
Ach, du liest zu viel, geh mal nach draußen, alles in der Natur erblüht von Gottesenergie der Liebe, obwohl keine Pflanze, kein Tier Philosophie je gelesen haben. :)

... ich ergänze: Und einer frisst den anderen ...
und alles aus Liebe ...

 Dieter Wal meinte dazu am 19.04.16:
@ lo: https://de.wiktionary.org/wiki/apophatisch (Die Beispiele inhaltlich) "die gläubigen legen sich halt ihren gott zurecht." Ja. Mystiker landen auf dem apophatischen Weg, da keine Zurechtlegungen mehr möglich sind.

 loslosch meinte dazu am 19.04.16:
wittgenstein in seinem traktat: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen."
swetlana (51) meinte dazu am 19.04.16:
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Graeculus (69)
(18.04.16)
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 loslosch meinte dazu am 18.04.16:
das grässliche gefühl hatten wir wohl beide einmal. ichthys!

 hier.

dann nach unten scrollen. russells teekanne ist spitze.

 Dieter Wal (19.04.16)
"Gott mischt sich in die irdischen Geschäfte ein. Wie, du hast es noch nicht bemerkt? Es dauert etwas. Diesmal mahlt er besonders langsam" Ist Gott überhaupt, dann völlig anders als ihn/sie/es sich Menschen jemals vorstellten.

 loslosch meinte dazu am 19.04.16:
diesem argument stehe ich hilflos vis-a-vis.
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