dein Portrait

Elegie zum Thema Nähe

von  Augustus

Ich träume von dir in dieser Stunde,
nach dem Tagesende.
Mein Blick schweift über dein Portrait
verfängt sich an dir;
der Mond wandert fort,
von draußen schaut mich die stille Nacht
durch das Fenster, wie du mich schaust
mit deinen Augen durch das Bild an,
die denen der Rußäulen gleichen.   
Ich fühle dich unergreifbar nah
und träume im Angesicht der Wahrheit;
es träumte schon am Hadrianswall
(auch) von Rom der Barbar.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (15.10.16)
Porträt ist die deutsche schreibweise.

ich korrigiere mal in einer pn die interpunktion.

ps: "die zu mir hinüber ständig schauen, .." das ausgangswort heißt "hinüberschauen". also richtiger: die ständig zu mir hinüberschauen, ..."

 EkkehartMittelberg (15.10.16)
Ich kann das tertium comparationis zwischen den Träumen von einem Menschen und denen des Barbaren von Rom nicht finden. Kannst du mir helfen?
LG
Ekki
Graeculus (69) meinte dazu am 15.10.16:
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 Augustus antwortete darauf am 16.10.16:
Lieber Ekki,

das ist eine sehr gute Frage, die ich dir gerne beantworte. Ich möchte etwas ausführlicher darauf eingehen.
Zunächst möchte ich verdeutlichen, dass die zwei Begriffe „Rom“ und „Hadrianswall“ neben dem „Barbaren“ die „Quintessenz“ bilden und selbstverständlich symbolisch verstanden werden sollten.
Mit den Augen der Moderne betrachtet, lässt sich leicht eine Antwort darauf finden. In erster Linie würde der Leser den „Hadrianswall“ sicherlich als eine Mauer oder eine Abgrenzung interpretieren, was auf den ersten Blick vll gar nicht verkehrt wäre, er würde dennoch das „Verborgene“ nicht verstehen können. Im engen und richtigen Sinne drückt „der Barbar am Hadrianswall “ das lyrische Ich vorm Computer respektive vor dem Bildschirm aus.
Rom war in der Antike das Herz der Welt, der Knotenpunkt des Römischen Reiches, dem Barbaren fremd und doch geläufig als das Zentrum der römischen Macht. Er träumt von Rom, von der ewigen Stadt, und welcher Barbar hat nicht von der Eroberung Roms geträumt?
Mein lyrische ich, das, wie wir jetzt wissen vor dem Bildschirm sitzt und ein Porträt einer Frau betrachtet, entwickelt das Gefühl der Sehnsucht und – nicht zu unterschätzen – auch den Wunsch der Eroberung. Rom erwächst aus der Sehnsucht des Barbaren, die Frau auf dem Porträt aus der Sehnsucht des lyrischen Ichs. Beide Sehnsüchte sprudeln aus der ein- und derselben Quelle. Für den Barbaren ist die Eroberung Roms der größte Triumph, für das lyrische Ich, die Eroberung der Frau auf dem Porträt. Es sei anzumerken, dass auf der einen Schiene die Sehnsucht eine Rolle spielt, auf der anderen Schiene wird dem aufmerksamen Leser nicht entgangen sein, dass die Erfüllung der Sehnsucht respektive der Eroberung eigentlich unmöglich ist. Ebenso hier finden wir das Bild des Barbaren am Hadrianswall, der – wie wir aus der Geschichte Roms wissen – zu Hadrians Herrscherzeiten den Hadrianswall nicht erstürmen konnte, bzw. sich im Kampf geschlagen geben musste und vorm „Hadrianswall“ weiter sein Leben fristen musste. Dem lyrischen Ich wird wohl demzufolge auch ein Sieg versagt sein. Er darf aber träumen.

PS: Graeculus Vorschlag, den heiligen Gral einzuschalten würde zwar den Punkt 2 erfüllen, jedoch nicht den Punkt 1.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 16.10.16:
Danke für deine Mühe, Augustus. Ich kann deiner Erläuterung folgen.

 Tatzen äußerte darauf am 01.03.17:
Ich halte den Traum von Rom für ein starkes Bild, und rate dir, das beizubehalten! In deiner formal gut gelungenen Elegie bietet es einen eleganten Höhepunkt am Schluss, auf das sich das Gedicht hinbewegt.
Interessant auch, dass das Lyrische Ich sich ein Portrait anschaut und nicht die Angebetete selbst. Ein Zeichen für die Entfremdung und die daraus erwachsende Distanz?
Gruß Tatzen
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