von mohnblut trieft die muttererde

Sonett zum Thema Trauer/Traurigkeit

von  monalisa

und wind seufzt durch die sommerlinden
wenn finger sich in finger winden
in einer schlichten trostgebärde

nach wärme suchen – nähe finden
an diesen überglasten tagen
da wir nicht fähig sind zu klagen
uns nur in trauer stumm verbinden

das mohnfeld hinterm friedhof blutet
im jahr zuvor fand ich sein rot
noch lustvoll heiter sinnlich schön

das schicksal traf uns unvermutet:
ein lieber mensch ist tot
und durch die linden streicht der föhn

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(06.11.16)
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 monalisa meinte dazu am 07.11.16:
Danke, Uwe :)!
Liebe Grüße
mona
Gerhard-W. (78)
(06.11.16)
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Iktomi (74) antwortete darauf am 06.11.16:
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 monalisa schrieb daraufhin am 07.11.16:
Freute mich , Gerhard und Iktomi, wenn euch das Bild des Windes, der sich zum Föhn wandelt, als Rahmen gefällt.
Dankeschön und liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg (06.11.16)
Liebe Mona, Gottfried Benn hat davor gewarnt, zu viele Adjektive in Gedichten zu verwenden. Dein Sonett zeigt, dass solche Regeln, auch wenn der Klügste sie aufstellt, in der Praxis der Poesie nur begrenzt gültig sind, denn die Reihung von Adjektiven in III, 3 zur Faszination des Mohns ist nötig, damit die Umwertung zum Mohnblut als Symbol der Traurigkeit gelingen kann.
Auch die anderen Metaphern in diesem Sonett verbinden sich zu einer gelungenen Komposition der Traurigkeit. Die Linde, spätestens seit Müllers „Am Brunnen vor dem Tore“ ein Symbol für Geborgenheit und Heilung, wird durch den seufzenden Wind zum Zeichen der Trauer. Das Glas, sonst eine Chiffre für Schutz (Gewächshaus), bedeckt hier das bedrückende Gefühl der Unfähigkeit zur Klage, und der Föhn, der durch die Linden streicht, zeigt, dass die bedrückende Trauer sich noch nicht gelöst hat.
Dein Sonett hat entgegen der Tradition drei Terzette. Das Terzett in der ersten Strophe statt eines Quartetts wirkt überhaupt nicht störend. Erlaubt ist, was gefällt.
Liebe Grüße
Ekki

 Irma äußerte darauf am 06.11.16:
Lieber Ekki, das ist ein sehr schöner und aufschlussreicher Kommentar! Nur bezüglich der ersten Strophe möchte ich dir widersprechen. Ich sehe sie schon als (zerrissenes) Quartett, in das der Titel blutrot hineinfließt. LG Irma

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 06.11.16:
Ja, Irma, inhaltlich gesehen kann man die erste Strophe als zerrissenes Quartett bezeichen, von der Form her habe ich drei Verse vor Augen.

 Irma meinte dazu am 06.11.16:
Die Verse mit den Reimen Muttererde - Trostgebärde und in der zweiten Strophe finden - verbinden umarmen sich wie die trauernden Menschen, Ekki. Auch wenn V1 (der Titel) etwas abgeschieden steht.
(Antwort korrigiert am 06.11.2016)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.11.16:
Nach nochmaligem Hinsehen stimme ich dir zu, Irma.

 monalisa meinte dazu am 07.11.16:
Freut mich sehr, dass ihr das mit dem fehlenden Vers im ersten (also doch) Quartett gelöst habt. Es ist ja so eine Eigenheit von mir, Teile oder den ganzen ersten Vers einem Gedicht voranzustellen, den Titel ins Gedicht mit hineinzulesen - das führt dann mit den hier zwischengestellten Autor-Thema-Genre-Blabla leicht zu Irritationen. Ein Problem, das sich öfter ergibt. Naja letzten Endes hat es sich ja aufgelöst :).
Schön, wie du den Metaphern nachgespürt und sie gedeutet hast, lieber Ekki. Der Wind, der am Beginn ja durchaus auch Vorbote eines (Gewitter-)Sturmes sein könnte, wandelt sich zum Ende hin in einen Föhn ... (wie Irma weiter unten treffend feststellt).
Auch dass du Häufiung der Adjektive in diesem speziellen Fall gelten lässt, freut mich sehr.
Ein herzliches Dankeschön und liebe Grüße
mona
Iktomi (74)
(06.11.16)
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Graeculus (69) meinte dazu am 06.11.16:
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 Irma meinte dazu am 06.11.16:
Ja, absolut! LG Irma

 monalisa meinte dazu am 07.11.16:
Ja, Iktomi, das trieft wirklich gar arg. ich seh diesen titelgebenden Vers auch etwas zwiegespalten, aber irgendwie komm ich nicht drum rum. Würde der Text in diesem Tonfall weitergehen, wäre es in der Tat arg schwülstig und nicht auszuhalten. Zu dem verkürzten Vers haben Graeculus und Iram bereits gesagt, was ich nicht besser ausdrücken könnte. Ihn auf 5 Hebungen aufzupolstern, wäre nicht allzu schwer, würde es aber der Aussage des plötzlich hereinbrechenden und mitten aus dem Leben reißenden Todes einen Dienst erweisen?
Danke Iktomi und auch Graeculus, Irma für euer Statment.

Liebe Grüße
mona
Iktomi (74) meinte dazu am 07.11.16:
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 Irma (06.11.16)
Liebe Mona, ich habe den Eindruck, dass es hier aufgrund der Muttererde um den plötzlichen Tod der Mutter geht. Das Fehlen wird durch die fehlende Hebung im vorletzten Vers gut veranschaulicht.

Doch obwohl durch das Sonett eine tiefe Traurigkeit fließt, erscheint mir das Ende ein klein wenig hoffnungsfroh: Da ist es nicht mehr der Wind, der durch die Sommerlinden seufzt, sondern der warme Föhn, der zart durch sie streicht. Durch die Verbundenheit zu den anderen Menschen scheint doch etwas von der Wärme aufgekommen zu sein, die in Strophe 2 so sehr ersehnt wurde.

Berührend. LG Irma

 monalisa meinte dazu am 07.11.16:
Ach, Irma, du hasts mal wieder erfasst :). Ich fühle mich nicht durchschaut, aber auf wunderbare Weise verstanden.

Vielen Danke und liebe Grüße
mona
unfrankiert (52)
(06.11.16)
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 monalisa meinte dazu am 07.11.16:
Dankeschön für deinen empathischen Kommi, lieber unfrankiert, freut mich, wenn dus so lesen kannst.

Liebe Grüße
mona
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